Hertha BSC Berlin:Die alte Schule spielt

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Lucien Favre krempelt Berlin zu einer modernen Hertha um. Doch ausgerechnet ein Vertreter der alten Schule verleiht ihr das Gesicht: Pal Dardai - an dem früher sogar mal der FC Bayern Interesse hatte.

Claudio Catuogno

Wie lange ist die Geschichte schon her? Acht Jahre? Pal Dardai fragt sich derlei jetzt immer wieder, wenn er, ohne zu Sentimentalität zu neigen, auf die Wegmarken seiner Karriere zurückblickt. Die ihn immer wieder zum selben Ziel geführt haben: zu Hertha BSC. Ja, im Jahr 2000 muss es gewesen sein, da saß Dardais Frau in der Küche und hatte den Manager Uli Hoeneß am Apparat, der den ungarischen Mittelfeldspieler zum FC Bayern locken wollte. Dardai selbst saß im Wohnzimmer und telefonierte mit dem Manager Dieter Hoeneß, der ihn keinesfalls ziehen lassen wollte, weg aus Berlin. Es ging um Geld. Aber es ging auch um Perspektiven. Um Perspektiven ist es seitdem noch oft gegangen im Leben von Pal Dardai, 32.

Herthas Pal Dardai (vorne) gehört zu den wichtigtsten Spielern seines Klubs. (Foto: Foto: Getty)

Auch jetzt wieder. Nicht Cícero, nicht Gojko Kacar, nein: Pal Dardai ist derzeit die wohl interessanteste Personalie in der Startelf des Hertha-Trainers Lucien Favre. Weil sie auf den ersten Blick dort gar nicht hineinpasst.

Seine Erfolge in der Schweiz - zwei Meistertitel mit dem FC Zürich - hat Favre vor allem mit jungen, formbaren Spielern erzielt, die er sich selbst zusammengesucht hatte. Favre wird ein Faible für die brasilianische Leichtfüßigkeit nachgesagt. Bei Hertha BSC verantwortet er derzeit den größten personellen Umbruch der Vereinsgeschichte. Alles keine allzu erfreulichen Perspektiven für einen Übriggebliebenen wie Dardai, der schon 1997 von Vasas Budapest nach Berlin gewechselt war, als die Hertha noch in der zweiten Liga spielte, und der in Berlin nun zum Altbestand zählt. Aber dann lief es auch unter Favre wie immer: Eine Zeit lang dachte der Berliner Trainer, er könne auf Dardai verzichten. Nun weiß er: Er hat sich getäuscht.

Oft für zu leicht befunden

Schon Favres Vorgänger hatten den Ungarn immer mal wieder gewogen und für zu leicht befunden. Unter Falko Götz musste Dardai dem Kroaten Niko Kovac die Rolle als Abräumer im Mittelfeld überlassen, später Sofian Chahed, dann dem Brasilianer Mineiro. Letzteren ließ Favre ziehen, weil er ja Gojko Kacar, 21, für die Position des Sechsers verpflichtet hatte, einen fleißigen, talentierten Serben. Und Fabian Lustenberger, 20: einen Lockenschopf aus der Schweiz.

Zwischendurch zog Favre auch den Kroaten Josip Simunic ins Mittelfeld, "der den Job gut gemacht hat", wie Dardai zugibt, obwohl Simunic Innenverteidiger ist. Aber im Abwehrverbund herrschte ja Hochbetrieb bei der Hertha, dort wollte Favre dem Schweizer Steve von Bergen, 25, vertrauen. Und dem Brasilianer Kaká, 27. Aber dann nahm die Saison ihren Lauf, Spiel für Spiel hat Favre sein Personal nachgewogen - und vor allem Dardais Gewicht wurde nach oben korrigiert.

Geradlinig und konsequent

Jetzt ist Pal Dardai wieder die bestimmende Figur in der Hertha-Zentrale. Es ist nicht ohne Ironie, dass ein Vertreter der alten Schule nun Favres moderner Hertha das Gesicht gibt. Kein Zauberer, Schwurbler oder Dribbler - sondern ein Kämpfer. Pal Dardai personifiziert sozusagen die schlichte Art, mit der die Hertha gerade in Richtung Bundesligaspitze stürmt: ohne permanenten Trommelwirbel wie Leverkusen oder Hoffenheim. Sondern geradlinig und konsequent.

Gegen den VfL Bochum wird Dardai sein 252. Bundesligaspiel machen. In der Rangliste der Hertha-Spieler mit den meisten Einsätzen liegt er damit auf Rang vier. 29 Spiele fehlen ihm nur noch zum Klubrekord.

© SZ vom 22.11.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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