Harry Kane:Goldener Vierter

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Bis zum Anpfiff des Finales noch bester Torschütze dieser WM: Englands Kapitän Harry Kane. (Foto: Bruno Fahy/imago)

Der englische Angreifer bleibt in Russland den Beweis schuldig, in den wichtigen Partien treffen zu können - aber die Trophäe für den besten Torschützen ist ihm so gut wie sicher.

Von Sven Haist, Sankt Petersburg

Mit der Hand versuchte Harry Kane, die Auswechslung seines ärgsten Widersachers nach einer Stunde zu beschleunigen. Beim iranischen Schiedsrichter Alireza Faghani monierte der englische Angreifer an, dass ihm bei Romelu Lukaku das Verlassen des Spielfelds nicht schnell genug gehen konnte. In der Liste der besten Torschützen der Weltmeisterschaft lag Kane vor dem vorletzten Spiel des Turniers mit sechs Treffern auf dem ersten Platz, zwei Tore trennten ihn von Lukaku. Als der nun den Rasen verließ, war klar, dass Englands Kapitän ohne eigenes Zutun einen weiteren Konkurrenten abgeschüttelt hatte.

Lediglich die Franzosen Antoine Griezmann und Kylian Mbappé haben im Finale am Sonntag im Duell mit Kroatien noch eine realistische Chance, dem Torjäger der Three Lions den bereits sicher geglaubten goldenen Schuh als Auszeichnung wegzunehmen. Dafür müssten beide jedoch mindestens drei Tore erzielen, was in einem Endspiel bislang einzig dem englischen Angreifer Geoff Hurst vorbehalten war. Und so ganz nachgewiesen ist das auch nicht: Bei Hursts drittem Treffer im WM-Finale beim 4:2 nach Verlängerung über Deutschland im Wembley gibt es nach wie vor unterschiedliche Auffassungen, ob der Ball tatsächlich die Torlinie überquerte oder die Engländer bloß einem Wahrnehmungsfehler erlagen.

Nach Angreiferlegende Gary Linker würde Harry Kane, 24, als zweiter englischer Spieler bei einer Weltmeisterschaft der Coup gelingen, die meisten Tore erzielt zu haben. Zum Vorzeigen hätte er im Vergleich zu den anderen 735 Turnierteilnehmern zum Auftakt gegen Tunesien zwei Tore, drei weitere Treffer im zweiten Vorrundenduell mit Panama und ein Tor über Kolumbien im Achtelfinale. Die Treffer resultierten in ihrer Entstehung aus drei Elfmetern, zwei Abprallern im Fünfmeterraum und einem Distanzschuss, den Kane im Strafraum zufällig erfolgreich ablenkte.

Ob Kane auch in der Lage ist, für sein Land ein entscheidendes Tor zu erzielen, kann allerdings auch nach dieser WM niemand mit Gewissheit sagen. In der entscheidenden Phase des Turniers ging ihm sein Torriecher verloren, in den zurückliegenden 303 Minuten tauchte er nicht mehr als Torschütze auf dem Spielberichtsbogen auf. Seinen Spitzenplatz kann er wohl trotzdem behaupten - indem er einfach sicherstellte, dass Lukaku rechtzeitig aus dem Spiel war. Doch so richtig glücklich schien er damit am Samstag nicht zu sein, jedenfalls gleich nach dem Schlusspfiff. "Das Spiel hat wieder gezeigt, dass wir noch viel Platz nach oben haben", sagte er. "Wir sind noch lange nicht am Ende, wir verbessern uns weiter und werden immer besser. Wir wollen nicht wieder 20 Jahre auf ein Halbfinale und große Matches warten."

© SZ vom 15.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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