Hannover 96:"Nach vorne geht null!"

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Hannover ist auch nach drei Spielen ohne Sieg. In Mainz gelingt nicht einmal ein Torerfolg. Nun soll Rückkehrer Kiyotake helfen.

Von Tobias Schächter, Mainz

Als die Mannschaften des FSV Mainz 05 und von Hannover 96 das Spielfeld betraten, bekamen die Zuschauer eine Ahnung davon, weshalb FSV-Trainer Martin Schmidt vor der Kopfballstärke des Gegners gewarnt hatte: Die meisten seiner Spieler wirkten kaum größer als die Einlaufjungen. Derweil überragten Hannovers Profis die Jugendlichen an ihren Händen um anderthalb Köpfe. Mindestens.

Doch spätestens nach einer halben Stunde Spielzeit war auch das Kopfballthema entschieden - zu Gunsten der Mainzer.

Stefan Bell, einer der wenigen Mainzer mit Gardemaß, übersprang nach einem Eckball den Hannoveraner Sane, und am langen Pfosten köpfelte der neue Mittelstürmer Yoshinori Muto den Ball über die Linie. Das war der zweite Treffer des Japaners, der schon in der 15. Minute die Führung erzielt hatte.

Nach vorne geht bei 96 "null"

Bis zur Halbzeit habe seine Mannschaft "nicht mehr stattgefunden und das Spiel in dieser Phase verloren", haderte Hannovers Trainer Michael Frontzeck später. Nach der Pause legte Mainz nur noch einen obendrauf, Yanus Malli (47.) traf zum 3:0 (2:0)-Endstand. Hannovers Verteidiger Marcelo hatte ihm den Ball mit einem absurden Fehlpass freundlich aufgelegt, Malli musste nur noch Torwart Zieler umkurven. Nun haben die 96er auch ihr drittes Spiel nicht gewonnen, zu Buche steht ein einziger Punktgewinn beim 2:2 im Auftaktspiel in Darmstadt. Dieter Schatzschneider, der sportliche Berater von Klubchef Martin Kind, hatte schon zur Halbzeit festgestellt: "Nach vorne geht bei uns null!"

In Hannover ist nach einem Jahr mit überzogenen Erwartungen und enervierendem Kampf um den Klassenerhalt bis zur letzten Sekunde nun eine Mannschaft am Start, die bislang wenig dafür getan hat, das Etikett "Abstiegskandidat" von der Brust zu ziehen. Es fehlt nach elf Weggängen und sieben Zugängen eine Hierarchie, der Abschied des langjährigen Kapitäns Lars Stindl zu Borussia Mönchengladbach hinterließ ein Vakuum. In Stindl ging der vielleicht letzte Hannoveraner Profi, der gehobenen Bundesligaansprüchen genügt. So leicht wie die Niedersachsen wird es den Mainzern jedenfalls so schnell keine Mannschaft mehr machen.

Frontzeck hält nichts von Aktionismus

Trainer Frontzeck fordert nach dem Fehlstart Geduld -, aber keine neuen Spieler. Ob das bei der Qualität dieses Kaders clever ist? Frontzeck glaubt, das Fundament der Mannschaft sei "seriös", er halte nichts davon, in Aktionismus zu verfallen - man könne auch im Winter noch auf dem Transfermarkt aktiv werden. In Hannover setzen sie zunächst große Hoffnung in die Rückkehr des Japaners Hiroshi Kiyotake. Seit Dienstag ist der Spielgestalter nach drei Monaten Pause (Mittelfußbruch) wieder im Mannschaftstraining. Aber ob Kiyotake diese verunsichert wirkende Elf sofort vitalisiert?

Wenn also spätestens im Winter der Kader neu justiert wird, ist Dirk Dufner nicht mehr im Amt. Der Sportdirektor erlebte in Mainz sein letztes Spiel. Angeblich hätten der Klub und der im vergangenen Jahr wegen seiner Transferpolitik in die Kritik geratene Dufner sich ja einvernehmlich getrennt. Aber dass ein Sportdirektor, der sich verabschiedet, noch am aktuellen Kader werkeln darf, gehört zu den Merkwürdigkeiten am Standort Hannover.

In Mainz erledigt Christian Heidel seit fast 25 Jahren das Management im Alleingang. Am Samstag bestätigte Heidel den Abgang von Jo-Hoo Park nach Dortmund (Ablöse: vier Millionen Euro). Als Ersatz für den Südkoreaner steht die Verpflichtung des Franzosen Gaetan Bussmann, 24, vom FC Metz vor dem Abschluss. Bussmann soll sehr kopfballstark sein. Gegen Hannover haben die Mainzer diese Qualität des potenziellen Zugangs trotz erheblicher Bedenken vor dem Anpfiff nicht vermisst. Der Gegner war zwar groß gewachsen. Aber sportlich viel zu klein.

© SZ vom 30.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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