Hamilton beim Qualifying in Monte Carlo:"Heute konnte mir keiner was"

Lesezeit: 2 min

Lewis Hamilton startet zum ersten Mal in seiner Karriere im Fürstentum von der Pole Position. Sein interner Widersacher Nico Rosberg wird Quali-Zweiter - und ist enttäuscht.

Von Elmar Brümmer, Monte Carlo

Der Himmel über der fürstlichen Rennstrecke von Monte Carlo nimmt rechtzeitig zum Start des wichtigsten Qualifikationstrainings im ganzen Formel-1-Jahr die Silberpfeilfarbe an. Die Wolkendecke, die manche als schick empfinden, ist für die anderen das Grauen. Die Außentemperaturen sinken unter 20 Grad, der Asphalt wird nicht warm und damit die Reifen nicht dauerhaft heiß. Außer bei Mercedes, wo man es ein bisschen kühler mag. Oder, um im Temperaturbild zu bleiben, auch ein wenig cooler als anderswo.

Als es drauf ankommt im letzten Umlauf der Top-Ten-Runde, verbessert Weltmeister Lewis Hamilton seine Bestzeit noch einmal, am Ende distanziert er seinen Teamrivalen Nico Rosberg um 0,342 Sekunden. Es ist die fünfte Pole-Position des Briten im sechsten Rennen, vor allem aber seine erste überhaupt im Stadtstaatverkehr. Hamilton versucht diese Symbolkraft des Samstag-Erfolges zu negieren ("Ich würde nicht von einem Meilenstein sprechen"), aber sein breites Grinsen und der Schabernack, den er während der anschließenden Interviewrunde mit dem Drittplatzierten Sebastian Vettel treibt, sprechen eine andere Sprache. "Es war nicht einfach, und deswegen macht es den Erfolg schon etwas besonders."

Dann fügt der WM-Tabellenführer in gewohntem Selbstbewusstsein an: "Heute konnte mir keiner was. Und ich kann gar nicht sagen, wie zufrieden ich bin. Es war nicht einfach. Denn hier kannst du leicht aus dem Rhythmus gebracht werden. Es ist wie beim Hochklettern auf einer Leiter, man kann immer zurückrutschen, und dann ist es nicht einfach, wieder hochzukommen. Aber ich hatte meinen Rhythmus bis zum Schluss."

Rosbergs Gesten der Enttäuschung

Am stärksten illustriert die perfekte Fahrt aber der Blick auf Nico Rosberg. Während Hamilton auch in seinen Worten jenen Rhythmus findet, den er auch auf der nicht mal dreieinhalb Kilometer langen Hafenrundfahrt vorgeführt hat, stützt der Wiesbadener die Ellbogen auf den Tisch, faltet die Hände auf Gesichtshöhe ineinander. Das darf als Ausdruck der Enttäuschung, der Nachdenklichkeit, vielleicht auch eines Restchens Hoffnung interpretiert werden.

Auch er spricht vom Rhythmus, den er ausgerechnet am vorentscheidenden Tag endlich gefunden hat, aber eben nur anfänglich. Eingeprägt haben sich bei den Zuschauern aber vielmehr die beiden Verbremser des WM-Zweiten in der Startkurve von Ste Devote. "Dumm gelaufen. Nachdem Lewis vorgelegt hatte, musste ich ans Limit gehen, und dabei bin ich ein bisschen drüber gegangen - das war's dann. Hier ist es besonders ernüchternd, Zweiter zu werden. Am Start habe ich noch eine Möglichkeit, ansonsten muss ich den Druck über das ganze Rennen aufrecht erhalten." Abgesehen von der zu erwartenden Prozession auf der überholunfreundlichen Strecke sind im Leitplankenkanal immer noch alle Unmöglichkeiten möglich. Mercedes-Teamchef Toto Wolff darf trotzdem schon siegessicher sein: "Die Pole ist die halbe Miete."

Vettel fehlt die Sonne

Sebastian Vettel mag seinen dritten Startplatz nicht überbewerten, angesichts der Wetterverhältnisse ahnte er früh, dass es mit dem großen Wurf nichts werden würde. Scuderia-Chef Maurizio Arrivabene blieb nur ein gemischtes Fazit: "Wir liegen hinter den Erwartungen zurück, aber Sebastian hat einen sehr, sehr guten Job gemacht. Darüber bin ich glücklich. Mit ein bisschen Sonne hätten die Reifen eine bessere Performance gehabt." Vormittags hatte Vettel noch die Trainingsbestzeit gefahren, mittags lag er dann 0,751 Sekunden auf den Tagesschnellsten Hamilton zurück: "Wir haben uns schwer getan, die Reifen auf Temperatur zu bringen, und es wurde hinten raus immer schwieriger. Die Lücke war einfach zu groß, um wirklich zu sagen, dass wir die heute hätten schließen können." Überraschend war der vierte Platz seines ehemaligen Red-Bull-Kollegen Daniel Ricciardo. Der niederländische Monaco-Debütant Max Verstappen (17) belegte den zehnten Platz.

© SZ vom 24.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: