Hamburg - Hertha (17.30 Uhr):Fragiler Stützpfeiler

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Immer gebraucht, oft verletzt: Kyriakos Papadopoulos. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Kyriakos Papadopoulos gilt beim HSV als Hoffnungsträger. Seine guten Leistungen könnten ihn jedoch teuer machen.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Eine Profi-Fußballmannschaft ist ja heutzutage eine multinationale Angelegenheit. Und doch ragt der Grieche Kyriakos Papadopoulos, 25, aus dem Team des Hamburger SV, in dem Spieler aus elf Ländern tätig sind, heraus. Nicht nur, weil er sich vor einem Spiel noch heftiger bekreuzigt als viele andere südländische Kollegen oder weil er die Fans immer wieder zu noch lauterer Unterstützung auffordert. Nach dem mit 1:2 verlorenen DFB-Pokalspiel am Mittwoch gegen Borussia Mönchengladbach hat er sich in die Mitte des Mannschaftskreises gestellt, seine Wut über die Niederlage herausgeschrien und dann seine Mitspieler angestachelt: Wenn die Borussia am 12. März als Bundesliga-Gegner wieder ins Volksparkstadion komme, dann packen wir sie. Dieses Detail aus dem Team-Innenleben hat HSV-Kapitän Gotoku Sakai verraten.

Auch in der Heimpartie am Sonntag gegen Hertha BSC (17.30 Uhr) ist Papadopoulos wieder der Hoffnungsträger - zumal sein Abwehr-Nebenmann Mergim Mavraj mit einem Sehnenanriss am Kniegelenk vier Wochen ausfällt und wohl vom Talent Gideon Jung ersetzt wird. Den griechischen Profi nennt die heimische Presse ein "Mentalitäts-Monster", weil er sich in seine Aufgabe so hinein beißt wie ein Hund in einen Pantoffel. Genau deshalb hatte Trainer Markus Gisdol, der Papadopoulos in der Saison 2011/2012 als Assistent bei Schalke 04 kennenlernte, unbedingt haben wollen. In einer Risiko-Nutzen-Analyse hat man die Gefahr abgewogen, ob der von Bayer Leverkusen an RB Leipzig ausgeliehene Abwehrspieler wirklich gesund genug ist, um dem mal wieder in Abstiegsgefahr befindlichen HSV zu helfen.

Das Urteil war: Ja, obwohl der kampfkräftige "Papa" schon 850 Tage ausgefallen ist, seit er 2010 als 18-Jähriger nach Deutschland zu Schalke 04 kam. Es gibt kaum ein Körperteil, der nicht schon verletzt war. In der langen Krankenliste sind sie alle aufgezählt: Knie, Sehnen, Kapseln, Kopf, Muskeln, Schultern, Hand, Bänder, Adduktoren. Die Knie und Schultern sind bei Papadopoulos offenbar besonders gefährdet. Beim 0:8, vergangene Woche beim FC Bayern, war er nicht dabei, weil eine Muskelzerrung an der Schulter seinen Einsatz verhinderte. Sonst, so die These der Papa-Fans, hätte es vermutlich kein 0:8 gegeben. Aber der Stützpfeiler des HSV ist eben zerbrechlich wie feines Porzellan.

In Hamburg werden Papadopoulos` Qualitäten anerkannt

Trotzdem würden die Hamburger Papadopoulos am liebsten länger behalten. Denn nicht nur Gisdol sondern auch Sportchef Jens Todt sieht in ihm den Profi, der der Mannschaft ein ganz anderes Gesicht gibt. "Papa wirkt vom ersten Tag an so, als würde er schon lange hier sein", findet Todt. Es tue den Kollegen sehr gut, dass er "total emotional" sei. Mehrere Mitspieler, von Keeper René Adler bis zu Sakai, haben ihn schon als "positiv Verrückten" bezeichnet. Er selbst fühlt sich schon deshalb wohl, weil seine Qualitäten in Hamburg mehr anerkannt werden als in Leverkusen oder Leipzig.

Das Problem von Todt ist nur: Derzeit gibt noch keine Gewissheit, ob der HSV die Klasse hält - das macht Verhandlungen fast unmöglich. Und wenn Papadopoulos weiter so gut spielt, dann würde sein eigentlicher Arbeitgeber Bayer Leverkusen, bei dem er noch einen Vertag bis 2020 besitzt, eine Ablöse verlangen. Die könnte der HSV nur stemmen, wenn Investor und Mäzen Klaus-Michael Kühne mal wieder einspringt.

Ausgeschlossen ist das natürlich nicht. Papadopoulos geht mit großer Leidenschaft voran und hat - obwohl in erster Linie für die Defensive zuständig - schon zwei wichtige Tore erzielt. Fast so wie einst Uwe Seeler per Kopf, und das auch noch gegen seine alten Klubs Leverkusen und Leipzig. Danach hat er vor der Bank des Gegners gefeiert, als habe er gerade einen Titel gewonnen. "Ich bin jetzt hier und gebe alles für den HSV", sagt Papadopoulos: "Ich kann nicht leise sein und Schauspielerei machen. Ich bin einfach nicht so."

© SZ vom 05.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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