Man kann nicht sagen, dass Thomas Tuchel die sechs Jahre seines Lebens, die er in Mainz verbracht hat, sinnvoll genutzt hätte. Man kennt das ja: Da lebt man tagein, tagaus in einer Stadt voller Möglichkeiten, aber erst, wenn man sie wieder verlassen hat, bemerkt man, in welchem Theater man nie war und welches Restaurant man immer mal ausprobieren wollte. Tuchel ist das am Freitagabend schlagartig bewusst geworden: was er in Mainz alles nie gemacht hatte. Er war nie mit dem Bus in die Stadion-Tiefgarage gefahren! Er hatte nie auf der rechten Trainerbank Platz genommen! Er war nie links neben dem Pressesprecher gesessen! Das alles wiegt natürlich besonders schwer, weil es sich um lauter Versäumnisse in seinem unmittelbaren Arbeitsumfeld handelt. Ein Mal, ein einziges Mal den Mannschaftsbus nehmen und in die Stadion-Tiefgarage fahren - das hätte doch möglich sein müssen, in sechs Jahren! Kein Wunder also, dass sich die Dinge nun, da Tuchel als BVB-Trainer nach Mainz zurückkehrte und alles auf einmal nachzuholen versuchte, "eine ganze Weile spiegelverkehrt" angefühlt haben.
Die Frage ist, wann Tuchel das aufgefallen ist. Schon am Donnerstag, als er an dem Schild mit der Aufschrift "zniaM ni nemmoklliW" vorbeifuhr? Oder am Abend darauf, als er in der Gästekabine den Zettel mit dem nalphctaM nicht mehr lesen konnte? In jedem Fall darf man davon ausgehen, dass Tuchel nun in Dortmund schnell ein paar Dinge erledigen wird: Er wird sich schon mal probehalber von der "Süd" auspfeifen lassen und Hans-Joachim Watzke sagen, dass dessen Zigarillos stinken. Erledigt ist erledigt. Nicht, dass ihm wieder alles spiegelverkehrt vorkommt, wenn er dereinst - etwa als Trainer des FC Liverpool - nach Dortmund zurückkehrt und sich irritiert fragt: Wer zum Teufel ist nayratihkM hkirneH?