Hängende Spitze:Sehnsucht nach Hannibal

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Foto: Phil Noble/Reuters (Foto: Phil Noble)

Diego Costa vom FC Chelsea geht im FA-Cup Evertons Gareth Barry an den Kragen. Die Szene erinnert an so manch schlechten Film.

Von Benedikt Warmbrunn

Über den Filmgeschmack von Guus Hiddink war bisher nicht viel bekannt, wahrscheinlich hat das der Fußballwelt nicht geschadet. Am Wochenende hat der niederländische Trainer nun erstmals einen Film empfohlen, "Die Wutprobe", eine sogenannte Komödie, in der Adam Sandler und Jack Nicholson spätpubertäre Witze machen. Unwesentlich zusammengefasst geht es darum, dass Dr. Buddy Rydell (Nicholson) Dave Buznik (Sandler) helfen soll, die eigene Wut besser zu kontrollieren, ansonsten zeichnet sich die Handlung vor allem dadurch aus, dass sie am Ende eine Wendung hat, die so unnötig ist, dass sie an dieser Stelle besser nicht verraten werden soll. Der Film wäre auch noch lange vergessen geblieben, hätte ihn nicht Hiddink nun Diego Costa empfohlen.

Costa hatte am Samstag beim Aus des FC Chelsea im FA-Cup gegen Everton seinen Gegenspieler Gareth Barry in den Hals gebissen , zumindest andeutungsweise. Es folgte der Platzverweis und Hiddinks Filmtipp, der eine vertane Chance war, mit den rohen Zuständen im Fußball auf eine geistreiche Art umzugehen.

1999 zum Beispiel hatte Oliver Kahn am Hals von Heiko Herrlich geknabbert, danach diente er Harald Schmidt als Einspieler in dessen Late-Night-Show, damals ein großes Kompliment im deutschen Fernsehen. Der Meister der Beißer jedoch ist Luis Suárez, er biss zuletzt bei der WM 2014, damals in die Schulter seines Gegenspielers Giorgio Chiellini. Die Feuilletonisten der sozialen Netzwerke erinnerte das an große Filmfiguren wie Hannibal Lecter oder den weißen Hai, an Sandler und Nicholson dachte keiner. Stattdessen machte Uruguays Staatspräsident José Mujica aus der monatelangen Strafe für Suárez ein Politikum ("einer der dunkelsten Momente in der Geschichte des Weltfußballs"), der Stürmer selbst verfasste eine schriftliche Erklärung, die eigentlich eher eine Dichtkunst war: "Die Wahrheit ist, dass mein Kollege Chiellini bei seiner Kollision mit mir das physische Ergebnis eines Bisses erlitten hat."

Costa hätte also gewarnt sein müssen. Die Zeiten für Beißer im Fußball, sie werden niemals wieder so ruhmreich wie im Sommer 2014.

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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