Hängende Spitze:Kleiner Scherz

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Echt närrisch: Philipp Lahm (rechts) erhält den Karl-Valentin-Orden. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Philipp Lahm bekommt den Karl-Valentin-Orden - für einen guten Witz. Am Residenztheater werden allerdings Witze auf seine Kosten gemacht.

Von Claudio Catuogno

Für das Stück "Philipp Lahm", das auch im Februar noch am Münchner Residenztheater aufgeführt wird, hat der Autor Michael Decar 72 Szenen über Philipp Lahm geschrieben. Zum Beispiel diese: "Philipp Lahm isst bei Karstadt zu Mittag. Ihm schmeckt es einwandfrei, und nach einem Kaffee beschließt er - jetzt, wo er schon mal da ist - auch noch eine kleine Mehrfachsteckdose mitzunehmen. Ist doch eine gute Idee." Oder diese: "Philipp Lahm fährt mit einem mattgrauen Audi A8 über die A8 nach Stuttgart. Er fährt nicht zu schnell, nicht zu langsam, gerade angemessen, moderat. Von Brausen kann also keine Rede sein." Oder diese: "Nun folgt eine Szene, in der Philipp Lahm eine Lufthansa-Maschine entführt. Kleiner Scherz. Es folgt eine Szene, in der Philipp Lahm zu Hause ist und ein Dinosaurier-Puzzle beendet."

"Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative und eine komische", wusste schon Karl Valentin (1882-1948). Die komische Seite an dem Theaterstück ist, dass Lahm darin nicht vorkommt, jedenfalls nicht auf dem Platz, als Tripleweltmeisterkapitän. Allenfalls als Chiffre: für den Lahm in uns allen, für die spießig-polierte Oberfläche des deutschen Alltags zwischen Tagesschau und Granatapfel-Spülmittel.

Das ist grandios, aber auch gemein, und deshalb ist es jetzt die positive der drei Seiten des Themas Lahm & Humor, dass der im Ruhestand befindliche Fußballer von der Münchner Faschingsgesellschaft Narrhalla den Karl-Valentin-Orden bekommen hat, für die "humorvollste bzw. hintergründigste Bemerkung" im Sinne des Münchner Komikers. Offiziell für sein Zitat "Die meiste Luft hat der Ball", geäußert bei einem Länderspiel 2009 in der Schwüle der Vereinigten Arabischen Emirate - in Wahrheit wohl eher, weil sich die Narren von Lahm etwas Glanz für ihre Gala erhofften. Mehr Sottisen als der Spruch von 2009 sind von Lahm jedenfalls kaum erinnerlich.

Indes wusste schon der große Valentin, dass es das Milieu ist, das unser Auftreten prägt. Authentisch, gar witzig sein im glattgebügelten Fußballgeschäft? "Mögen hätt' ich schon wollen, aber dürfen hab' ich mich nicht getraut."

© SZ vom 15.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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