Hängende Spitze:Gefahrenquelle Medizincheck

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Während beim griechischen Helden Achilles die Ferse die Schwachstelle war, ist es in Schalke die ärztliche Untersuchung.

Von Philipp Selldorf

Wie am Wochenende bekannt wurde, ist es um die Gesundheit von Kevin-Prince Boateng noch schlimmer bestellt, als bisher angenommen wurde. Arabischen Quellen zufolge ist der Wechsel des Mittelfeldspielers, der bei Schalke 04 nicht mehr erwünscht ist, zu Al-Ittihad Dschidda erneut an seinem Fitnesszustand gescheitert, und diesmal ist die Sache besonders prekär: Erstens ist Boateng durch einen Medizincheck gerasselt, den er nach Angaben seines Arbeitgebers in Gelsenkirchen gar nicht abgelegt hatte. Zweitens ist ein Engagement geplatzt, das er gar nicht haben wollte. Somit stellt Boateng einen Härtefall dar: Jetzt misslingen schon die Transfers, die es niemals geben sollte. An Medizinchecks, die niemals stattfanden.

Man könnte jetzt am Unsinn verzweifeln, der im Internet verbreitet wird. Aber in Schalke verzweifelt man bereits an der Institution des Medizinchecks, die den Klub zuletzt wie ein Fluch begleitete. Erst fiel Felipe Santana beim 1. FC Köln, dann Sidney Sam bei Eintracht Frankfurt durch die Prüfung. Diese Befunde beruhten aber, das macht sie so lästig, nicht auf Gerüchten aus dem Internet. Wenig später wurde dann auch Boatengs Wechsel zu Sporting Lissabon abgeblasen. Als die Portugiesen dies mit einem Dissens über das Vertragswerk begründeten, äußerte Schalke Zweifel an der Seriosität des vorgeschlagenen Gehaltsmodells. Woraufhin Sporting einfiel: Es lag doch am Medizincheck! Treffer! Während beim griechischen Helden Achilles die Ferse die Schwachstelle war, ist es in Schalke der Medizincheck.

So führt der Medizincheck im Fußball längst ein Eigenleben: Zur Verbreitung von bösen Gerüchten, als Waffe in der Geschäftspolitik und als Mittel der Vertuschung. Dies ist jedoch kein Phänomen der Internet-Ära, wie das Exempel von Frank Worthington zeigt, der 1972 beim FC Liverpool durch den Eignungstest fiel. Bluthochdruck, hieß es offiziell. In Wahrheit, so weiß man jetzt, basierten die Werte auf Worthingtons exzessiven sexuellen Aktivitäten. Liverpools Trainer Bill Shankley empfahl ihm daher Enthaltsamkeit, bevor er den Check wiederholte. Doch Worthington fuhr nach Mallorca. Und fiel danach wieder durch.

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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