Hängende Spitze:Freiheit für Max Eberl!

Lesezeit: 1 min

Freie Menschen sollten sich zur freien Rede bekennen, und wenn diese dann, wie am Samstag bei einem Disput, ein wenig den guten Ton verlässt, dann ist das kein Kulturschock.

Von Philipp Selldorf

Max Eberl hat die Maske fallen lassen. Jahrelang hat sich Mönchengladbachs Manager als Sportsmann und besonnener Sympathieträger inszeniert. Doch beim Spiel gegen Hoffenheim hat er dieses eine Mal zu oft das Wort ergriffen, und alle haben es gehört, weil er geradewegs in die Mikrofone sprach. Ein hinterhältiger Lauschangriff? Nein, Eberl hat genau gewusst, was er tat. Er hat dem Fußball durch seine geschmacklose Äußerung in einer Weise geschadet, dass es das Maß des Tolerablen weit überschreitet. Nun sollten Konsequenzen unausweichlich sein. Die SZ fordert: Der DFB-Kontrollausschuss muss Ermittlungen aufnehmen und Anklage erheben. Und wenn das Sportgericht über den Fall entscheidet, kann das Urteil nur eine harte Strafe sein, die auch dem Gedanken der Abschreckung Rechnung trägt. Es muss durchgegriffen werden gegen Männer wie Eberl, die Sitte und Anstand verderben.

Ja, man darf es längst für unerträglich halten, was Eberl am Samstag gesagt hat. Lars Stindl habe sich durch sein Tor "für seine gute Leistung belohnt", hat Eberl gesagt, und das dürfte mindestens das hunderttausendste Mal gewesen sein, dass ein Fußball-Mann diese verlogene Redensart aus der Fürsorge-Pädagogik benutzt hat. Wenn der Trainer sagt: "Die Mannschaft macht es gut, aber sie belohnt sich nicht", dann klingt das vorbildlich nach emotionaler Anteilnahme, nach Empathie, um es mit dem aktuell sehr populären Modewort auszudrücken. Indem der Trainer mitfühlend bedauert, was seinen Spielern trotz ihres rechtschaffenen Bemühens vorenthalten blieb, lobt und entschuldigt er im selben Atemzug - und sich selbst gleich mit. In Wahrheit dient die Phrase natürlich der Verschleierung von Versagen.

Es ist wünschenswert, dass diese Redewendung aus dem Fußball verschwindet. Und mit ihr bitte schön die Angewohnheit der Fußballer, auf dem Rasen nur noch hinter vorgehaltener Hand zu sprechen, weil sonst angeblich Lippenleser jedes Wort enthüllen. Freie Menschen sollten sich zur freien Rede bekennen, und wenn diese dann, wie am Samstag beim Disput zwischen Max Eberl und Julian Nagelsmann, ein wenig den guten Ton verlässt, dann ist das kein Kulturschock, sondern Ausdruck des wahren Fußball-Lebens. Wie Eberl damit souverän umgegangen ist, dafür gehört er gelobt. Und Nagelsmann fürs lässige Ignorieren ebenso.

© SZ vom 19.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: