Gesichter der Leichtathletik-WM:Zweimal zu früh gefreut

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Jelena Laschmanova: Neue Erfahrung beim Zieldurchlauf (Foto: AFP)

Am Zieleinlauf muss Jelena Laschmanowa noch arbeiten: Nach 20 Kilometern freut sich die Russin bereits über den Sieg - doch sie muss noch eine ganze Stadionrunde absolvieren. Das Missgeschick passiert ihr wenig später gleich nochmal.

Von Saskia Aleythe

Jelena Laschmanowa hat das Ziel fest im Blick, als sie ins Luschniki-Stadion in Moskau einläuft. Dass sie als Erste die Ziellinie sieht, ist für die Geherin keine ungewohnte Situation, 2012 in London krönte sich die 21-Jährige zur Olympiasiegerin. Nur damals war alles ein bisschen anders als nun in Moskau, der Zieleinlauf in London war wie die Strecke selbst vorm Stadion verortet.

Laschmanowa ist nervös, als sie die Tartanbahn im Stadion erblickt, das sagt sie später, weil sie ohnehin sehr aufgeregt ist bei der WM im eigenen Land, mit der Verwandtschaft im Publikum und den Fernsehkameras vor Ort.

Als Laschmanowa ins Stadion läuft, hat sie einen komfortablen Vorsprung, etwa 80 Meter liegt sie vor ihrer Landsfrau Anissja Kirdjapkina und gefühlt wähnt sich die Führende schon im Ziel. Nach der langen Geraden wird sie langsamer. Blick nach links, Blick nach rechts: Nanu, gar kein Jubel?

Ein paar der wenigen Zuschauer schreien, doch nicht aus Ekstase, Ordner schlenkern hastig mit den Armen: Laschmanowa hat sich zu früh gefreut, für den Sieg muss sie noch eine ganze Stadionrunde absolvieren. Realisiert hat sie das noch nicht. Dass sie weitergehen muss, schon. "Die Kampfrichter haben uns nie richtig erklärt, ob wir im Stadion noch eine zusätzliche Runde gehen müssen oder nicht", klagt Laschmanowa später.

Sie läuft also die Kurve, passiert die Gegengerade, sie ist noch immer Erste und freut sich erneut auf den Zieldurchlauf. 200 Meter nach ihrem ersten gefühlten Sieg wird sie langsamer, bleibt sogar stehen, dreht sich zum Publikum. Statt Jubel wieder hastig fuchtelnde Menschen am Rand. Oje. Noch immer nicht im Ziel.

Die Zweitplatzierte kommt nun immer näher, 25 Meter hinter ihr nimmt sie die Kurve und Laschmanowa wird allmählich klar: Jetzt kann es mit dem Sieg wirklich nicht mehr lange dauern. Und dann wird es ziemlich offensichtlich für die junge Geherin: Im richtigen Ziel stehen zwei Ordner bereit, die ein Band zum Empfang in die Höhe strecken. Damit sind dann auch die letzten Zweifel ausgeräumt. Laschmanowa ist endlich im Ziel.

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