Fußball:Zentralstadion

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Weil Bundesligist Hertha BSC in absehbarer Zeit eine eigene Arena bauen will, überlegt DFB-Präsident Grindel, in Zukunft mehr Länderspiele im Berliner Olympiastadion auszutragen. Die traditionsreiche Stätte muss ja irgendwie ausgelastet werden.

Von Javier Cáceres, Berlin

Freitagmittag stand Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin, im Wappensaal des Roten Rathauses, und die Currywurst, die ihm gereicht wurde, schmeckte ihm gut. Das lag nicht nur am Koch, sondern auch am Präsidenten des Deutschen Fußballbundes (DFB), Reinhard Grindel: "Das DFB-Pokalfinale gehört nach Berlin und ins Olympiastadion", hatte Grindel wenige Minuten zuvor im Rahmen der Übergabe der Trophäe gesagt, dem protokollarischen Aufgalopp zum Finale 2017 zwischen Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt (27. Mai). "Das ging mir runter wie Öl", sagte Michael Müller (SPD) anschließend.

Interessant war Grindels Bemerkung aus zwei Gründen: Adidas-Chef Kasper Rorsted hatte zum einen jüngst vorgeschlagen, das Pokalfinale auch mal im Ausland auszutragen, zum Beispiel in Shanghai, um den deutschen Fußball international besser zu vermarkten. Zum anderen will Hertha BSC bis 2025 aus dem Olympiastadion aus- und in eine eigene Fußball-Arena ziehen. Das hätte Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Olympiastadions. Hertha bürgt dort als Hauptmieter für etwa zwei Drittel der Einnahmen, daher sorgten Herthas Pläne auch beim DFB für Interesse. Man habe sich "natürlich" erkundigt, welche Folgen ein Hertha-Auszug auf das Pokalfinale hätte, das seit 1985 immer in Berlin ausgetragen wird, sagte Grindel.

Die Auskunft war beruhigend: "Hertha hat die Überlegung, dass ein Teil der Infrastruktur des Olympiastadions aufrechterhalten werden soll", sagte Müller. Demnach würden trotz der neuen Arena das Pokalfinale oder auch Topspiele Herthas, etwa gegen die Bayern, auch künftig "immer im Olympiastadion stattfinden", so Müller. Zurzeit würden unter anderen zwei Fragen diskutiert: "Was kommt auf die Stadt zu? Wie müsste Hertha sich auch an den Infrastrukturkosten beteiligen, wenn man zwei Systeme aufrechterhält?" Zwar meine der Senat noch immer: "Wir haben ein tolles Stadion, wir wollen daran festhalten." Nur: Man müsse Herthas Wünsche "seriös diskutieren".

Dabei kann auch der DFB eine Rolle spielen. Grindel sprach von der "persönlichen Überlegung", mit der Nationalelf "öfter in Berlin" zu spielen, um das für die WM 2006 mit Staatsgeld renovierte Olympiastadion auszulasten. Wird es also zum Nationalstadion, im Stile des Leipziger Zentralstadions zu DDR-Zeiten? Zuletzt hatte Grindel erklärt, man wolle wegen sinkender Zuschauerzahlen bei Spielen der DFB-Elf vermehrt in kleinere Stadien gehen und die Auflage überdenken, dass eine Länderspiel-Arena mindestens 40 000 Zuschauer fassen müsse.

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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