Fußball-WM: USA gegen Slowenien:Einfach nicht unterzukriegen

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Die USA holen in einem hochklassigen Spiel gegen Slowenien ein 0:2 auf - dann kostet sie eine Fehlentscheidung des Schiedsrichters den Sieg.

Christian Zaschke, Johannesburg

Nicht auszudenken, was eine leicht reizbare Bezirksliga-Truppe mit dem Schiedsrichter angestellt hätte. Oder über ihn gesagt hätte. Nichts davon wäre druckbar gewesen. Aber glücklicherweise stand im Johannesburger Ellis Park keine leicht reizbare Bezirksliga-Truppe auf dem Platz, sondern die gänzlich unreizbare Nationalelf der USA, die hatte hinnehmen müssen, dass ihr der Siegtreffer aberkannt worden war. Nun hätten die Spieler wütend sein können, gereizt, sie hätten dem Schiedsrichter, wie man das in anderen Ländern gerne tut, Gemüse auf den Augen attestieren können. Doch sie regten sich nicht auf, sie blieben ruhig, höflich und gelassen, sie blieben sehr amerikanisch. Verteidiger Jay DeMerit fand noch die harschesten Worte, als er sagte: "Das beweist, dass der Schiedsrichter das Spiel entscheiden kann."

Michael Bradley feiert seinen Treffer zum 2:2. (Foto: afp)

Er meinte das nicht einmal böse, er fühlte sich ausdrücklich nicht verschaukelt. In bester amerikanischer Stehauf-Mentalität fügte er an: "Wir müssen Selbstvertrauen aus diesem Spiel ziehen, wir lagen zurück, aber wir haben Charakter gezeigt. Du bist immer nur so gut, wie deine letzte Halbzeit." DeMerit sagte das wirklich, er könnte sofort in einem der vielen amerikanischen Sportfilme mitspielen, in denen einem Team (Sportart egal) viel Unbill widerfährt, es aber am Ende im Moment des großen Triumphes um so heller scheint.

Was genau Schiedsrichter Koman Coulibaly in dieser 86. Minute gesehen haben wollte, wusste niemand. Sloweniens Trainer Matjaz Kek gab freundlich zu Protokoll, seiner Ansicht nach habe der Schiedsrichter keinen Einfluss auf das Endergebnis gehabt. Bob Bradley, Trainer der USA, widersprach ihm nicht, er merkte lediglich an, er habe keine Ahnung, was da geahndet worden war. Diesen Mangel an Ahnung teilte Bradley mit sämtlichen Beobachtern, vermutlich auch mit dem Kollegen Kek, doch dem konnte es egal sein. Er war Nutznießer der fragwürdigen Entscheidung.

In dieser 86. Minute flog der Ball lange durch die Luft, Maurice Edu rannte durch den Strafraum der Slowenen, dann senkte sich die Kugel, Edu brachte den Fuß nach vorn, er stand nicht im Abseits, er hatte nicht gefoult, dies war das 3:2 für die USA gegen Slowenien, nach 0:2-Rückstand, was für ein Gefühl, was für ein Jubel. Doch Koman Coulibaly gab den Treffer einfach nicht, und so endete die muntere und unterhaltsame Partie der USA gegen Slowenien 2:2 (0:2).

Landon Donovan erzählte: "Wir haben den Schiedsrichter mehrmals gefragt, was er geahndet hat, wir waren nicht konfrontativ. Aber er hat uns ignoriert. Oder er hat uns nicht verstanden, ich glaube, er spricht Französisch." So blieb der Pfiff in der 86. Minute ein Rätsel, eines, das an einem Team nagen könnte, aber selbstverständlich nicht an den Amerikanern, die sofort mit dem begannen, was sportfachsprachlich "nach vorne schauen" heißt.

Ein Blick zurück hätte ihnen gezeigt, dass sie die Partie gegen Slowenien auch hätten verlieren können. In der 13. Minute wurde

Valter Birsa im Mittelfeld nicht angegriffen, also schoss er den Ball aus gut 20 Metern Entfernung zum 1:0 für Slowenien ins Tor. Die Amerikaner waren natürlich keine Sekunde geknickt. Umgehend feuerten sie einander an, es dauerte allerdings bis zur 36. Minute, bis dem feurigen Bemühen eine Chance entsprang: Francisco Torres brachte einen Freistoß aufs Tor, Sloweniens Torwart mit dem schönen Torwartnamen Handanovic parierte.

Die Amerikaner waren drückend überlegen, und die Slowenen zeigten, dass drückende Überlegenheit des Gegners kein Grund sein muss, nervös zu werden. Blitzschnell überquerten sie das Feld, in der Abwehr hielt der Amerikaner Oguchi Onyewu die Abseitsfalle offenbar für moralisch ebenso fragwürdig wie eine Bärenfalle, und schon fand sich Zlatan Ljubijankic frei vor Torwart Tim Howard wieder und schoss den Ball überlegt zum 2:0 ins Netz (42. Minute).

Überflüssig zu erwähnen, dass die Amerikaner ungebrochen aus der Pause kamen: Donovan lief von rechts in den Strafraum und täuschte den Pass in die Mitte an, dann drosch er den Ball zum 1:2 unter die Latte (48.).

Dem Gladbacher Michael Bradley gelang der Ausgleich mit einem Schuss aus rund 14 Metern (82.), weiter machten die Amerikaner, immer weiter, und als sie in der 86.Minute ihr drittes reguläres Tor erzielten, jubelten sie genau so lange, bis sie sahen, dass Schiedsrichter Coulibaly dem Treffer - warum auch immer - die Anerkennung verweigerte.

© SZ vom 19.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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