Fußball-WM:Politiker bleiben fern

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Die Spannungen zwischen Russland und westlichen Staaten nehmen zu: Wie Großbritannien will auch Island die WM diplomatisch boykottieren.

Enger Ballkontakt: Russlands Präsident Putin (l.), Fifa-Chef Infantino. (Foto: Alexei Druzhinin/dpa)

Die politischen Spannungen zwischen Gastgeber Russland und der westlichen Welt laufen immer mehr auf einen Boykott der Fußball-WM hinaus - zumindest auf dem diplomatischen Parkett. Nach Großbritannien kündigte am Montagabend auch Island entsprechende Schritte an, weitere Länder wie Australien könnten bald folgen. Die deutsche Regierung um Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich, zumindest offiziell, noch nicht entschieden. Doch nachdem zuletzt rund zwanzig Länder, darunter auch Deutschland, insgesamt mehr als 110 russische Diplomaten ausgewiesen haben, werden neuerliche Kabinen-Selfies Merkels mit der DFB-Elf unwahrscheinlicher. In einer Mitte März durchgeführten Umfrage sprachen sich in Deutschland 52 Prozent der Befragten gegen einen Boykott durch die DFB-Auswahl aus. 42 Prozent forderten allerdings, dass deutsche Politiker auf Besuche bei WM-Spielen verzichten sollten.

Russland wird beschuldigt, im englischen Salisbury einen Anschlag mit militärischem Nervengift auf einen ehemaligen russischen Doppelagenten und seine Tochter ausgeführt zu haben. Der Kreml wies jede Verantwortung zurück. Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) erklärte, Moskau spiele bisher keine konstruktive Rolle bei der Aufklärung des Anschlags.

WM-Neuling Island wiederum kündigte als zweites Land nach Großbritannien einen "diplomatischen Boykott" an. "Zu den von Island ergriffenen Maßnahmen gehört die Aussetzung der bilateralen Gespräche auf höchster Ebene mit den russischen Behörden", teilte das isländische Außenministerium am Montagabend mit: "Deswegen werden auch keine Verantwortlichen des Landes in diesem Sommer zur Fußball-WM nach Russland reisen."

Verwirrung stiftete am Dienstag die australische Außenministerin Julie Bishop, die sich unklar zur WM äußerte. "Es gibt eine Reihe von weiteren Maßnahmen, die getätigt werden können. Die WM ist eine davon", sagte Bishop, nachdem das Land zwei russische Diplomaten ausgewiesen hatte. Wenig später ergänzte sie via Twitter, dass sie damit nicht gemeint habe, dass Australien einen sportlichen Boykott der WM in Erwägung ziehe. Viel wahrscheinlicher ist es, dass sich Australien an der diplomatischen Verweigerung beteiligt. "Der australische Fußball-Verband respektiert die Verantwortung der Regierung in Bezug auf diplomatische und internationale Beziehungen", teilte die Föderation laut Fox Sports mit. Man habe eine "Klarstellung" zu den Äußerungen der Ministerin erfragt: "Stand jetzt werden alle qualifizierten Teams, inklusive England, an der WM teilnehmen. Das bleibt auch unsere Intention."

© SZ vom 28.03.2018 / sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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