Jahn Regensburg:Schatzsuche

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Als Jugendlicher fiel Jann George nicht nur als flink, sondern auch als aufbrausend auf. Doch der heute 24-Jährige hat gelernt, aus der Wut Energie zu gewinnen - mit sechs Toren hat er Jahn Regensburg auf Platz vier in der dritten Liga geschossen.

Von Max Ferstl

Im Frühjahr 2013 schien die Karriere des Fußballspielers Jann George bereits zu Ende. Der damals 20-Jährige glaubte nicht mehr daran, sein Glück im Fußball zu finden. Das Spiel hatte seinem Körper schwer zugesetzt. Knochenabsplitterung im Sprunggelenk, entzündete Patellasehne, Innenbandanriss im Knie - alles innerhalb weniger Monate. Für seinen Klub, die U21 des TSV 1860 München, bestritt er kein einziges Spiel. "Ich hatte abgeschlossen", sagt George. Dann klingelte sein Handy, in der Leitung war Ludwig Preis, der Trainer der SpVgg Greuther Fürth II. Er sehe großes Potenzial in George, sagte Preis und überredete ihn, es erneut zu versuchen.

Im Herbst 2016 ist Jann George noch immer Profifußballer, und es spricht einiges dafür, dass die Karriere noch lange andauern wird. George, 24, spielt mittlerweile für den SSV Jahn Regensburg, als Stammspieler, zehn Einsätze, sechs Tore. Als bester Regensburger Torschütze ist er mitverantwortlich dafür, dass der Jahn in der dritten Liga auf Platz vier steht und die Partie am Samstag (14 Uhr) gegen Tabellenführer Duisburg vom Jahn als Spitzenspiel beworben wird. Trainer Heiko Herrlich vergleicht den Flügelspieler mit einem "Schatz". Mit einem, der noch nicht gehoben ist - das betont Herrlich besonders.

Schon die Schatzsucher seines Jugendvereins, des 1. FC Nürnberg, glaubten, in dem Deutsch-Amerikaner einen Diamanten gefunden zu haben. Dort durchlief er alle Nachwuchsteams, doch er fiel nicht nur als flink und dribbelstark auf, sondern auch als aufbrausend. Im November 2012 geriet er mit Club-Trainer Michael Wiesinger aneinander. Der fand, George hielte sich für besser, als er tatsächlich sei. George antwortete unflätig. "Ich habe mir die Kritik zu sehr zu Herzen genommen", sagt er im Rückblick. Außerdem sei er jung gewesen. "Mit 20 reagierst du anders als ein Erwachsener." George wurde suspendiert und hatte einen neuen Ruf. Den des schwierigen Typen.

Wer sich mit George unterhält, lernt jedoch einen umgänglichen, reflektierten Menschen kennen. "Ich muss meine Emotionen beherrschen, sie kanalisieren", sagt er mittlerweile. "Sie sollen mir helfen, nicht schaden."

Auch dann, wenn es mal nicht rund läuft. Als Herrlich in der Winterpause zum Jahn kam, saß George zunächst oft auf der Bank. Aus Herrlichs Sicht war er nicht fit genug, um sein kraftraubendes Pressing 90 Minuten lang durchzuhalten. "Er verstand nicht, dass ich mehr von ihm gefordert habe. Er war sauer und unzufrieden", erinnert sich Herrlich. Aus der Wut zog der 24-Jährige jedoch Energie. "Ich habe gezeigt, dass ich wirklich will", sagt George. Er hob sich körperlich auf ein neues Niveau, im Sommer lobte Herrlich: "Mittlerweile kann er 90 Minuten marschieren, auch gegen den Ball."

George hat sein Spiel weiterentwickelt, erledigt auch die einst ungeliebten Abwehrarbeiten. "Ich denke, ich habe es bislang gut, aber nicht perfekt auf den Platz gebracht", findet George. Er hat sich bei allem "gesunden Selbstbewusstsein" (Herrlich) eine gewisse Bescheidenheit angeeignet. Seine sechs Treffer will er daher nicht überbewerten: "Das hängt zum Großteil von meinen Mitspielern ab. Oft war es so, dass ich den Ball nur reinhauen musste."

Seinen Trainer werden diese Sätze freuen. Wird Herrlich nach George gefragt, antwortet er: "Bitte den Ball flachhalten." Und: "Er hat in allen Bereichen noch großes Steigerungspotenzial." Die Schatzsuche ist nicht zu Ende.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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