Fußball-Landesliga:Ein König für die Brasilianer

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Mit dem verpassten Aufstieg verabschiedet sich Trainer Klaus Augenthaler, 59, vom SV Donaustauf. In der kommenden Saison soll der frühere 1860-Trainer Karsten Wettberg, 75, die Mannschaft in die Bayernliga führen.

Von Max Ferstl

Klaus Augenthaler muss warten. Sein Weg zur Trainerbank wird blockiert von den Spielern, die gleich aufs Spielfeld einlaufen werden. Für ein paar Augenblicke steht Augenthaler also zwischen den Zuschauern. Ein Mann, Glatze, weißes T-Shirt, nutzt die Gelegenheit. In der linken Hand hält er einen halbvollen Bierbecher, mit der rechten schiebt er sein Handy ganz dicht ran an Augenthaler für eine Nahaufnahme. Das Handy ist so nah an Augenthalers Ohr, dass dieser mühelos ein Telefonat führen könnte. Doch er beschließt, den aufdringlichen Störenfried zu ignorieren.

Ums Sportliche ging es nur zum Teil bei dieser Liaison - "das Ziel war Aufmerksamkeit"

Ein Jahr lang ist Augenthaler, 59, Trainer in Donaustauf gewesen. Man könnte meinen, dass sich die Welt irgendwann an den Gedanken gewöhnt hatte: ein Weltmeister in der Landesliga. Die kleine Szene vor der Partie am Samstagnachmittag spricht eher für das Gegenteil. Augenthaler war auch in seinem letzten Spiel als Donaustauf-Trainer ein begehrtes Motiv. Augenthalers Team verlor 0:1 gegen Chiemgau Traunstein und schied aus der Relegation um die Bayernliga aus. Doch ums Sportliche ging es ja nur zum Teil bei dieser spektakulären Liaison zwischen Augenthaler, dem Weltmeister von 1990, und Donaustauf, dem Landesligisten. Entscheidender war stets die Faszination.

"Es war für beide Seiten eine runde Sache", findet Matthias Klemens. Donaustaufs Geschäftsführer bestreitet nicht, dass nach einer Saison vor allem eine Zweckbeziehung endet: "Das Ziel war Aufmerksamkeit." Das hat Donaustauf erreicht. Groß war der Aufschrei, als der SVD, ein bis dato unbekannter, aber ambitionierter Landesligist, im Februar 2016 Augenthaler als neuen Trainer präsentierte. Klemens sagt: "Wir sind mit einem Schlag bekannt geworden, haben dadurch neue Sponsoren bekommen." Augenthaler, der zuvor fünf Jahre keine Mannschaft trainiert hatte, kam im Gegenzug wieder ins Gespräch als Fußballtrainer. Ein Umstand, der auch mit zur Trennung führte. "Es war zuletzt eine Hängepartie", erklärt Klemens: "Wir wollten Planungssicherheit, Klaus wollte seine Optionen ausloten. Es sieht wohl so aus, als würde er bei einem Profi-Verein unterkommen."

Augenthaler will das auf Nachfrage nicht bestätigen. Er habe "andere Projekte", sagt er: "Alles ist möglich, aber noch ist nichts spruchreif." In Donaustauf rechnen sie ihm hoch an, dass er die Aufgabe von Anfang an seriös angegangen ist. "Klaus hat sich voll reingehängt", findet Klemens: "Er war sogar öfter da als vertraglich vereinbart. Er ist einfach ein feiner Kerl, anders kann man das nicht sagen."

Augenthaler hat sich in Donaustauf nie selbst in den Mittelpunkt gerückt, den Hype um seine Person empfand er eher als störend. Die ganzen Hobbyfotografen an Spieltagen, die vielen Kamerateams, die in der Anfangszeit jede Woche zu den Trainings anrückten: "Ich habe versucht, das von den Spielern wegzuhalten", sagt Augenthaler. Die Mannschaft, berichtet Klemens, habe zu Beginn ein wenig "Berührungsängste" verspürt, aber: "Am Ende war es für alle eine riesige Erfahrung, unter einem Weltmeister trainiert zu haben."

Wettberg sei "ein harter Hund", findet Geschäftsführer Klemens: "Seine Mannschaften sind topfit."

Augenthaler führte den Aufsteiger auf Platz zwei in der Landesliga, schied aber in der ersten Relegationsrunde recht chancenlos aus. "Ich finde, wir haben als Aufsteiger eine gute Saison gespielt", sagt Augenthaler. Im Verein verhehlen sie nicht, dass man sich schon ein bisschen mehr ausgerechnet hatte: "Das Ziel war ganz klar: Wir wollten aufsteigen", gibt Klemens zu.

Der Kader sei entsprechend zusammengestellt worden, Donaustauf hat sogar einige brasilianische Talente verpflichtet. Klemens hat körperliche Schwächen ausgemacht: "Wir hatten den Eindruck, dass die Mannschaft nicht hundertprozentig fit ist. Klaus hat unheimlich viel Wert auf Spielformen gelegt." Auch deshalb hat man sich für Karsten Wettberg als Nachfolger entschieden. Er gilt als "harter Hund", wie Klemens findet: "Seine Mannschaften sind topfit, das war immer so."

Die Ziele bleiben ehrgeizig. Man will in der kommenden Saison erneut den Aufstieg in die Bayernliga anpeilen, es werden wieder Brasilianer kommen. Wettberg, 75, wird wohl seltener fotografiert werden als Augenthaler, ist aber durchaus eine Persönlichkeit. In den 90er Jahren hat er die Münchner Löwen trainiert, seitdem firmiert er unter dem Titel "König von Giesing". Auf den Weltmeister folgt der König. So ist das in der Landesliga.

© SZ vom 30.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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