Fußball:Gefühlschaos

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Der SpVgg Bayreuth droht der Abstieg in die Bayernliga, gleichzeitig steht sie vor dem Einzug in den DFB-Pokal.

Von Sebastian Leisgang

Christian Stadler kennt diese Fragen: woraus sich seine Zuversicht speise, wie viele graue Haare die vergangenen Wochen ihm beschert hätten, und ob es im Abstiegskampf von Belang sei, dass er sich zum Saisonende verabschiedet. Der Trainer der SpVgg Bayreuth hat all diese Fragen schon zig Mal gehört, aber mit einer anderen Frage kann er jetzt nichts anfangen. Sie stelle sich nicht, betont Stadler, und ohnehin: Er wolle sich nicht entscheiden, ob er mit seiner Mannschaft lieber den Landespokal gewinnen und in den DFB-Pokal einziehen oder ob er mit ihr lieber in der Regionalliga bleiben würde.

Die Sache ist ja die: Schon bald könnte der kuriose Fall eintreten, dass sich Bayreuth aus der Regionalliga verabschiedet und in der nächsten Saison nur noch in der Bayernliga spielt - sich aber mit einem Sieg im Pokalendspiel gegen Schweinfurt für den DFB-Pokal qualifiziert. Stadler aber sagt: "Unser Ziel ist der Klassenerhalt und der Einzug in den DFB-Pokal, dann war es eine herausragende Saison, dann ist es egal, dass es lange spannend war."

In Bayreuth ahnen sie, dass es wohl noch lange spannend bleiben wird, da sie aller Voraussicht nach allenfalls in der Relegation sicherstellen können, auch in der nächsten Saison in der Regionalliga zu spielen. "Es gibt noch einen Strohhalm, und an den müssen wir uns klammern", sagt Stadler zwar, doch auch er weiß: "Es wird sehr, sehr schwierig, den Klassenerhalt direkt zu schaffen." Schließlich liegt seine Mannschaft fünf Punkte hinter dem TSV Buchbach, der auf dem ersten Nichtabstiegsplatz steht - bei nur noch zwei ausstehenden Spielen. Seit sieben Spielen hat Bayreuth nicht mehr gewonnen. Memmingen sitzt den Oberfranken im Nacken und könnte die Spielvereinigung auf der Zielgeraden der Saison sogar noch auf einen direkten Abstiegsplatz stürzen.

Selbst gegen das abgeschlagene Schlusslicht Unterföhring hat Bayreuth kürzlich 1:2 verloren, doch im Pokal hat Stadlers Team den - wenngleich mit einer B-Elf angetretenen - TSV 1860 München mit 2:1 niedergerungen. Wie kommt diese Diskrepanz zustande? Im Profifußball könnte man nun den Erklärungsansatz vorbringen, dass sich die Spieler vor den Pokalspielen gestrafft und ihre Sinne geschärft haben. Pokaltage sind Festtage - und deshalb das Kontrastprogramm zum Alltag. Nur: Ist ein 5:0 bei der DJK Falke Nürnberg tatsächlich ein Festtag? Oder ein 5:4 nach Elfmeterschießen bei der DJK Ammerthal? Stadler sagt: "Wir machen im Pokal nichts anders, aber die Pokalspiele sind in eine Phase gefallen, in denen wir einen Lauf hatten - und dann läuft es eben."

Auch in der Regionalliga läuft es - bloß gegen Bayreuth. Stadler aber wusste, auf was er sich einlässt, als er Ende Oktober nach dem Rücktritt von Marc Reinhardt einsprang. "Es geht an die Substanz und kostet Nerven", gesteht Stadler, "aber ich bin ein robuster Typ. Ich wusste von Anfang an, dass es brutal schwer wird - genau das hat mich gereizt."

Schon seit seinem Einstieg steht fest, dass das Engagement befristet ist. Nach dieser Saison wird er sein Amt schon wieder niederlegen. Er kann die A-Lizenz nicht vorweisen, die Trainer in der Regionalliga besitzen müssen. Stadler glaubt allerdings nicht, dass sein Abschied von Belang ist oder im Existenzkampf von Nachteil sein könnte. "Das ist überhaupt kein Thema", bekräftigt Stadler, "wenn man gewinnt, gibt es solche Fragen auch nicht."

Zur neuen Spielzeit wird Josef Albersinger auf Stadler folgen - sofern Bayreuth in der Regionalliga bleibt. Im Abstiegsfall hat sein Vertrag keine Gültigkeit. Bei seiner Vorstellung Anfang März meinte Albersinger, er habe "das Gefühl, dass man hier etwas in professioneller Richtung aufbauen kann". Ihm wird es nicht gefallen, dass die Mannschaft derzeit eher dabei ist, in die andere Richtung abzubauen.

Auch Stadler weiß, dass selbst der Pokalsieg nicht über das Seelenleid hinweghelfen würde, sollte die Mannschaft absteigen. "An der Regionalliga hängt die Existenz", betont er. Und im DFB-Pokal erwartet Bayreuth erst einmal nur ein einziger Festtag - wenn die Auslosung nicht gerade Sandhausen bereithält, das Ammerthal des Profifußballs. Andererseits: Ein Auftritt im DFB-Pokal wäre ein Höhepunkt in der Vereinsgeschichte. Bayreuth spielte letztmals im September 2006 auf der großen Bühne (0:2 gegen Offenbach).

Um nun wieder in den DFB-Pokal vorzustoßen, bedarf es eines Sieges im Landespokalfinale am 21. Mai gegen Schweinfurt. Vor Kurzem trafen die Oberfranken schon einmal auf die Unterfranken. Am Ende stand es 3:7. In Panik versetzt das die Leute in Bayreuth aber nicht. Es war schließlich ein Regionalligaspiel, kein Pokalspiel.

© SZ vom 04.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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