Fußball:"Ein unerhörter Vorgang"

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Auch nach der Verlängerung bis 2023 kämpft der frühere Unterhachinger Präsident Engelbert Kupka im Namen der Amateurvereine weiter gegen den Grundlagenvertrag zwischen DFB und DFL.

Von Stefan Galler

Nun ist es also doch unterzeichnet worden, jenes umstrittene Papier, gegen das Engelbert Kupka zuletzt so vehement zu Felde gezogen war. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball-Liga (DFL) haben ihre Vereinbarung bis zum Jahr 2023 ausgedehnt, der Grundlagenvertrag unterstreiche "die Einheit des Fußballs und das beispielhafte Miteinander von Amateur- und Profibereich", wie es in einer Pressemitteilung des DFB zum Thema heißt.

Das Vorgehen von DFB-Chef Grindel und DFL-Boss Rauball sei "zynisch", findet Kupka

Für die Anstrengungen Kupkas ist diese Unterzeichnung ein Schlag ins Gesicht. Schließlich hatte der 77-jährige frühere Präsident des Regionalligisten SpVgg Unterhaching zuletzt sehr engagiert dafür gekämpft, den nicht-bezahlten Fußball mit seinen bundesweit rund 26 000 Vereinen im Zusammenspiel mit der DFL finanziell deutlich besser zu stellen, als das bisher der Fall war. Im Mittelpunkt von Kupkas Argumentation steht dabei der "Pachtzins", den der DFB für die Überlassung seiner Rechte an die DFL erhält.

Diese jährliche Abgabe wurde im Jahr 2000 ausgehandelt, als sich die Deutsche Fußball-Liga als Vertretung der Profivereine der ersten und zweiten Bundesliga gründete. Die seit damals unveränderte Regelung besagt, dass die Profivereine von all ihren Einnahmen - aus dem Eintrittskartenverkauf, vor allem aber aus der Verwertung der Medienrechte - drei Prozent an den DFB abführt. Für Kupka ist dieser Anteil vor allem vor dem Hintergrund der explodierenden Fernseheinnahmen der Profis nicht mehr zeitgemäß. Er fordert eine deutliche Anhebung des Pachtzinses, um den Vereinen im Breitensport ein besseres wirtschaftliches Fundament zu bieten, damit jene auch ihren gesellschaftlichen Aufgaben weiterhin nachkommen können.

Dass man seine Einlassungen offenbar völlig ignoriert hat und die Verlängerung des Grundlagenvertrags nun sogar vor dem DFB-Bundestag, einer Versammlung von 260 Delegierten am 4. November in Erfurt, durchgezogen hat, sorgt bei Kupka für Empörung: "Die lachen doch über meine Argumente", sagt er und nennt das Vorgehen von DFB-Präsident Reinhard Grindel und Liga-Boss Reinhard Rauball "zynisch". Überrascht zeigt sich Kupka indes nicht: Dass man die Vereinbarung nicht modifizierte, habe sich schon abgezeichnet, als Rauball bereits vor der Wahl Grindels zum neuen DFB-Chef dem Verband gedroht hatte, "man möge ja nicht am Grundlagenvertrag rühren", so Kupka.

Der Rechtsanwalt gibt jedoch noch immer nicht klein bei. In einem weiteren offenen Brief attackiert er Grindel scharf: "Noch unter keiner Präsidentschaft wurde in so kurzer Zeit so massiv und nachhaltig das Ehrenamt geschädigt", schreibt Kupka. Als "skandalös" bezeichnet der frühere Fußball-Funktionär "das "Missverhältnis von Pachtzins und Wertschöpfung durch Vermarktung der TV-Rechte".

45 Millionen Euro zahlt die DFL dem DFB - was umgekehrt fließt, wird laut Kupka nicht mitgeteilt

Vor allem die Laufzeit des erneuerten Abkommens bis 2023, also zwei Jahre länger als der aktuelle Fernsehvertrag der DFL, erzürnt Kupka. Damit habe man "einer Endlosschleife für die Unabänderlichkeit eines Vertrages zu Lasten der Amateurvereine zugestimmt". Der 77-Jährige attackiert Grindel und den DFL-Präsidenten persönlich: "Entweder hat Sie bei diesem Deal Herr Dr. Rauball (...) über den Tisch gezogen oder Sie haben beide in Kenntnis dieser Automatik bewusst und nachhaltig die Amateurvereine geschädigt", schreibt Kupka. Und weiter: "Das ist ein unerhörter Vorgang und ruft nach einer rechtlichen Überprüfung." Der letzte Satz wirkt wie eine Drohung: Grindel solle davon ausgehen, "dass mit der Unterzeichnung (...) die Angelegenheit nicht begraben ist".

Der DFB wollte die Angriffe am Donnerstag nicht kommentieren und verwies stattdessen auf die Pressemitteilung, in der die finanziellen Leistungen, die von der DFL über die dreiprozentige Beteiligung an den Ticket- und Vermarktungserlösen hinaus zu leisten sind, aufgeschlüsselt werden: Fünf Millionen Euro jährlich gehen an die Landesverbände "zur Stärkung ihrer finanziellen Grundlage und Entlastung der Vereine". Drei Millionen Euro sollen "für bessere Rahmenbedingungen der Arbeit an der Basis" eingesetzt werden, weitere 2,5 Millionen Euro sind vorgesehen für "konkrete Projekte im Rahmen des Masterplans Amateurfußball". Diese Zahlung soll jene Million Euro ersetzen, die bisher als "Solidarabgabe" bezeichnet worden war. Macht also, wenn man drei Prozent der 1,16 Milliarden Euro dazuzählt, die die DFL künftig jährlich durch veräußerte Medienrechte in Deutschland erwirtschaften wird, einen Gesamtbetrag von etwa 45 Millionen Euro für den DFB.

Im Gegenzug kassiert allerdings auch die Liga, nämlich 15 bis 30 Prozent aus der Vermarkung der Nationalmannschaft durch den DFB. Und 50 Prozent der Überschüsse, die der DFB aus Welt- und Europameisterschaften gewinnt. Hierzu nennen laut Kupka weder DFB noch DFL konkrete Zahlen, was für ihn "ein Teil des Skandals" ist. Für den Unterhachinger ist es ebenso nicht hinnehmbar, dass aus der Auslandsvermarktung kein Cent bei den Amateuren landet. "Es ist wirklich lächerlich", sagt das frühere DFL-Vorstandsmitglied.

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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