Fußball:Augsburger Statistikverweigerer

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Besser spät als gar nicht: Augsburg, hier klärt Verteidiger Paul Verhaegh (rechts) vor Pierre-Emerick Aubameyang, muss sich am letzten Spieltag retten. (Foto: Christof Stache/AFP)

Der FCA will mit Routine ins Endspiel um den Klassenverbleib gehen.

Von Maik Rosner

Auf Statistiken gebe er gar nichts und mit möglichen Relegationsgegnern beschäftige er sich ebenso wenig, hat Manuel Baum in den vergangenen Wochen immer wieder gesagt. Das war sicher auch als Selbstschutz gedacht, um eine größtmögliche Selbstgewissheit vorzuleben. Es ist ein Ansatz, der offiziell weiterhin vor dem Ligafinale bei der TSG Hoffenheim gilt. Doch spätestens nach dem letzten Spieltag der Bundesliga an diesem Samstag wird sich der Trainer des FC Augsburg jenen Themen widmen, die er bisher tunlichst ausgeklammert hat. Die Frage ist nur wie?

Entweder, Baum kann dann auf die maßgebliche Ligastatistik, die Tabelle, blicken und die Relegation zu seiner Freude dem Hamburger SV oder dem VfL Wolfsburg überlassen, die sich am Samstag in einem der acht Parallelspiele zum direkten Vergleich gegenüberstehen werden. Oder aber der ehemalige Realschullehrer Baum wird aus der Ligastatistik ablesen, dass er und seine Mannschaft noch zwei Mal gegen den Dritten der zweiten Liga, sehr wahrscheinlich Eintracht Braunschweig, nachsitzen müssen, um die erhoffte Versetzung mit Verspätung zu erreichen.

Baum und die Augsburger haben eine ziemlich überzeugende Idee, wie sie mit dem drohenden Szenario umgehen und dieses vermeiden können. "Rechnen tu ich nicht. Wir sind optimistisch und glauben daran, dass wir in Hoffenheim etwas mitnehmen", sagte der erfahrene Mittelfeldspieler Halil Altintop am Donnerstag auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Baum. Bereits im Laufe der Woche hatte der Trainer gar in Auftrag gegeben: "Wir wollen zum Abschluss ein richtig gutes Spiel abliefern und dort gewinnen." Der 37-Jährige weiß aber auch: "Wenn wir etwas gelernt haben aus den letzten Wochen, dann, dass wir wirklich nur auf uns schauen müssen. Man kann sich auf niemand anderen verlassen." Zu unkalkulierbar sind die Ergebnisse der Konkurrenz. Ein bisschen gilt das wegen der raumgreifenden Sinuskurven im Saisonverlauf aber auch für die eigenen.

Ein Remis in Hoffenheim würde dem FCA den Ligaverbleib sichern

Es ist eine so knifflige wie spannende Versuchsanordnung, die das Ligafinale für den FCA bereithält. Zumal sich der Tabellenvierte Hoffenheim ein Fernduell um die direkte Qualifikation für die Champions League mit dem Dritten Borussia Dortmund liefern wird. Ein Remis oder Sieg bei Julian Nagelsmanns Mannschaft würde den Augsburgern sicher zum Klassenverbleib genügen. Selbst eine Niederlage mit einem Tor Unterschied reicht in jedem Fall. Auch eine höher verlorenes Spiel wäre verkraftbar, sofern Hamburg gegen Wolfsburg nicht oder nahezu ähnlich hoch gewinnt wie Augsburg verliert. Im ungünstigsten Fall könnten aber die Fallstricke der Statistik auf geradezu zynische Weise gegen die Statistikverweigerer des FCA sprechen: Bei einem möglichen direkten Vergleich mit Wolfsburg, der für den VfL spricht. "Ich habe ein gutes Gefühl", sagt Baum lieber schlicht.

Verzichtet hätten sie im Verein natürlich dennoch gerne auf diese Gemengelage, die man für eine ziemliche Ungerechtigkeit halten kann, weil sich die ganze Saison auf einen entscheidenden Tag verdichtet. Am liebsten möchten sich die Augsburger der Statistik und Stochastik entziehen, indem sie ihre jüngste Erfolgsserie auf mindestens neun Punkte aus sechs Spielen erweitern. Zuletzt gelangen bei Borussia Mönchengladbach und gegen Dortmund zwei 1:1. Eine dritte Überraschung soll in Hoffenheim folgen.

Ein eiliges Trainingslager hat Trainer Baum ausgeschlossen

Allerdings steht noch in Frage, ob Stammtorwart Marwin Hitz nach muskulären Beschwerden im Oberschenkel zurückkehren kann. Gegen Dortmund war er von Andreas Luthe gut vertreten worden, dieser stünde erneut bereit. Ebenso wie nach bisherigem Stand all jene zehn Feldspieler, die seit dem 4:0 gegen den HSV vor drei Wochen stets in der Startformation aufgelaufen waren. Es spreche "aktuell nichts" dagegen, zum vierten Mal hintereinander dieselbe Stammelf aufzubieten, sagt Baum, "wenn nicht noch etwas passiert, sollte man an den Positionen nichts verändern."

Auch das ließ sich als Versuch deuten, in die Ausnahmesituation so normal wie möglich zu gehen. Ein eiliges Trainingslager, besondere Teambuilding-Maßnahmen oder dergleichen haben sie ausgeschlossen. Mit größtmöglicher Selbstgewissheit und Routine versucht der FCA ins Endspiel um die Versetzung zu ziehen. Und mit dem Wissen, sich vor vier Jahren schon einmal am letzten Spieltag gerettet zu haben, damals mit einem 3:1 gegen die SpVgg Greuther Fürth.

Diese Statistik spricht also für die Augsburger. Die zwar auch rechnen können, aber offiziell nicht wollen.

© SZ vom 19.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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