Fußball-Afrika-Cup:Allahs Lieblingself

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Gottesfurcht im Strafraum: Hassan Schehata, Trainer des Afrika-Cup-Teilnehmers Ägypten, will nur noch fromme Spieler aufstellen.

Tomas Avenarius

Ob Allah Fußballfan ist, kann auf Erden niemand wissen. Theologisch noch schwieriger beweisen lässt sich, dass der Allmächtige im Himmel der Muslime exklusiv zur ägyptischen Nationalelf hält: Es handelt sich - auch im wohlwollenden Vergleich - nicht um eine internationale Spitzenmannschaft mit göttlich geleiteten Füßen.

Ägyptens Nationaltrainer Hassan Schehata will nur noch fromme Spieler aufstellen. (Foto: Foto: AFP)

Dennoch hat der ägyptische Nationaltrainer Hassan Schehata jetzt einen Zusammenhang zwischen der Frömmigkeit seiner Spieler und der Erfolgsbilanz der Elf hergestellt: Er will nur noch Sportler einsetzen, die ihr Leben in islamisch vorbildlicher Weise führen und regelmäßig zu Allah beten: "Ohne gottesfürchtiges Verhalten werde ich nie einen Spieler aufstellen, unabhängig von seinem Potential."

Fußball ist in Ägypten mehr als Volkssport und Kreislaufbeschleuniger: Der Ball ist Lebensinhalt, inoffizielles Nationalsymbol und Glaubenssache. Der fußballernde Hobby-Theologe Schehata formulierte seine Ankündigung nach einem überzeugenden Sieg. Im Kampf um den Afrika-Cup hatte Ägypten vor wenigen Tagen Nigeria mit 3:1 geschlagen. Wer in den Äußerungen des ehemaligen Nationalspielers nur einen weiteren Beweis um sich greifender, islamischer Engstirnigkeit sieht, geht zu weit: Der Coach will vor allem seine Mannschaft zusammenschweißen. Da seit langem nur Muslime im ägyptischen Team sind, ist der Islam probates Mittel zur Stärkung der Kampfkraft.

Der letzte bekannte Christ am Ball war Hany Ramzy, der auch mal bei Werder Bremen spielte - und der ist seit den neunziger Jahren aus dem Geschäft. Heute sind die Spieler vom Nil allesamt Muslime. Bekannt als "Die Knieenden" beten sie nach ihren Siegen gemeinsam auf dem Rasen. Mohammed Zidan, der bei Borussia Dortmund unter Vertrag steht und einer der besten ägyptischen Nationalstürmer ist, stand dabei immer gelangweilt am Rand. Das hat den Trainer zu einem mahnenden Zweiergespräch bewogen: Seit dem Treffen betet auch Zidan öffentlich - und kickt angeblich noch besser.

Ob gewollt oder ungewollt - mit seinem Ruf nach frommen Sportlern bedient der Coach die Neo-Islamisierung des ägyptischen Alltags. Diese ist seit längerem zu beobachten und schafft Probleme. In dem zu 90 Prozent muslimischen Land sind inzwischen fast alle Frauen verschleiert. Immer mehr von ihnen verhüllen sich nach Art mancher Araberinnen vom Persischen Golf sogar das Gesicht und wollen in dieser Kleidung an Universitäten studieren oder in Krankenhäusern arbeiten.

Fernsehsender und Internet-Seiten betreiben sowohl das kommerzielle als auch das radikal-ideologische Islamgeschäft - mit den bekannten Auswüchsen. Auch das Verhältnis der muslimischen Mehrheit zu den zwischen zehn bis zwölf Prozent koptischen Christen im Land wird dadurch nicht besser. Bei einem Massaker wurden vor wenigen Tagen sechs Christen getötet. Die Äußerungen des Trainers tragen sicher nicht zur Versöhnung zwischen den Religionen bei.

Die Nationalmannschaft allerdings ist in den letzten Jahren besser geworden: Sie hat 2006 und 2008 den Africa-Cup gewonnen und könnte den schwarzen Pokal auch 2010 nach Kairo tragen. Dazu kommt ein Sieg über Weltmeister Italien und eine sehr ehrenhafte 3:4-Niederlage gegen Brasilien. Kurz: Ägyptens Fußballer werden erkennbar stärker. Aber das verdanken sie wahrscheinlich weniger Allah als einfach ihrem Trainer Hassan Schehata.

© SZ vom 16.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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