Maximilian Marterer:Armdrücken mit King Kong

Lesezeit: 4 min

Maximilian Marterer spielt in Roland Garros bislang starkes Tennis. (Foto: AFP)
  • Bei den French Open gelingt dem Franken Maximilian Marterer ein großer Erfolg.
  • Er zieht ins Achtelfinale ein und trifft jetzt auf Rafa Nadal.
  • Nicht ganz so gut läuft es für Andrea Petkovic und Julia Görges.

Von Gerald Kleffmann, Paris

Da stand Maximilian Marterer, akkurat an der Wand lehnend, er wartete geduldig. Der Main Room, der größte und wichtigste Interviewraum, war noch belegt. Eine gewisse Maria Scharapowa hielt gerade der Welt einen Vortrag, was sie so über ihren durchaus beeindruckenden 6:2, 6:1-Erfolg gegen die Tschechin Karolina Pliskova denke. Er zog sich hin. Und Marterer wartete. Irgendwann, wahrscheinlich muss die Russin zu diesem Zeitpunkt gerade ihr ganzes autobiografisches Buch nacherzählt haben, wurde der deutsche Tennisprofi in ein anderes Zimmer gebeten, das mit der Ziffer 2. Beim nächsten Mal, und das war natürlich ein Scherz, könne sich Scharapowa ja besser mit ihm absprechen. Marterer lachte. Er wusste auch: Dieser Moment war abgefahren. Surreal eigentlich.

Das Gute für den 22 Jahre alten Franken aus Nürnberg ist allerdings, dass bei den French Open so viele offizielle Personen herumspringen und alles dokumentieren und sofort in Listen und Tableaus und Computer reinhacken. Hier wird nichts übersehen, was Bedeutung hat. Und jetzt haben die Veranstalter von Roland Garros also vermerkt: dritte Runde Marterer - Jurgen Zopp (Estland) 6:2, 6:1, 6:4. Das Achtelfinale lautet somit: Marterer - Rafael Nadal (Spanien). Man stelle sich vor, man müsste mit King Kong Armdrücken spielen. Das steht jetzt dem Deutschen bevor. Aber dieses Vergnügen hat er sich verdient.

Die Entwicklung von Marterer ist außergewöhnlich, vor zwei Jahren war er noch einfach nur ein Talent, das hoch gehandelt wurde, aber für die Entwicklungsschritte ein bisschen länger benötigte. "Aber es ging stetig aufwärts, das war das Bemerkenswerte", sagt Michael Kohlmann, sein Trainer, in Paris. Fünfmal hatte Marterer ein Future-Finale auf der untersten Profiebene verloren, ehe ihm im sechsten Versuch ein Titel gelang. 14-mal verlor er ein Erstrundenmatch auf ATP- oder Grand-Slam-Ebene, ehe er in diesem Januar bei den Australian Open diesen Trend stoppte. In Melbourne hatte er Cedrik-Marcel Stebe, den Kollegen aus dem Leistungszentrum in Oberhaching, der Tennis-Base, wo sie angedockt sind, besiegt.

Marterer erwartet die Nummer eins

Die Nummer 70 ist Marterer schon, er wird nun weiter klettern. Mit ein bisschen Ungläubigkeit in der Stimme antwortete er auf die Frage, ob gegen Nadal sein Match des Lebens bevorstehe: "Ja, sicherlich. Nur habe ich in diesem Jahr schon so viele Matches erlebt, wo ich gesagt habe: Das ist das Match meines Lebens." Er gestand: "Es fühlt sich an, als wenn es immer noch mal getoppt wird."

1 / 4
(Foto: Matthias Hauer/gepa/imago)

Druchpusten: Maximilian Marterer erreicht zum ersten Mal in seiner Karriere das Achtelfinale in einem Grand-Slam-Turnier. Und trifft dann auf Rafael Nadal.

2 / 4
(Foto: Alessandra Tarantino/AP)

Kraftakt: Angelique Kerber quält sich gegen die Niederländerin Kiki Bertens in Runde vier.

3 / 4
(Foto: Thomas Samson/AFP)

Vor großer Kulisse konnte sich Julia Görges gegen Serena Williams messen - allerdings ging dieser Vergleich an die US-Amerikanerin.

4 / 4
(Foto: Pascal Rossignol/Reuters)

Für Andrea Petkovic war spätestens nach einer Behandlungspause wegen ihrer Kniebeschwerden klar, dass sie Simona Halep an diesem Tag nicht besiegen würde.

Das Spezielle, oder die "Querverbindung", wie es Marterer sagte, ist, dass er 2013 als Junior mal mit Nadal trainieren durfte. Als Hitting Partner. Er hat das so gut getan, dass er mehrmals von dem Mallorquiner gebucht wurde. Eine Ehre war das, klar, Nadal ist mittlerweile bei zehn Triumphen in Paris angelangt. "Rafa war immer einer, zu dem ich aufgeschaut habe", sagte Marterer jetzt. "Das ist jetzt monster, dass ich in der Situation bin, ihn als Gegner zu erleben." Wie Nadal spielt er mit links, er hat das gleiche Schlägermodell, er spielt mit ähnlich viel Topspin. "Es spricht nicht viel für mich", sagte Marterer ehrlich, "aber ich werde voll spielen. Ich habe gezeigt, was ich leisten kann."

Der Samstag war bei den French Open ein Tag der Deutschen, zumindest mussten fünf Profis antreten. Mischa Zverev war der nächste, der versuchte, erstmals wie Marterer ins Achtelfinale im Westen der Stadt einzuziehen, aber der zehn Jahre ältere Bruder von Alexander Zverev, der in der Runde der letzten 16 steht (am Sonntag ab 11 Uhr gegen den Russen Karen Chatschanow), unterlag dem aufschlagstarken Südafrikaner Kevin Anderson mit 1:6, 7:6 (3), 3:6, 6:7 (4). Schulterprobleme hatten ihn behindert.

Ein gutes Turnier hatte Andrea Petkovic absolviert, die Halbfinalistin der French Open von 2014 hatte die Französin Kristina Mladenovic und die Amerikanerin Bethanie Mattek-Sands in jeweils zwei Sätzen bezwungen und sich ein Duell mit Simona Halep verdient. Die Rumänin ist die Erste der Weltrangliste, stand zweimal vergebens im Finale auf dem Court Philippe-Chatrier (2014 und 2017) und war die Favoritin. Die 26-Jährige hat viele Anhänger, die ihren Kampfgeist schätzen, aber auch Petkovic ist in Paris beliebt, und so wurde diese Partie auf dem neuen Court 18, der 2200 Zuschauer fasst, zu einem stimmungsvollen Ereignis, zahlreiche deutsche Fans riefen "Petko, Petko!"

Petkovic kehrt in die Top 100 zurück

Im ersten Satz leistete Petkovic mutig Gegenwehr, streute Stopps ein, wagte Netzangriffe, ein listiges Konzept. Doch Halep blieb widerstandsfähig wie eine Gummiwand und war etwas druckvoller. Nach dem 7:5 musste sich Petkovic kurz darauf das rechte Knie verbinden lassen, einen Seitenwechsel später riss sie den Verband ab, da war die Partie bei 0:4 quasi schon entschieden. Nach dem 5:7, 0:6 äußerte sich Petkovic mit einem gemischten Urteil. "Im ersten Satz habe ich gut gespielt, ich habe gespielt, wie ich es mir vorgenommen habe." Aber nur mit "einer Hälfte des Matches, kann es nicht funktionieren." Am Ende sei sie auch "verärgert" gewesen, weil sie nicht ihr Niveau halten konnte. Ab dem Moment mit dem Knie "zerbröckelte" alles. Sie wird dennoch in die Top 100 zurückkehren.

Nun waren die beiden besten deutschen Frauen auf dem Platz, die Sonne senkte sich schon langsam. Auf Court 1, der Stierkampfarena, trat Angelique Kerber (12. im WTA-Ranking) gegen die Niederländerin Kiki Bertens (22.) an. Sie quälte sich selbst, indem sie in beiden Sätzen Vorteile immer wieder fahrlässig verspielte, im zweiten Satz kassierte Kerber sogar einmal Pfiffe vom Publikum, als sie einige Mondbälle hintereinander ins Feld geschaufelt hatte. Sie zeigte in den entscheidenden Phasen aber mehr Sicherheit und steht nach dem 7:6 (4), 7:6 (4) erstmals seit 2014 im Achtelfinale von Paris. Kerber trifft in diesem auf die Französin Caroline Garcia.

In der zweitgrößten Arena, dem Court Suzanne Lenglen, hatte Julia Görges (11.) das Ziel, Serena Williams aus dem Wettbewerb zu befördern. Die Amerikanerin, nach 16 Monaten Pause aufgrund der Geburt ihrer Tochter zurückgekehrt ins Grand-Slam-Geschehen, war keineswegs mitgenommen von ihrem Dreisatzmatch zuvor gegen die Australierin Ashleigh Barty. 6:3, 6:4 siegte Williams, die nun gegen Scharapowa antreten muss. Görges konnte sich nur ein Break erkämpfen, während Williams der Deutschen dreimal das Aufschlagspiel abnahm.

© SZ vom 03.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Mütter im Profi-Tennis
:"Serena Williams kann sich die Turniere aussuchen"

Wie schwer haben es Frauen, die als Tennisprofi Mutter werden? Tim Sommer, Ehemann und Trainer der Luxemburgerin Mandy Minella, erklärt das Problem der Zweiklassen-Gesellschaft auf der Tour.

Interview von Gerald Kleffmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: