Frauenfußball:Schlechter Scherz

Lesezeit: 2 min

Phil Neville soll mit Englands Fußballerinnen den WM-Titel holen, möglichst ohne weitere Debatten. (Foto: Ian Walton)

Phil Neville, Englands neuer Damen-Nationaltrainer, löst am Tag seiner Ernennung eine Sexismusdebatte aus. Auch der Verband FA gerät bei der Debatte in Kritik.

Von Anna Dreher

Vielleicht sollten all diese Aussagen witzig sein. Auf eine Art und Weise, die wohl nur wenige nachvollziehen können. Wenn überhaupt. "Ich bin wieder entspannt - habe gerade meine Frau verprügelt!!! Fühle mich besser jetzt!" Das ist vom 1. Juli 2011. Oder: "Ihr Frauen wolltet immer Gleichberechtigung, bis es darum geht, Rechnungen zu bezahlen" - das stammt vom 3. Juli 2012, Hashtag "Heuchler". Und vielleicht wären diese Äußerungen von Phil Neville auf Twitter nicht weiter aufgefallen. Aber der frühere englische Fußball-Nationalspieler ist seit Dienstag nicht mehr nur ein früherer englischer Fußball-Nationalspieler, sondern neuer englischer Nationaltrainer - bei den Frauen.

Seinen verifizierten Account löschte Neville am Tag seiner Ernennung, über die er sagte: "Es gibt keine größere Ehre, als sein Land zu repräsentieren, und es ist ein Privileg, es wieder zu tun." Aber da hatten seine fragwürdigen Äußerungen längst eine Debatte über ihn und die Besetzung einer für den englischen Fußball wichtigen Position ausgelöst. Und so konnte der 41-Jährige nicht anders, als am Mittwoch Stellung zu den Sexismusvorwürfen zu beziehen. Er wolle klarstellen, dass die Kommentare "kein wahres und echtes Spiegelbild meines Charakters oder meiner Ansichten waren und sind. Ich möchte mich entschuldigen".

Im Zentrum der Debatte steht jedoch nicht nur der als Fernsehexperte arbeitende Ex-Profi, sondern auch der englische Fußballverband FA. Die Tweets sollen dort laut der Sun bekannt gewesen sein. Nachdem Nevilles erfolgreicher Vorgänger Mark Sampson im September wegen eines Rassismus-Skandals entlassen wurde, sollte der Fokus auf dem Weg zum anvisierten Weltmeistertitel in Frankreich 2019 wieder auf das rein Sportliche gerichtet werden. Dieser Plan war aber nach den Absagen von Wunschkandidaten wie Emma Hayes (Chelsea), Nick Cushing (Manchester City) und wohl auch der früheren deutschen Nationaltrainerin Silvia Neid mit der Vertragsunterzeichnung von Neville bis zur Europameisterschaft 2021 aus Sicht vieler Experten ohnehin verfehlt worden.

Denn während er mit Manchester United 1999 gegen den FC Bayern München die Champions-League gewann, sechs Mal Meister wurde und bei seinem Ex-Klub, dem FC Valencia und der englischen U 21 assistierte, fehlt ihm Erfahrung im Frauenfußball und als Cheftrainer. In englischen Medien heißt es, Phil Neville sei ohnehin eher zufällig auf die Kandidatenliste gekommen, weil ein bekannter TV-Moderator dessen Namen bei einem Weihnachtsempfang in die Runde warf - als Witz.

Am Abend meldete sich der Verband, der das alles nicht so eng sieht. Die Äußerungen würden "nicht die Schwelle überschreiten, um Ermittlungen einzuleiten", schrieb FA-Generaldirektor Martin Glen.

© SZ vom 25.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: