Frankfurt:Altmodische Krisenbewältigung

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Armin Vehs Defensivtaktik reicht der Eintracht für ein 2:1 in Hannover.

Von Jörg Marwedel, Hannover

Der Fußballlehrer Armin Veh, 54, spöttelt gern mal über die jüngeren Kollegen. Nach dem 2:1-Sieg seiner Frankfurter Eintracht bei Hannover 96 frotzelte er, manche "neuen Trainer" hätten sogar den "absichtlichen Fehlpass" in ihr Programm aufgenommen, um den Gegner zu verwirren. Veh selbst hat sich lieber altgedienter Methoden der Krisenbewältigung zugewandt. Nach zuletzt fünf sieglosen Spielen mit 2:10 Toren war es dem Fußball-Ästheten ziemlich egal, wie der Auftritt seiner Mannschaft ausschaut. Der sonst gern mit einer Mittelfeld-Raute offensiv agierende Veh verordnete dem verunsicherten Team diesmal mit einer Doppel-Sechs (Stefan Reinartz und Marc Stendera) ein kompakteres Defensivspiel. Und anders als beim VfB Stuttgart, wo er vor elf Monaten aufgab, weil er nicht mehr an sein Glück glaubte, hat diese Methode funktioniert.

Veh, der Pragmatiker, hat nach dem 1:5 vor einer Woche gegen Mönchengladbach gern eine Partie in Kauf genommen, die mit Elite-Fußball so wenig zu tun hatte wie ein Zweitliga-Kellerduell. Keine einzige Torchance hatte sein Team in der ersten Halbzeit herausgespielt, die Torjäger Alex Meier und Haris Seferovic waren nicht auffindbar, weil ihre Kollegen andere Dinge zu tun hatten, als sie gut einzusetzen. Und weil sich auch Hannover unter seinem übervorsichtigen Coach Michael Frontzeck nicht wirklich aus der Deckung wagte, wäre es wohl so kläglich weitergegangen, hätte nicht 96-Spielmacher Hiroshi Kiyotake in der 51. Minute zwei Frankfurter ausgetrickst und den Ball so perfekt zu Felix Klaus gepasst, dass dieser nicht anders konnte, als ihn zum 1:0 ins Tor zu schießen.

Doch weil die Hannoveraner nach ihrer Führung noch passiver agierten und die Frankfurter im Angesicht der nächsten Niederlage ein wenig ihren Angriffsgeist wiederentdeckten, wurde es dann doch noch ein anderes Spiel. Plötzlich haben man "wieder Fußball gespielt", stellte Alex Meier fest. Fußball spielen bedeutete an diesem Tag, dass man den langen Meier wieder mit langen Bällen versorgte, die dieser gut auf die Mitspieler ablegte. Zum Beispiel in der 57. Minute, als Bastian Oczipka den Ball auf den Kapitän flankte und dieser den Ball per Kopf zu Stendera weiterleitete - das war das 1:1. Acht Minuten später das gleiche Strickmuster, als Constant Djakpa den Ball auf den am zweiten Pfosten lauernden Stefan Aigner zirkelte, der erneut Stendera bediente - 1:2.

Der 19 Jahre alte Mittelfeldspieler war am Ende also der Matchwinner, und Armin Veh war der Mann, der ihn dazu animierte, trotz der vermehrten Defensivaufgaben auch einmal im gegnerischen Strafraum aufzutauchen. "Ich habe mich eingeschaltet, wie vom Trainer gefordert", sagte das Talent später wie ein braver Schüler. Der sparsame Fußball wurde also belohnt - mit dem ersten Eintracht-Sieg in Hannover seit fast 28 Jahren.

© SZ vom 26.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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