Formel 1: Aus für Vettel:Streit unter Bullen

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Als er die Führung übernehmen will, kollidiert Sebastian Vettel in der Türkei mit Teamkollege Mark Webber. Und während die Experten die Schuldfrage diskutieren, staubt McLaren den Sieg ab.

René Hofmann

"Ich denke, das habe ich richtig gemacht": So eindeutig und konsequent wie auf der Strecke trat Sebastian Vettel auch nach seinem vorzeitigen Aus beim Großen Preis der Türkei auf. "Ich hatte das Gefühl, dass ich ein wenig schneller kann, also habe ich meine Chance genutzt", erklärte er zu der Szene, die das siebte der 19 Saisonrennen entschied - zu Ungunsten seines Red-Bull-Teamkollegen Mark Webber und zu Gunsten der beiden McLaren-Fahrer Lewis Hamilton und Jenson Button. Hamilton holte seinen ersten Saisonerfolg, Button wurde Zweiter vor dem zornigen Mark Webber, den eine Kollision mit Vettel den dritten Sieg in Serie kostete. Michael Schumacher wurde zum zweiten Mal in diesem Jahr Vierter, sein Mercedes-Kollege Nico Rosberg kam als Fünfter ins Ziel.

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"Die Auseinandersetzung war interessant, der Ausgang leider unglücklich", so kommentierte der in der Fahrerwertung nun mit fünf Punkten Vorsprung führende Mark Webber sein Zusammentreffen mit Sebastian Vettel in Umlauf 40 von 58. Zu jenem Zeitpunkt lag Webber in Führung, Vettel folgte dichtauf, gehetzt von den in der Türkei überraschend starken McLaren-Fahrern. Vor der Start- und Zielgeraden gibt es auf dem Kurs in der Nähe von Istanbul ein Kurven- geschlängel und vor diesem wiederum gibt es eine lange Geraden. Auf dieser werden die Autos bis zu 310 km/h schnell. An dieser Stelle kam es zu der verhängnisvollen Begegnung zwischen Webber und Vettel.

Der Deutsche, mit einem deutlichen Geschwindigkeitsüberschuss auf die Gerade gebogen, setzte sein Auto links neben das des Australiers. Zunächst sah es so aus, als würde die Aktion glücken. Als Vettel bereits eine halbe Wagenlänge voraus war, berührten sich die beiden Autos aber. "Es war keine harte Berührung", gab Webber später das Erlebte wider, "aber bei einer so hohen Geschwindigkeit ist es doch klar, dass etwas am Auto kaputt geht."

15 Punkte Rückstand

Vettels Gefährt kreiselte von der Strecke. Ihm entstiegen, ließ der 22-Jährige den rechten Zeigefinger an seiner rechten Schläfe kreisen. "Das ist, wie wenn ein Fußballer vom Platz geht und nicht so glücklich ist, da lässt man seinen Gefühlen freien Lauf", sagte Vettel, der im Team-internen Duell nun schon 15 Punkte zurück ist. Wie es zu erwarten gewesen war, wollte keiner der Unfallbeteiligten die Schuld an dem Crash auf sich nehmen. "Ich war überrascht davon, wie schnell er nach rechts gezogen hat. Im Bruchteil einer Sekunde kann man da nicht mehr reagieren", gab Webber an.

Vettels Erklärungen fielen etwas ausschweifender aus: "Für mich war die Situation ziemlich eindeutig. Ich hatte schon zwei, drei Runden vorher das Gefühl, dass ich schneller kann. Also bin rangefahren. Als ich dann die Möglichkeit hatte, zum Überholen anzusetzen, habe ich das getan.

Als ich auf der inneren Seite schon fast an ihm vorbei war, habe ich mich nur noch konzentriert, den richtigen Bremspunkt zu finden. Völlig überraschend habe ich dann das Auto verloren. Auf den Fernsehbildern sieht man, dass wir Kontakt hatten. Als übertrieben optimistisch wollte er die Aktion nicht bewerten.

"Ich denke, ich war nicht zu übereifrig", verteidigte Vettel sich:

"Wir sind hier, um Rennen zu fahren. Leider Gottes passiert so etwas manchmal."

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Seine Titelansprüche hat er mit dem Angriff unterstrichen, untermauert aber hat er sie damit nicht - so viel ist klar. Bei der detaillierten Schuldfrage aber gehen die Expertenmeinungen auseinander. "Das war nicht ohne zwischen Teamkollegen", kommentierte Mercedes-Fahrer Nico Rosberg die Szene, für deren schlechten Ausgang für ihn Vettel verantwortlich war: "Für mich ist das sehr deutlich: Mark hat sich nicht bewegt, Sebastian geht von der weißen Linie weg. Das ist ganz klar sein Fehler."

Niki Lauda sah es ähnlich: "Webber war in Führung. Er ist in der Fahrbahnmitte geblieben und hat Sebastian so signalisiert - ich lasse dich nicht vorbei. In meinen Augen war Sebastian da zu aggressiv." Auch RTL-Experte Christian Danner urteilte: "Webber fährt kerzengerade, Vettel zieht rüber. Damit verursacht er die Kollision." Sky-Fachmann

Marc Surer hingegen fand: "Für mich sind beide Schuld. Deinen Teamkollegen drückst du nicht einfach auf die Wiese." Lotus-Technik

Mike Gascoyne meinte gar: "Das war verrückt von Webber."

Der Ingenieur warnt nicht

Teamintern wurde aber ein ganz anderer als Schuldiger ausgemacht: Mark Webbers Renningenieur. Er hätte seinen Fahrer warnen müssen, dass der Kollege so schnell daherkommt, verriet Red- Bull-Motorsportberater Helmut Marko, der die Meinung vertritt: "

Unter Team- kollegen hätte Mark so ein Manöver nie machen sollen." Der Zwist im Bullen-Rennstall dürfte damit erst so richtig Fahrt aufnehmen.

© SZ vom 31.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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