Fifa-Affäre zur WM-Vergabe:Richter Eckert sollte abtreten

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Einst engagiert, heute ernüchtert: die ehemaligen Fifa-Ermittler Michael Garcia (li.) und Hans-Joachim Eckert, hier bei einer Pressekonferenz zu Beginn ihrer Amtszeit. (Foto: Sebastien Bozon/AFP)

Michael Garcia ist längst nicht der einzige, der am fehlenden Reformwillen des Fußball-Weltverbands Fifa gescheitert ist. Nach dem Rücktritt des Chefermittlers richten sich die Blicke mehr denn je auf den Münchner Richter Hans-Joachim Eckert.

Ein Kommentar von Thomas Kistner

Michael Garcia hat die Tür zugeknallt. So, wie es 2011 sein Vorgänger Günter Hirsch tat: Der frühere Präsident des Bundesgerichtshofes hatte das Ethik-Mandat in der Fifa niedergelegt, weil sich bei ihm der Eindruck "gefestigt hatte, dass die Verantwortlichen der Fifa kein wirkliches Interesse haben, eine aktive Rolle bei Aufklärung, Verfolgung und Vorbeugung von Verstößen gegen das Ethikreglement zu spielen". Dieser Kernvorwurf findet sich nun auch im Abschiedsbrief des einstigen US-Bundesanwalts Garcia wieder.

Hirsch, der hohe deutsche Richter, und Garcia, der Terroristen und Bad-Banker jagte, stehen nicht allein mit ihrem Befund. Ähnlich klingt auch der Basler Compliance-Experte Mark Pieth, der als Chef des (2013 eingestellten) Fifa-Reformkomitees selbst wiederholt vorgeführt worden war: Etwa, als Sepp Blatters Fußballvorstand ihm gleich alle vier Vorschläge für die Besetzung der neu kreierten Ethik-Ermittlungskammer ablehnte. Den Job bekam dann Garcia, von dem sich die Funktionäre mehr sportpolitische Konzilianz erhofften.

Rücktritt von Chefermittler Garcia
:Fifa nähert sich "der Hölle"

Harte Kritik am Fußball-Weltverband Fifa: Nach dem Rücktritt von Chefermittler Michael Garcia im Streit um die Vergaben der Fußball-WM 2018 und 2022 reagieren vor allem Vertreter aus Europa schockiert. In Marrakesch kommt die Exekutive der Fifa zusammen.

Anfangs war er konziliant. Vor allem, als es um Blatters Mitwisser-Rolle in der großen Korruptionsaffäre um die frühere Fifa-Hausagentur ISL ging. In dieser Causa liefen in der Schweiz sogar Strafermittlungen, an deren Ende Anno 2010 die Fifa 2,5 Millionen Franken zahlen musste. Das Ende der Fifa-Ethikuntersuchung zur ISL-Affäre aber ziert ein bizarres Verdikt der Spruchkammer: Blatter habe sich nur "ungeschickt" verhalten, fand Garcias Kollege Hans-Joachim Eckert.

Der Münchner Richter pflegte schon damals jene fürsorgliche Milde gegenüber Blatter, mit der er nun eine Implosion ausgelöst hat: Garcias Rückzug. Bei Blatter-Versteher Eckert hat sich die Ethik-Regelkunde in eine Geheimwissenschaft verwandelt, die kaum jemand außerhalb der Fifa noch versteht. Jedoch verfehlt jede Rechtsprechung ihr Ziel, wenn sie nicht nachvollziehbar ist. Erst recht, wenn sie stets zur größten Zufriedenheit der Fifa-Spitze ausfällt - eines Gremiums, das wegen seiner Affärendichte längst als globales Synonym für Korruption gilt.

Auch Eckert sollte abtreten: Weil er Fragen schafft, wo es Klarheit braucht, und weil er eigene Schlüsse aus Garcias Schritt zu ziehen hat.

© SZ vom 19.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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