Felipe Massa verlässt Ferrari:Der 30-Sekunden-Weltmeister muss gehen

Lesezeit: 3 min

Abschied von Ferrari: Felipe Massa. (Foto: Getty Images)

Felipe Massa fuhr schon gemeinsam mit Michael Schumacher bei Ferrari. Doch nun holt der italienische Rennstall Kimi Räikkönen zurück - vermutlich, weil sie dem Finnen zutrauen, was Massa viel zu selten gelang: Rennen zu gewinnen.

Von Michael Neudecker

Luca Cordero di Montezemolo war dieser Tage bei der Automobilmesse IAA in Frankfurt, und natürlich wurde er, der Ferrari-Chef, auch dort gefragt, wie es denn nun weitergehe: Wer in der kommenden Saison der Formel 1 der zweite Ferrari-Fahrer neben Fernando Alonso sei? Er habe noch am Abend ein Meeting mit dem Wunschkandidaten, sagte Luca Cordero di Montezemolo, er versuche, ihn zu überzeugen und werde es der Presse mitteilen, sobald Einigung erzielt sei. Ach so: Der Name des Kandidaten sei übrigens Michael Schumacher.

Luca Cordero di Montezemolo begegnet ernsten Fragen gerne mit Ironie, er hat das schon oft getan; selbstverständlich war das mit Schumacher nur ein Scherz. Michael Schumacher genießt sein Pensionärs- leben, wie zu hören ist, er spielt Fußball, sortiert seine noch immer zahlreichen Angebote aus der Wirtschaftswelt, und er denkt gar nicht daran, noch einmal in die Formel 1 zurückkehren, trotz immer noch großer Verbundenheit zu jener Marke, mit der er seine größten Erfolge feierte.

Jeder in der Formel 1 weiß das, aber nicht nur deshalb hat niemand Montezemolo den Schumacher-Scherz abgenommen. Jeder in der Formel 1 ahnte ja auch, was Ferrari am Mittwochnachmittag endlich offiziell bestätigte: dass der Wunschkandidat Kimi Räikkönen ist. Nun also haben sie Einigung erzielt, Räikkönen wird, wie Ferrari mit- teilte, seinen bisherigen Arbeitgeber Lotus verlassen und in den kommenden zwei Jahren wieder für die Roten antreten.

Formel 1
:Räikkönen kehrt zu Ferrari zurück

Kimi Räikkönen wird in der kommenden Saison wieder für Ferrari ins Cockpit steigen. Das bestätigt der Rennstall nun offiziell. Der einstige Weltmeister wird den Brasilianer Felipe Massa ablösen.

Bliebe noch eine Frage, deren Antwort kaum jemand kennt: Die Frage, was das für Felipe Massa bedeutet.

Der Brasilianer hat schon am Dienstagabend bekanntgeben dürfen, dass er Ferrari verlassen werde. Er ist seit 2006 bei Ferrari, nur Schumacher ist noch häufiger für die Marke gestartet als er, und wenn die nun noch sieben verbleibenden Rennen dieser Saison vorbei sind, kann es gut sein, dass Massa die Formel 1 verlässt. Zuletzt, als sich sein Abschied von Ferrari schon abzeichnete, hat er immer wieder betont, kommende Saison nur für ein Spitzenteam fahren zu wollen, und in den Spitzenteams sind alle Cockpits vergeben. Offen ist nur Räikkönens Nachfolge bei Lotus, dem Vernehmen nach aber soll dafür der Deutsche Nico Hülkenberg favorisiert sein, der neun Jahre jünger ist und wohl günstiger wäre als der 32-jährige Massa.

Nico Hülkenberg fährt gerade für Sauber, er fährt in seinem dritten Formel-1-Jahr; Felipe Massa ist im elften Jahr, und er war schon mal Weltmeister. Wenn auch nur für 30 Sekunden.

Die 30-Sekunden-Episode wird jetzt wieder häufiger zur Sprache kommen, sie hängt ja in gewisser Weise auch damit zusammen, dass Ferrari sich für Räikkönen und gegen Massa entschied. 2008, beim Saisonfinale in Brasilien, gewann Massa das Rennen, und weil der vor dem Rennen noch um sieben WM-Punkte bessere Lewis Hamilton da nur auf Rang sechs lag, feierten sie in der Ferrari-Box schon, sie lagen sich in den Armen, Massas Familienangehörige sprangen aufgelöst umher.

Aber dann, in der vorletzten Kurve, überholte Hamilton den Deutschen Timo Glock, er überquerte die Ziellinie 30 Sekunden nach Massa als Fünfter - und wurde mit einem Punkt Vorsprung Weltmeister. Im Internet kann man sich die Bilder anschauen, wie sie in der Box jubeln, wie irgendjemand auf den Fernseher blickt, etwas sagt, und wie sie dann plötzlich ganz ruhig werden; und draußen stellt Felipe Massa sein Auto im Parc Fermé auf dem Platz des Siegers ab, er öffnet sein Visier und beginnt zu weinen.

Zehn Zylinder der Formel 1
:Alonso klagt über Vettels Rücklicht

Fernando Alonso fühlt sich geblendet, kann aber nicht verhindern, dass Sebastian Vettel in der ewigen Siegerliste mit ihm gleichzieht. Die Ferrari-Fans locken Kimi Räikkönen mit Hochprozentigem, Flavio Briatore gibt ein überraschendes Comeback. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Monza

2008 war Massas bis dahin stärkstes Jahr. Das Problem ist allerdings, dass er auch nachher nie wieder so gut war.

2009 fiel er sieben Rennen aus, nachdem ihm eine 840 Gramm schwere Stahlfeder gegen den Kopf geflogen war und sein Helm ihm das Leben rettete, er hat noch heute ein Narbe über dem linken Auge. Er gewann kein Rennen mehr seit Brasilien 2008, er wurde in den vergangenen viereinhalb Jahren zwar sechs Mal Dritter und drei Mal Zweiter, aber zweite und dritte Plätze sind wie früher Uefa-Pokal-Siege für den FC Bayern, ganz okay, aber nicht das, wofür man Geld ausgibt.

Für Kimi Räikkönen gibt Ferrari nun wohl viel Geld aus, für Räikkönen dürfte dies der letzte große Vertrag seiner Karriere sein, er wird bald 34. Für seine Rückkehr springt Ferrari aber vor allem emotional über seinen Schatten, die Trennung 2009 verlief ja nicht gerade einvernehmlich: Ferrari kündigte ihm damals, weil ihm das Auftreten einer Führungspersönlichkeit fehlt.

Eine Führungspersönlichkeit ist Kimi Räikkönen immer noch nicht, aber inzwischen ist das egal. Kimi Räikkönen braucht das Team nicht zu führen, sie haben ja auch noch Fernando Alonso. Er braucht nur das zu tun, was sie Felipe Massa nicht mehr zutrauen: gewinnen.

© SZ vom 12.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: