FC Bayern:Doch dann kam Hobbs

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Ein Spiel mit mehr als einer kuriosen Wendung: Die Mannschaft des FC Bayern München (hier setzt Jared Cunningham zu einem Korbversuch an) lag gegen Bamberg 31 Sekunden vor Schluss mit sechs Punkten zurück. (Foto: Lackovic/imago)

Die Basketballer setzen sich in einem verrückten Spiel nach Verlängerung gegen Bamberg durch und erreichen die Pokalendrunde in Ulm.

Von Matthias Schmid

Daniel Hackett wusste in diesem Moment, dass es ein sinnloser Wurf war, eine Verzweiflungstat. Aber nicht von der Mittellinie zu werfen, hätte nicht zum Arbeitsethos des Bamberger Spielmachers in den letzten 2,2 Sekunden des Spiels gepasst, nicht zu diesem hinreißend verrückten Basketballspiel mit irren Wendungen und grotesken Ballverlusten in den entscheidenden Phasen. Der FC Bayern stand bei Hacketts Wurf schon als Sieger fest, sie führten im Viertelfinale des Pokals gegen den Titelverteidiger und deutschen Meister Brose Bamberg nach zwei Freiwürfen von Stefan Jovic zu diesem Zeitpunkt mit 101:97 in der Verlängerung (44:44/86:86). Die Begegnung war Werbung für den deutschen Basketball, ein vorweggenommenes Finale, aber die Münchner stehen nach dem Erfolg über ihren oberfränkischen Rivalen erst im Halbfinale, beim Finalturnier der besten vier Mannschaften werden sie am 17. Februar in der Neu-Ulmer Arena auf den Gastgeber Ratiopharm Ulm treffen, im anderen Duell stehen sich Alba Berlin und Medi Bayreuth gegenüber. "Die Zuschauer waren verrückt heute", sagte Bayern-Profi Reggie Redding, der mit 24 Zähler die meisten Zähler sammelte, nach dem Spiel, "wir haben irgendwie noch einen Weg zurück ins Spiel gefunden."

Die Bamberger auf der Bank schwenkten schon euphorisch und siegessicher ihre Handtücher

Die Bamberger waren nach der Schlusssirene schnell in der Kabine verschwunden, sie hatten einen schon sicher geglaubten Sieg verspielt. In der regulären Spielzeit hatten sie 31 Sekunden vor der Schlusssirene mit 86:80 geführt, die Spieler draußen auf der Bank feierten schon im Stehen und schwenkten euphorisch und siegessicher ihre Handtücher. Doch dann kam Braydon Hobbs, dieser unverschämt lässige Typ - und traf einen Dreier. Kurze Zeit später spielte Bambergs erfahrenster Spieler, Nikos Zisis, einen Fehlpass. Nihad Djedovic schnappte sich den Ball und zog zum Korb, bei seinem Korbleger wurde er noch von Maodo Lo gefoult. Den Bonusfreiwurf verwandelte Djedovic zum 86:86. Verlängerung. Das Spiel war wieder völlig offen. In den letzten fünf Minuten der Partie waren die Bayern cleverer, glücklicher - und revanchierten sich damit für die 71:74-Niederlage Pokalfinale vor einem Jahr.

Von Beginn an hatte sich ein temporeiches Spiel entwickelt, eine Partie, in der vor allem beide Mannschaften in der Offensive brillierten. Den Trainern konnte das nicht gefallen, es war eine Begegnung, die zunächst eher an eine Vorführung der Harlem Globetrotters erinnerte, ohne große defensive Anstrengung, ohne robuste Körperlichkeit, mit Hang zur Sorglosigkeit. Die Spieler nutzten die ungewohnten Freiräume und verwandelten ihre Distanzwürfe, als wären sie Freiwürfe. Bamberg ging folgerichtig nach einem Dreier von Nikos Zisis mit 14:11 in Führung, es war der vierte erfolgreiche Wurf für die Gäste von jenseits der 6,75 Meter entfernten Dreierlinie, bei fünf Versuchen. Und die Münchner? Taten es ihnen gleich. Milan Macvan traf zum 21:20 - natürlich mit einem Dreier. Dass die Bamberger das erste Viertel mit einem Fünf-Punkte-Vorsprung beendeten, lag an ihrer fast perfekten Trefferquote aus dem Feld, nur ein Fehlwurf leisteten sie sich, ein famoser Wert, den Bambergs Trainer Andrea Trinchieri nur vor dem Fernseher verfolgen konnte, sie hätten die Würfe wohl auch mit verbundenen Augen getroffen. Nach seiner komplizierten Schulter-Operation ein paar Tage zuvor fällt der Italiener auf unbestimmte Zeit aus, ihn vertritt in der Zeit der Rehabilitation sein langjähriger Assistenztrainer Ilias Kantzouris.

Die Frage war zeitweise: Wer würde auf groteskere Weise den Ball verlieren?

Der Grieche musste dann im zweiten Viertel mitansehen, wie sich die Werte seiner Mannschaft verschlechterten, da aber auch die Bayern nicht viel besser trafen, blieb das Spiel ausgeglichen und auf ungewöhnliche Weise spannend. Trafen beide Teams im ersten Viertel noch schlafwandlerisch sicher, überboten sie sich plötzlich an kuriosen Ballverlusten, es hatte schon was von Slapstick. Die Frage in dieser Phase war, wer konnte auf noch groteskere Weise den Ball verlieren? Bayerns Jared Cunningham verstopfte sich beim Dunk und Bambergs Augustine Rubit prellte sich den Ball auf den Fuß. Münchens Cheftrainer Aleksandar Djordjevic versuchte, mit einer Auszeit das Spiel seiner Spieler zu beruhigen. Seine Worte kamen bei den Spielern allerdings nicht so an, wie er sich erhofft hatte, sodass beide Teams mit einem 40:40 in die Pause gingen. Es sollte dann ein denkwürdige, intensive und hochklassige zweite Hälfte folgen.

© SZ vom 22.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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