FC Bayern:Befreit vom Ballast

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Zwei Trainer, zwei Stile: Dass FC-Bayern-Coach Carlo Ancelotti (links) sich von seinem Vorgänger Pep Guardiola unterscheidet, zeigt sich nicht nur in der Wahl der Kleidung. (Foto: Lennart Preiss/Getty Images)

Pep Guardiola kehrt als Trainer von Manchester City noch einmal zum FC Bayern zurück, um sich endgültig zu verabschieden - er geht als gelöster Mann, der wieder zu sich gefunden hat.

Von Benedikt Warmbrunn, München

Die Worte, mit denen sich Pep Guardiola endgültig aus der Münchner Arena verabschiedete, hatte er schon oft gesprochen, aber doch waren sie an diesem Abend anders. Wenn Guardiola sie in den vergangenen drei Jahren ausgesprochen hatte, waren sie meist die Worte eines Mannes, der gerade nicht wusste, wie sehr er seinen Gesprächspartnern vertrauen konnte, und den dieses Misstrauen manchmal zerriss. An diesem Abend jedoch waren diese vier Worte das letzte Zeichen dafür, dass sich da einer verabschiedete, der gelöst war, der wieder zu sich gefunden hatte, der sich verabschiedet hatte von all dem inneren Ballast, der sich in den drei Jahren in München aufgebaut hatte.

Pep Guardiola sagte: "Es tut mir leid." Dann war er weg.

In den drei Jahren hatte er diese Entschuldigung genutzt, um seinen Zuhörern bei den Presserunden zu sagen, dass er nichts zu sagen habe. Zum Beispiel über verletzte Spieler oder Spieler, die gehen könnten, oder über Spieler, die kommen könnten. Es tue ihm leid, er sei nicht Klubboss Karl-Heinz Rummenigge, er sei kein Arzt, er sei nicht der Sportvorstand. Es war eine Entschuldigung, die eigentlich eine Anklage war, der Vorwurf, dass die Journalisten ihn belästigten mit Fragen, die nichts mit dem zu tun hatten, was ihn umtrieb: das Spiel seiner Mannschaft.

Carlo Ancelotti wirkte fast eingeschüchtert von der Aura seines Vorgängers

Am Dienstagabend allerdings entschuldigte sich Guardiola, obwohl es nichts zu entschuldigen gab. Er hatte offen über alles geredet, nun beantwortete er sogar eine Frage, auf die er die Antwort kaum wissen konnte. Es ging um Mario Götze, den Guardiola drei Jahre lang in München trainiert hatte, und um Thomas Tuchel, der Götze nun in Dortmund trainieren darf - ob Tuchel wohl eine Idee für Götze habe? "Das ist eine gute Frage für Thomas, eine sehr gute Frage für Thomas", sagte Guardiola. "Ich bin die falsche Person", fügte er hinzu, und obwohl er nun mehr gesagt hatte, als von ihm verlangt worden wäre, verabschiedete er sich mit seinen berühmten vier Worten. Er wirkte so, als tue es ihm wirklich leid, dass er nicht mehr sagen konnte.

Mit dieser Entschuldigung endete ein bizarrer Abend in dieser Arena. Der FC Bayern hatte ein Testspiel gegen Manchester City 1:0 gewonnen, aber darum ging es an diesem Abend nicht. Das eigentliche Thema war die Rückkehr von Pep Guardiola nach München, drei Wochen nachdem dessen Vertrag beim FC Bayern ausgelaufen war. Er, der neue Trainer von Manchester City, traf auf seinen Nachfolger Carlo Ancelotti, dem in seinem ersten Heimspiel in der Arena die Hauptrolle verwehrt blieb. Auch wenn der Italiener deutlich machte, dass ihm nicht bange ist vor der Aufgabe, Guardiolas Werk in München fortzuführen. So veränderte er etwa die taktische Formation, seine Mannschaft spielte mit einem 4-3-3. Viel mehr sportliche Aussagekraft hatte dieser Abend jedoch nicht, in beiden Teams fehlten ja zahlreiche EM-Teilnehmer.

Wie ungewöhnlich diese Begegnung zwischen dem alten und dem neuen Trainer war, das zeigte sich vor allem bei der Pressekonferenz. Da war Guardiola, der Gästetrainer, derjenige, der sich wohlfühlte, der keine Antwort scheute, nicht einmal zum Schalker Leroy Sané ("Er weiß von unserem Interesse") oder zum Dortmunder Rückkehrer Götze ("Super Typ", "Wenn er gespielt hat, hat er gut gespielt"). Guardiola plauderte vergnügt, befreit von der Gefahr, dass ihm das nachhängen könnte, was er gerade sagte. Er berichtete kundig vom Münchner Nachwuchsspieler Fabian Benko, den er erstmals zu den Profis geholt hatte, überhaupt war ja alles noch so, wie er es zurückgelassen hatte. "Ich bin noch mal nach Hause zurückgekommen", sagte Guardiola. So sehr freute er sich darüber, dass er während einer Antwort auf Englisch einmal im Deutschen nach dem rettenden Wort suchte. Doch dieser glückliche Heimkehrer erschwerte dem neuen Trainer auch ein kleines bisschen den Auftritt.

Ancelotti redete ausschließlich auf Englisch, er gab knappe, höfliche, kaum greifbare Antworten, die ihm ganz sicher nicht nachhängen können. Der Witz, den er in seinen ersten Münchner Tagen angedeutet hatte, war wieder ganz verschwunden, Ancelotti wirkte fast eingeschüchtert von der Aura seines Vorgängers. Nur einmal, da beeindruckte er sogar Guardiola mit seiner ungekünstelten Lockerheit. "Ich war aufgeregt wie am ersten Schultag", sagte er, seine Mimik blieb gleichbleibend gleichgültig. Doch Pep Guardiola verstand seinen Nachfolger. Er schmunzelte.

© SZ vom 22.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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