Erste Woche der BBL-Playoffs:Die Grenze des Erlaubten

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Pfiffe gegen Hamann, unaufmerksame Berliner, gelähmte Bayern, harte Würzburger: Die ersten Spiele der BBL-Playoffs hatten einiges zu bieten, vor allem im Bereich des Unerwarteten. So stehen beispielsweise die Basketballer aus Berlin und München schon in der ersten Runde vor dem Playoff-Aus.

Joachim Mölter

Kaum, dass feststand, wer in den Playoffs der Basketball-Bundesliga gegen wen anzutreten hatte, entwarfen die Anhänger von Meister Bamberg ein hübsches Szenario. In dem zeichneten sie den Weg zur erfolgreichen Titelverteidigung so vor: In der Viertelfinalserie die gerade noch so in die K.o.-Runde gerutschten Bonner aus dem Wettbewerb kicken, im Halbfinale den aufstrebenden FC Bayern München in die Schranken weisen und im Finale dann dem Altmeister Alba Berlin zeigen, wo die Hauptstadt des deutschen Basketballs liegt.

Münchens Jared Homan im Spiel gegen die Artland Dragons: Brenzlige Situation (Foto: Bongarts/Getty Images)

So weit der Plan auf dem Papier. Die Umsetzung auf dem Parkett gestaltet sich erwartungsgemäß schwierig, weil dabei immer ein Gegner ins Spiel kommt, der andere Pläne hat.

Die Brose Baskets Bamberg verloren gleich mal ihr erstes Heimspiel gegen Bonn, und das, nachdem sie bis dahin im Ligabetrieb 49 Mal nacheinander ihre eigene Halle als Sieger verlassen hatten. Das war die erste Überraschung der Playoffs gewesen. Die Bamberger sind nach zwei Erfolgen (67:53 am vorigen Mittwoch und 102:92 am Samstag) zwar wieder auf dem vorgeschriebenen Kurs - aber dafür patzen die vorgesehenen Halbfinal- und Finalgegner: Sowohl der FC Bayern als auch Alba Berlin sind seit Samstag in ihren Best-of-five-Serien mit 1:2 Siegen im Rückstand; bei einer weiteren Niederlage im vierten Vergleich am Dienstagabend ist die Saison für diese beiden namhaften Klubs schon vorbei.

Während das 67:83 von Aufsteiger FC Bayern beim Vorrunden-Vierten Artland Dragons Quakenbrück nicht gerade als die große Sensation bezeichnet werden kann, war die 84:91-Heimniederlage von Berlin gegen den zweiten Aufsteiger, die Baskets Würzburg, schon die zweite Überraschung des Viertelfinales. Die Gäste nutzten dabei eine Phase Berliner Unaufmerksamkeit, um aus dem 60:60 (28. Minute) innerhalb von 88 Sekunden ein 67:60 zu machen - diesen Vorsprung verteidigten sie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. Und die sind sehr unkonventionell, wie Alba-Geschäftsführer Marco Baldi den aggressiven Stil der Würzburger umschreibt: "Sie testen immer die Grenze des Erlaubten aus." Das sei zwar durchaus legitim, fügt er hinzu: "Aber wir kommen damit nicht gut zurecht."

Baldi ahnt, dass es am Dienstag nicht leicht werden wird, das Playoff-Aus zu verhindern. "Die Würzburger haben jetzt den festen Glauben, dass sie die Serie für sich entscheiden können", sagt er. Das habe sich seine Mannschaft allerdings selbst zuzuschreiben: "Wir haben sie wachsen lassen. Sie sind jetzt sehr selbstbewusst." Zudem erschwere die Atmosphäre in der engen, nur 3150 Zuschauer fassenden Würzburger Arena das Vorhaben. Bereits in der zweiten Partie der Serie, die für Berlin 66:79 verloren ging, stellte Baldi fest, dass sich die Unparteiischen von der Stimmung dort beeinflussen ließen: "Bei jedem Windhauch ist ein Würzburger umgefallen und die Halle hat getobt - wir hatten sieben Offensivfouls gegen uns." Ungewöhnlich viel. Den nächsten Besuch am Dienstag hat Marco Baldi nun als eine Art Charaktertest für seine Mannschaft deklariert: "Jetzt wird sich zeigen, wie weit sie gereift ist, welche Mentalität sie hat."

Das Duell zwischen den Artland Dragons und dem FC Bayern war schon nach der zweiten Partie zur Charakterfrage geworden: In der war Artlands Spielmacher David Holston nach einer Tätlichkeit gegen Bayern-Kapitän Steffen Hamann disqualifiziert und für die dritte Begegnung gesperrt worden. In Quakenbrück werfen sie Hamann wegen seines theatralischen Umfallens Schauspielerei vor; entsprechende Plakate signalisierten ihm das am Samstag, schrille Pfiffe begleiteten jede Ballberührung. Bayern-Trainer Dirk Bauermann kritisierte nachher: "Hamann so an den Pranger zu stellen und eine derartige Hexenjagd auf ihn zu veranstalten, war niveaulos."

Aber offenbar ließ sich seine Mannschaft von der hitzigen Atmosphäre in der ebenfalls kleinen, nur 3000 Zuschauer fassenden Quakenbrücker Halle erst einmal beeindrucken: Sie lag jedenfalls schon nach einer Viertelstunde mit 26 Punkten zurück (17:43). "Wir waren sicher etwas gelähmt", gab Bauermann angesichts der tobenden Menge zu, fand aber auch: "Quakenbrück hat den Vorfall clever instrumentalisiert." Für das wichtige Heimspiel am Dienstag wünscht sich der 54-Jährige nun ebenfalls "eine Stimmung, die brodelt - aber auf eine niveauvolle Art und Weise".

Wen die Bamberger Fans bei ihrer ersten Hochrechnung vor dem Playoff-Start übrigens überhaupt nicht auf dem Zettel hatten, ist das Team aus Ulm. Das zog am Sonntag dank des dritten Sieges im dritten Spiel gegen Braunschweig (85:76) ebenso mühelos wie unauffällig ins Halbfinale ein.

© SZ vom 14.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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