Eishockey-WM:Emotionen im Überfluss

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Verdutzter Jubel: Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft schlägt überraschend das US-Team. (Foto: Maxim Zmeyev/Reuters)

Trotz großer Verletzungssorgen gewinnt die deutsche Nationalmannschaft durch einen Treffer kurz vor Schluss gegen die USA und steht damit so gut wie sicher im Viertelfinale.

Als 33 Sekunden vor Schluss der Puck im Netz zappelte, waren die deutschen Eishockey-Nationalspieler am Ziel ihrer Träume. Nach dem Last-Minute-Treffer des NHL-Verteidigers Korbinian Holzer zum 3:2 (2:1, 0:1, 1:0) gegen die USA ist der Mannschaft von Bundestrainer Marco Sturm das Viertelfinale bei der WM in Russland praktisch nicht mehr zu nehmen. "Ich habe nicht ganz genau gesehen, ob er reingegangen ist. Aber als dann der Schiedsrichter auf Tor entschieden hat und meine Kollegen gejubelt haben, war es ein Emotionsüberfluss", sagte Holzer über seinen Siegtreffer.

Sollte am Montagnachmittag Frankreich wie erwartet gegen Titelverteidiger Kanada verlieren, ist der erste Viertelfinal-Einzug des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) seit fünf Jahren bereits perfekt. Im letzten Gruppenspiel am Montagabend (19.15 Uhr, Sport1) gegen Aufsteiger Ungarn könnte das Team mit einem Sieg sogar den dritten Tabellenplatz festmachen. "Wir wollen morgen ganz klar gewinnen und unsere Ausgangsposition weiter verbessern", erklärte Holzer.

Thomas Greiss zeigt erneut eine starke Leistung

Patrick Hager (3.) und Christian Ehrhoff (14.) hatten die weiteren Treffer zum ersten deutschen WM-Sieg gegen eine US-Auswahl seit dem Auftakttriumph bei der Heim-WM 2010 erzielt, als Deutschland erst im Halbfinale gestoppt wurde. Für die enttäuschenden Amerikaner, die mit 17 NHL-Profis und sechs talentierten College-Spielern bei der WM am Start sind, trafen Jake McCabe (11.) und Ausnahmetalent Auston Matthews (21.). "Sie sind auf einem anderen Level", hatte Sturm vorher vor den USA gewarnt.

Sein Team erarbeitete sich dann aber den erst achten Erfolg im 41. WM-Duell mit den Amerikanern durch entschlossenes Auftreten und erneute Effizienz im Torabschluss. Torwart Thomas Greiss, der mit 30 Jahren richtig durchstartet und bei den New York Islanders erstmals Stammtorwart eines NHL-Klubs geworden ist, zeigte insgesamt erneut eine starke Leistung. Nachdem Greiss zuvor gegen Weißrussland (5:2) zum Spieler des Spiels gewählt worden war, hatte NHL-Kollege Leon Draisaitl schon gelobt: "Er ist sehr, sehr wichtig für uns, strahlt eine super Ruhe aus."

Die DEB-Auswahl musste vor rund 4500 Zuschauern in der Jubileiny-Halle ohne drei verletzte Spieler auskommen. Vor allem der Ausfall von NHL-Profi Tobias Rieder, der wegen einer Knieverletzung ebenso wie der Wolfsburger Gerrit Fauser (Schulterprobleme) bereits die Heimreise angetreten hat, bedeutete eine Schwächung für die Mannschaft. Außerdem stand der Berliner Constantin Braun (Fußverletzung) nicht zur Verfügung.

Der Kölner Patrick Hager trifft gleich im ersten Powerplay

"Diese Ausfälle sind natürlich bitter. So etwas kann die Mannschaft aber auch zusammenschweißen", sagte Holzer. Das Verletzungspech schien das Team tatsächlich nicht zu verunsichern: Wie schon bei den starken Auftritten zuvor gegen Kanada (2:5), die Slowakei (5:1) und Weißrussland waren Draisaitl und seine Kollegen vom Start weg hellwach, aggressiv und gefährlich vor dem Tor. Gleich im ersten Überzahlspiel durften die rund 500 DEB-Fans jubeln: Daryl Boyle zog von der blauen Linie ab, und Hager drückte beim Nachschuss den Puck über die Linie.

Auch im Unterzahlspiel wussten die Deutschen zu überzeugen. Nachdem sich aber Patrick Hager und Nick Foligno eine Rauferei leisteten und beide für zwei Minuten auf die Strafbank mussten, war die deutsche Mannschaft kurz unsortiert und kassierte den Ausgleich. Der wieder einmal bärenstarke Ehrhoff sorgte mit einem Schlagschuss aber wieder für die Führung. Nur 26 Sekunden nach der ersten Drittelpause zeigte US-Jungstar Matthews bei seinem Überzahltreffer zum 2:2, warum er neben dem ebenfalls bei der WM teilnehmenden Finnen Patrick Laine als Top-Kandidat auf den Nummer-1-Pick beim nächsten NHL-Draft gilt. Danach gab es viel Leerlauf im Spiel, beide Teams gingen in der Offensive nicht mehr das große Risiko ein. Und dann traf Holzer.

© SZ vom 15.05.2016 / SZ, sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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