Finale der DEL:Böser Hund neckt Partylöwe

Lesezeit: 3 min

Geoff Ward (hi.): Mit Mannheim auf Titeljagd (Foto: Ronald Wittek/dpa)
  • Vor Beginn der Finalserie um die deutsche Meisterschaft werden die Mannheimer Adler fast automatisch als Favoriten gehandelt.
  • Dabei hat Ingolstadt in allen Bereichen ähnliche Qualitäten - und einen ebenso starken Trainer.
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Von Johannes Schnitzler

Larry Huras, 59, Chefcoach des ERC Ingolstadt, ist ein stolzer Mann. Als Verteidiger war der Kanadier dreimal französischer Meister, als Trainer sogar viermal. Drei Titel in der Schweiz, ein Erfolg beim Spengler-Cup und mehrere internationale Siege runden seinen Rekord ab. Huras' Spitzname lautet "big dog" - ein Name wie gemacht für einen Häuptling.

Nur in Deutschland muss Huras mit einem Makel leben. Nach einem frustrierenden 2:4 Anfang Januar in München platzte dem hochdekorierten Eishockeylehrer dann der Kragen. "Sagt der DEL, dass mein Name nur mit einem R geschrieben wird!", bellte Huras die Journalisten an, er war in diesem Moment ein furchtbar großer, furchtbar böser Hund. Auf den Spielberichtsbögen der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) wird Huras' Name konsequent falsch geschrieben: Hurras, mit zwei R.

Geoff Ward ist das Gegenteil. Wie einer, der gestern in seinem Federbett eingeschlafen und heute in einem Indianer-Tipi aufgewacht ist, steht der 53-Jährige an der Bande der Mannheimer Adler: Nanu? Wie sieht das denn aus hier? Mhm, amüsant. Nur zweimal wurde Ward lachend erwischt: nach dem entscheidenden vierten Sieg im Halbfinale gegen Wolfsburg. Und vor vier Jahren, als er als Assistenz-Coach bei den Boston Bruins den NHL-Titel gewann. Ein Foto, wie er den Stanley Cup stemmt, ziert sein Profil bei WhatsApp.

An diesem Freitag (19.30 Uhr) empfängt Vorrundensieger Mannheim Titelverteidiger Ingolstadt zum ersten Finalspiel in der Best of 7-Serie. Die Experten sind sich einig: Mannheim ist Favorit. Wenn der Gegner nicht Ingolstadt heißen würde. Eine Gegenüberstellung.

Die Trainer

Huras und Ward kennen sich gut. Beide stammen aus Ontario und besuchten gemeinsam das Trainerseminar in Quebec. Ward, geboren in Waterloo, war nie Profi und setzte früh auf die Trainerkarte. Was für seine Zielstrebigkeit spricht. Dagegen spricht, was Huras diese Woche einer Ingolstädter Zeitung erzählt hat: "Er war ein echter Playboy", ein Partylöwe mit langen Haaren. Und weil er schon mal ins Plaudern geraten war, verriet Huras noch, dass der coole Herr Ward während des Unterrichts hinter seiner Sonnenbrille des Öfteren ein Nickerchen gehalten habe.

Wilde Zeiten waren das in der kanadischen Provinz. Wer Ward heute sieht, hat einen Vater von vier Kindern vor sich. Wie ein Playboy wirkt er nicht, auch wenn er zugibt: "Wir hatten viel Spaß damals." Sein erstes Engagement in Deutschland beim Zweitligisten Nauheim endete 2001 vorzeitig, auch in Iserlohn wurde er nicht glücklich. In Boston war er es. Aber nach sieben Jahren habe er das Gefühl gehabt, "dass ich eine Luftveränderung nötig hatte".

Seine Spieler führt er an der langen Leine, in seinen Ansprachen ist er verbindlich. Oder wie es Stürmer Ronny Arendt ausrückt: "Bei manchen Trainern sitzt man sich zwanzig Minuten den Arsch platt. Bei ihm weißt du sofort, was los ist."

Huras lässt schon mal Klub-Ikonen wie Thomas Greilinger sich ihre vier Buchstaben plattsitzen, auf der Tribüne.

Die Formkurve gibt ihm recht. Dennis Endras, 29, kennt das Gefühl, in einem DEL-Finale zu stehen. 2010 ging sein Stern auf, als er zuerst mit den Augsburger Panthern völlig überraschend Platz zwei erreichte und bei der anschließenden Heim-WM zum wertvollsten Spieler gewählt wurde, als erster Deutscher überhaupt. Meister war Endras aber noch nicht. Der siebte Titel für Mannheim wäre für ihn der erste. Timo Pielmeier hat ihm diese Erfahrung voraus. Der 25-Jährige kam 2013 aus der zweiten Liga nach Ingolstadt und wurde auf Anhieb Meister. Vor zehn Jahren holte er den Titel in der Deutschen Nachwuchs-Liga - mit den Jungadlern Mannheim.

Die Nerven

Gegen Wolfsburg lagen die Adler dreimal 0:3 hinten - und gewannen jeweils noch das Spiel. Ein Novum. Aber: 2012 führte Mannheim in der Best of 5-Serie gegen Berlin bereits 2:1, lag 20 Minuten vor Schluss 5:2 in Führung - und verlor doch noch Spiel und Titel. Ingolstadt dagegen gab im Halbfinale das erste Spiel zu Hause gegen Düsseldorf ab, gewann danach aber viermal in Serie. Im Finale 2014 gegen die Kölner Haie lagen die Bayern bereits mit zwei Spielen zurück. Und wurden doch nach sieben Spielen erstmals Meister.

Patrick Hager hat für Ingolstadt bislang fünf Treffer erzielt.

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(Foto: Andreas Gebert/dpa)

Larry Huras, 59, Chefcoach des ERC Ingolstadt, kann ein furchtbar großer, furchtbar böser Hund sein: wenn man seinen Namen falsch schreibt.

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(Foto: Marc Müller/dpa)

Geoff Ward ist das Gegenteil. Der 53-Jährige ist Trainer der Mannheimer Adler und weniger emotional. Nur zweimal wurde Ward lachend erwischt.

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Dennis Endras, 29, kennt das Gefühl, in einem DEL-Finale zu stehen. Meister war er aber noch nicht.

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Timo Pielmeier hat ihm diese Erfahrung voraus. Der 25-Jährige kam 2013 aus der zweiten Liga nach Ingolstadt und wurde auf Anhieb Meister.

Die Special Teams

Mannheim kassierte die wenigsten Gegentore aller DEL-Teams. Auch in Unterzahl steht die Abwehr sicher, das war besonders gegen Wolfsburg, das beste Powerplay-Team der Liga, zu sehen. In Überzahl dagegen waren die Adler kraftlos: 31 Tore (Effizienz 14,6 Prozent), der drittschlechteste Wert der Vorrunde. Mittlerweile haben sie sich auf 23,3 Prozent gesteigert. Ingolstadt verteidigt ähnlich konsequent: Düsseldorf, dem zweitbesten Powerplay-Team der Vorrunde, gelang in fünf Halbfinalspielen ein einziger Treffer mit einem Mann mehr auf dem Eis. Die Powerplay-Quote der Panther sank indes von 19,2 auf 14 Prozent.

Die Tiefe des Kaders

Mannheims Ronny Arendt sagt: "Der Druck des Toreschießens lastet nicht nur auf den Schultern einer Reihe oder einzelner Spieler.In vier Halbfinalspielen trafen zwölf Spieler, die vierte Reihe bilden die Nationalspieler Jochen Hecht, Christoph Ullmann und Frank Mauer. Aber auch Huras hat Alternativen: Greilinger, John Laliberte, Brandon Buck und Patrick Hager kamen im Halbfinale auf 14 Treffer. Nationalspieler Hager, der gegen Düsseldorf seine Playoff-Tore fünf und sechs schoss, sagt: "Mannheim ist leichter Favorit. Aber wir werden uns nicht in die Hose machen."

Womöglich darf Geoff Ward sich also demnächst ein neues Profilbild suchen - mit DEL-Pokal. Falls ihm nicht Larry Huras den Titel wegschnappt. Er müsste nur darauf achten, dass sein Name in den Siegerlisten richtig geschrieben wird.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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