Eintracht Frankfurt:Hoffen auf den Zauberstab

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Frankfurt überzeugt in dieser Saison stets gegen die Großen - so wie am Samstag beim überraschenden 2:2 gegen die Bayern. Jetzt muss die Elf von Trainer Niko Kovac aber auch mal gegen einen Abstiegskandidaten punkten. Fehlt ihr dafür die Leidenschaft?

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Niko Kovac ist ein sehr höflicher Mensch, und deswegen ist stark anzunehmen, dass er sich über alle Präsente gefreut hat, die er zu seinem 45. Geburtstag am Samstag erhielt. Aber andererseits könnte es beim Auspacken der Geschenke doch den einen oder anderen Anflug von Enttäuschung gegeben haben. Denn nach Lage der Dinge war ein erwünschter Gegenstand schon wieder nicht dabei: ein kleiner schwarzer Zauberstab.

Am Samstag, nach dem 2:2 gegen den FC Bayern, saß Kovac im Frankfurter Stadion, es war ein Tag, an dem es insbesondere auch um das Thema "Einstellung auf dem Platz" ging. Kein Trainer der Welt habe einen Zauberstab in der Hand, den er alle drei Tage zur Motivation seiner Spieler einsetzen könne, tat Kovac kund - das müssten die Spieler schon selber tun. Das klang wie eine Solidaritätsadresse an den Kollegen Carlo Ancelotti, aber es war auch eine Solidaritätsadresse an sich selbst.

Über all die eigenen Chancen staunten sie auch bei der Eintracht

Kovac hat mit dem Auftritt seiner Elf natürlich sehr zufrieden sein dürfen. Zweimal gegen die Bayern zurückzuliegen und zweimal zurückzukommen, davon einmal in Unterzahl, das schaffen nicht viele. Und das Spiel demonstrierte durchaus, welche Entwicklung die Eintracht seit Kovac' Amtsantritt im März durchlaufen hat. Vor ungefähr einem Jahr hatte Frankfurt, noch unter Armin Veh, ebenfalls ein Remis gegen den FC Bayern erzielt, ein 0:0. Aber vom Ablauf her lassen sich die Spiele kaum vergleichen. Damals gingen die Frankfurter extrem defensiv zu Werke, und ungefähr in Minute 25 bedurfte es erster Ermahnungen an Torwart Lukas Hradecky, das Zeitspiel zu unterlassen. Diesmal agierte die Eintracht zwar auch aus einer arg defensiven Grundordnung, aber zugleich erspielte sie sich "so viele Chancen, dass meine Mannschaft das selbst nicht glauben konnte", wie Kovac sagte. Und Gelb wegen Zeitschinderei sah Hradecky branchenüblich erst in der Nachspielzeit.

Der Unterschied lag nicht nur an den schwachen Münchnern, sondern auch an Courage, Biss und spielerischer Leistung der Eintracht. Aber dennoch war das mit der Einstellung und der Motivation eine Sache, die auch Kovac betraf. Das Remis gegen die Münchner fügt sich nämlich ein in einen eigenartigen Saisonablauf. Die Frankfurter zeigen gute Leistungen gegen die vermeintlich oder tatsächlich besten Liga-Teams: 1:0 gegen Schalke, 2:1 gegen Leverkusen, 1:1 gegen Berlin und nun 2:2 gegen die Bayern. Aber sie schwächeln gegen die Mannschaften, die sich auf den Kampf um den Klassenerhalt konzentrieren müssen (0:1 in Darmstadt, 0:1 in Freiburg). Als Nächstes steht nun das Gastspiel beim Hamburger SV an, und auf einen Zauberstab hofft Kovac wohl auch in dieser Woche vergeblich. Er wird andere Methoden finden müssen, um seine Elf auf dem Niveau der Bayern-Partie zu halten.

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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