Eintracht Frankfurt:Gruß an Heribert

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Vom Fast-Absteiger zum Champions-League-Anwärter: Unter Trainer Niko Kovac ist bei Eintracht das Träumen wieder erlaubt, die Frankfurter feiern ihre Hinrunde.

Von Tobias Schächter, Frankfurt

Am Mittwoch besuchte Niko Kovac auf seinem Urlaubsweg in Richtung Süden entspannt das Spitzenspiel zwischen dem FC Bayern und RB Leipzig in München. Von dort aus fuhr der Trainer von Eintracht Frankfurt weiter in seine Wahlheimat Salzburg, um danach ein paar Tage in Kroatien zu entspannen. Kräfte sammeln sei angesagt in der Winterpause, sagt der 45-Jährige, denn: "Die Bundesliga zehrt ganz schön." Seit 8. März ist der ehemalige kroatische Nationaltrainer als Frankfurt-Coach in der Bundesliga tätig, in der er früher für die Bayern, den HSV, Leverkusen und die Hertha aus seiner Geburtsstadt Berlin ein unnachgiebiger Mittelfeldspieler war. Dass der Klub jüngst seinen Vertrag bis Juni 2018 verlängert hat, zeigt, dass Kovac sich etabliert hat.

Sogar die Champions League ist aktuell keine Utopie

Als er nach dem nur vom Ergebnis her souveränen 3:0 im Nachbarschaftsderby gegen Mainz seine neunmonatige Amtszeit Revue passieren ließ, war Kovac Stolz über das Erreichte anzumerken: "Wenn man sieht, wie wir den Klassenerhalt geschafft haben, die Mannschaft und den Klub verändert haben, dann bin ich sehr zufrieden", sagte er.

Mit dem Retter Kovac machte die Eintracht in der Relegation gegen Nürnberg "das Unmögliche möglich" (Kovac) und schaffte den Ligaverbleib. In der aktuellen Runde formte Kovac dann aus vielen Zugängen aus vielen Ländern schnell eine Einheit, die nun mit 29 Punkten weit oben in der Tabelle steht. "Wir haben etwas geschafft, womit niemand gerechnet hat", konstatiert der Trainer: "Das fühlt sich gut an." Ansonsten predigen Kovac und Vorstandsboss Fredi Bobic "Demut und Bodenhaftung", sprechen von einer "Momentaufnahme" und wollen neue Ziele erst nach Erreichen der 40-Punkte-Marke ausrufen.

Frankfurt ist vom Fastabsteiger zum Champions-League-Anwärter mutiert. Kovac baute eine disziplinierte, fitte, unbequeme Mannschaft; den Spielern macht es Spaß, für die Eintracht zu spielen: Nach David Abraham verlängerten nun Timothy Chandler (bis 2020) und Makoto Hasebe (2018) ihre Verträge. Kovac brach auch die Abhängigkeit von Torjäger Alexander Meier. Gegen Mainz fehlte der Routinier erkrankt, die Tore gegen die nach einem Platzverweis für Stürmer Cordoba (55./ Tritt gegen Abraham) dezimierten Mainzer schossen Branimir Hrgota (18./85.) und der eingewechselte Ayman Barkok (75.).

Mittlerweile hat die Eintracht auch auf der Bank starke Optionen. Jüngstes Beispiel ist der 18 Jahre alte Barkok. Bei der Bewertung dieses Talents gerät selbst Kovac ins Schwärmen: "Es gibt nicht viele wie ihn in der Bundesliga." Der Coach prophezeit dem in der Frankfurter Nordweststadt aufgewachsenen Jungen mit marokkanischen Wurzeln "ein sehr guter Fußballer, vielleicht auch international zu werden". Barkok hat erst vor zwei Monaten einen Profivertrag unterschrieben. In seinen bisherigen Kurzeinsätzen glänzt der wilde Vollblutkicker mit Tricks und Finten. Nach seinem Galaauftritt gegen Dortmund, erzählt Barkok, habe der Trainer ihm geraten, es mit Kunststückchen nicht zu übertreiben, denn es gebe in der Bundesliga Spieler, die das beleidige und die ihm dann wehtun könnten - vielleicht wäre ja sogar der Spieler Niko Kovac so einer gewesen: "Ich sage Aymen immer, er soll die Sachen sauber zu Ende spielen", sagt Kovac.

Kovac will, dass seine Mannschaft an ihren Aufgaben wächst; träumen sei ja erlaubt. Dabei wirkt es fast so, als wolle die neue Eintracht ihren langjährigen Vorstandsboss Heribert Bruchhagen widerlegen. Bruchhagen (künftig HSV-Chef) hatte in Frankfurt stets gepredigt, die ersten sechs Plätze der Tabelle seien zementiert. Aber da Teams wie Leverkusen, Schalke, Gladbach und Wolfsburg unter dem erwarteten Niveau spielen, ergibt sich für Mannschaften wie Berlin, Hoffenheim und - jaja - auch Frankfurt die historische Chance, an die Fleischtöpfe der Champions League zu gelangen. Kovac kontert diesen Gedanken defensiv: "Wir schauen auch nach unten: Warum sollten Ingolstadt oder Hamburg nicht so eine Rückrunde spielen wie wir in der Vorrunde?" Er weiß, er sei wegen solcher Äußerungen ein bisschen langweilig, scherzte Kovac noch, bevor er sich aufmachte. Die Entwicklung der Eintracht ist dagegen spannend.

© SZ vom 22.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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