Eintracht Frankfurt:Aufbruch mit Augenzwinkern

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Freude über frisches Geld und über neue Spieler. Armin Veh umarmt Stürmer Luc Castaignos, der von Twente Enschede kam. (Foto: imago/Jan Huebner)

Dank Armin Veh machen sich die Hessen wieder Hoffnungen. Der Personaletat wächst auf 38 Millionen Euro an, dank des Trapp-Verkaufs. Ein neuer Torwart ist auch endlich gefunden.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Es war nur ein Kurzbesuch am Rande des Trainingsplatzes, der aber viel über das neue Betriebsklima bei der Frankfurter Eintracht aussagte. Auf dem Gelände an der Wintersporthall, im Schatten der Frankfurter Arena, hatte sich am Freitagvormittag auch der neue Aufsichtsratschef Wolfgang Steubing Zutritt verschafft. Schnurstracks ging der Wertpapierhänder zu Armin Veh, legte irgendwann fast väterlich die Hand um die Hüfte des Fußballlehrers. Dann lachten die beiden ganz herzlich. Dazu muss man wissen: Steubing und Veh verbindet aus der ersten Amtszeit zwischen 2011 und 2014 eine enge Männer-Freundschaft, und es gibt viele Stimmen im Stadtwald, die besagen, dass der Börsen-Guru die Rückkehr des gebürtigen Augsburgers in die Bankenmetropole entscheidend beeinflusst hat. Fest steht: Nicht nur das Gespann freut sich auf die bevorstehende Bundesliga-Saison.

Für das in eine große Saisoneröffnungsfeier eingebettete Freundschaftsspiel der Eintracht gegen den FC Tokio am Sonntag (15.15 Uhr) sind mehr als 47.000 Tickets verkauft. Zumal ja nicht nur ein buntes Rahmenprogramm inklusive Bühnen-Talk lockt, sondern auch stark verbilligte Preise: sieben Euro der Stehplatz, zwölf Euro für jeden Sitzplatz, selbst der Business-Seat kostet nur 20 Euro. "Wir wollen es möglich machen, die Eintracht für kleines Geld zu erleben", erklärt Finanzvorstand Axel Hellmann, dem es vorschwebt, dass der Verein in der nächsten Saison selbst eine Asien-Reise unternimmt. "Japan ist ein interessanter Markt für uns."

Internationalisierung soll vorangetrieben werden

Hellmann, ein Kandidat für die Nachfolge von Vorstandschef Heribert Bruchhagen im kommenden Jahr, will die Internationalisierung auf allen Ebenen bei der Eintracht vorantrieben. Der 43-jährige Jurist, der einst gemeinsam mit dem Darmstädter Aufstiegspräsidenten Klaus-Rüdiger Fritsch in einer renommierten Anwaltskanzlei zusammengearbeitet hat, empfiehlt in den kommenden drei Spielzeiten mindestens eine Europapokalteilnahme, um an den steigenden Auslandserlösen der Liga zu partizipieren. Steubing äußert sich ähnlich: "Ich würde gerne noch einmal so etwas erleben wie die Europacupreisen nach Bordeaux oder Porto." Der bestens vernetzte Börsianer drückt damit die Sehnsucht aller aus, die in der Bankenstadt mit der Eintracht verbandelt sind.

Aber sind das wirklich reale Ziele? "Die Europa League gebe ich nicht als Ziel aus", sagte Veh zum Trainingsstart Anfang Juli. Er sei kein Träumer und Gute-Laune-Onkel. "Ein Platz im Mittelfeld wäre eine normale Platzierung für uns." Aber heimlich darf ja mal nach oben geschaut werden - es ist die Hoffnung auf den Ausrutscher nach oben, der alle eint, um dem Mittelmaß mal wieder zu entfliehen. Die Eintracht hat sich mit Mittelfeldabräumer Stefan Reinartz (Bayer Leverkusen), Stürmer Luc Castaignos (Twente Enschede) oder Verteidiger David Abraham (TSG Hoffenheim) vernünftig verstärkt und wird ein mehr als ordentliches Gehaltsbudget von 38 Millionen Euro stemmen, ohne das durch den Abstieg 2011 massiv abgeschmolzene Eigenkapital anzugreifen. Deshalb werden auch von den neun Millionen Euro Ablöse, die die Hessen für den zu Paris St. Germain gewechselten Stammtorwart Kevin Trapp kassierten, nicht komplett in den Kader gesteckt, "sondern wir investieren Teile des Geldes die nächsten zwei Jahre in eine gesunde Reserve" (Hellmann). Schon jetzt stehe fest: "Es wird wirtschaftlich ein gutes Jahr. Wir haben deutlich mehr Steig- als Fallchancen."

Neuer Torhüter fehlt noch im Pokal

Denn Trapps Nachfolger unter der Latte ist deutlich billiger. Am Freitag vermeldete der in der Europa-League-Qualifikation geforderte dänische Spitzenklub Bröndby Kopenhagen, dass Lukas Hradecky für 15 Millionen dänische Kronen - umgerechnet zwei Millionen Euro plus erfolgsabhängiger Zuschläge - zu den Hessen wechseln werde. Der finnische Nationaltorhüter war von Anfang der Wunschkandidat beim Bundesligist. Der Ballfänger ist 1,90 Meter groß, international erprobt und gilt mit 25 Jahren als bester seiner Zunft in Dänemark. Problem: Kommenden Donnerstag soll Hradecky mit Bröndby noch das Europa-League-Rückspiel gegen Omonia Nikosia bestreiten, er kann frühestens Freitag nach Frankfurt kommen. Beim ersten Pflichtspiel, dem Pokalspiel beim Fünftligisten Bremer SV am kommenden Samstag, wird er noch nicht dabeisein.

Für Veh stellt das kein Problem dar. Ein Torwart finde sich schnell zurecht. Und es wurde ja bereits ein Keeper in weiser Voraussicht verpflichtet. "Unsere Nummer eins: der Lindner Heinz", erklärte Veh und lachte sich schlapp über den Reim zum 25 Jahre alten Österreicher, der derzeit die Nummer eins gibt. Der 54-Jährige schafft es mit scherzhaften Einlassungen oder ironischen Anmerkungen dieser Art, das Umfeld für sich einzunehmen. Hellmann erklärt das so: "Veh besitzt eine authentische Art und natürliche Autorität. Er weiß genau, wann er die Zügel anziehen muss oder die Leine locker lassen kann. Und vieles löst er mit einem Augenzwinkern." Die Verantwortlichen sind überzeugt, dass Veh wieder eine Art Aufbruchsstimmung erzeugen kann.

Anders als Thomas Schaaf, der mit dem Gebilde Eintracht auf einigen Ebenen nie richtig warm wurde. Selbst Verteidiger Marco Russ, der mit Werders Trainer-Institution vertrauensvoll zusammenarbeitete, sagte kürzlich: "Veh ist von seiner Art her schon eher der offenere Typ, der herziger ist. Er passt von seiner Art her perfekt zu uns." Schaaf sei halt eher etwas zurückhaltender, "in seinem Auftreten eher distanzierter gewesen." Und am Ende standen halt jene unüberbrückbaren Differenzen, die in eine unschöne Trennung mündeten. Steubing merkte zuletzt im "Kicker" an, dass zwar Veh in Stuttgart zurückgetreten sei und keinen Cent genommen habe, während für den Vorgänger etwas anderes gelte: "Den Heiligenschein, den man ihm gibt, hat Schaaf jedenfalls nicht..."

© SZ vom 01.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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