Dortmund:Zur Abwechslung mal Superman

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Erzielte wieder ein Tor für den BVB, aber nur den 1:3-Anschlusstreffer: Pierre-Emerick Aubameyang. (Foto: Axel Heimken/dpa)

Die Borussia findet sich gerade "großartig" - mal abgesehen vom verdient deutlichen 1:3 beim Hamburger SV.

Von JÖRG MARWEDEL, Dortmund/Hamburg

Es war ein warmer Empfang für die Profis von Borussia Dortmund bei der Mitgliederversammlung am Sonntag. Zwei Tage lag die 1:3- Niederlage beim Hamburger SV erst zurück, und doch wurde die Mannschaft so gefeiert, als sei sie gerade dabei, den Tabellenführer FC Bayern an der Spitze abzulösen. Wovon sie, nun mit acht Zählern Rückstand, ja genau genommen wieder ziemlich weit entfernt ist. Doch Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hob in seiner Laudatio hervor, dass man in dieser Saison die meisten Saisonspiele im Profifußball gemacht habe, 23 nämlich - und davon nur zwei verloren. Dann fügte er an: "Ihr habt das bisher großartig gemacht."

Auf das Spiel am Freitagabend in Hamburg war das allerdings weniger bezogen. Es war, da gab es im Umfeld keine zwei Meinungen, die bislang schlechteste Leistung. Das zog sich vom rechten Verteidiger Matthias Ginter (ausgewechselt) über Kapitän Mats Hummels (Eigentor zum 0:3) hin bis zu Shinji Kagawa (ausgewechselt) und dem ebenfalls restlos enttäuschenden Marco Reus (ausgewechselt). Es habe keinen Hinweis auf dieses kollektive Versagen gegeben, meinte hinterher der Trainer Thomas Tuchel. Die Lektion sei aber ganz einfach: "Mit dieser Körpersprache ist nichts zu holen in der Bundesliga", sagte der Fußballlehrer. Dafür sei man "verdient" bestraft worden, was durchaus "gut und heilsam" sein könne.

Torwart Roman Bürki hatte das 0:1 verursacht, weil er mit einem überflüssigen Foul an Ivo Ilicevic den Elfmeter verschuldete, den Pierre-Michel Lasogga kühl verwandelte (19.). Später sagte Bürki, er habe bei seinem BVB "Freude und Mut" vermisst. Besonders über Hummels wurden Tuchel hinterher Fragen gestellt. Etwa jene, ob der Nationalspieler vielleicht überspielt sei, was der Trainer aber verneinte.

Dafür durfte Lasogga, der sich angesichts seines sechsten Tores endlich wieder Torjäger nennen darf, den Triumph auf besondere Art auskosten. Er hatte unter dem Trikot ein Shirt, das ihn als Superman zeigte. Er entblößte es nach dem 1:0. Es war eine Reaktion auf Pierre-Emerick Aubameyang, der sich schon mit Batman-Maske für ein Tor gefeiert hatte. "Ein kleiner Spaß. Ein bisschen Ablenkung tut den Leuten gut", meinte Lasogga. Eindrucksvoll war auch, wie er den Strafstoß verwandelte. Ein Anlaufschritt reichte, um ihn unhaltbar ins linke Eck zu schießen.

Doch nicht nur Lasogga verfügt inzwischen wieder über ein Selbstvertrauen, dass man beim Dauerpatienten der letzten Bundesliga-Jahre, der ganz offensichtlich auf dem Wege der Besserung ist, nur selten erlebte. Auch die einstigen Tuchel-Schüler aus dessen Mainzer Jahren, Lewis Holty und Nicolai Müller, zeigen inzwischen eine völlig neue Präsenz. Zum Beispiel in der 41. Minute, als Müller so lange wartete, bis Holtby in Position gelaufen war und er ihm die Kugel genau in den Lauf spielen konnte. Während vier Dortmunder dem Treiben quasi teilnahmslos zuschauten, vollstreckte Holtby "in der Manier eines Torjägers", wie der frühere Torjäger und heutige HSV-Coach Bruno Labaddia lobte. Auch sonst trieben Müller und Holtby das HSV-Spiel an und machten die spielerische Überlegenheit der Dortmunder (21:7 Torschüsse, 63 Prozent Ballbesitz für die Borussia) zu einer Ware ohne Wert.

Den Rest erledigte HSV-Keeper René Adler, der mehrmals großartig hielt. "Ich versuche immer, bei Abendspielen gegen starke Gegner meinen Geist auszutricksen", verriet er. Er stelle sich dann vor, das sei ein Champions-League-Spiel. Es klappte auch diesmal. Die Dortmunder müssen jetzt zur nächsten Partie wieder fast 3000 Kilometer reisen, nach Krasnodar in Russland. Allerdings nicht in der Champions-, sondern in der Europa League. Vielleicht hilft da ja auch Adlers Trick, um wieder auf die Beine zu kommen.

© SZ vom 23.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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