Dortmund - Augsburg (15.30 Uhr):Alkmaar macht Mut

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Keine Angst vor Dortmund: In Alkmaare bewiesen die mitgereisten Augsburger Fans, dass sie es mit den lautstarken BVB-Anhängern aufnehmen können. (Foto: Maja Hitij/dpa)

Vor dem Trip nach Dortmund lässt der Sieg in der Europa League die Augsburger eines hoffen: Wir sind nicht so schlecht, wie wir in der Tabelle stehen! Doch ob sich das auch beim Bayern-Verfolger zeigt?

Von Christoph Ruf, Amsterdam/Augsburg

Wer sich entschließt, im grauen Oktober mitten in der Woche zwei Urlaubstage einzureichen, um sich in Nordholland ein Fußballspiel anzuschauen, unterscheidet sich ganz offensichtlich in vielerlei Hinsicht von seinen Arbeitskollegen. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass das auch für die Wahrnehmung eines Fußballspiels gilt.

Die Augsburger Fans, die Donnerstagnacht von Alkmaar aus zu ihren Nachtquartieren in Amsterdam fuhren, hatten dann auch andere Themen als die mitgereisten deutschen Journalisten. Natürlich sprachen auch sie über den soeben erlebten ersten Sieg einer Augsburger Mannschaft in der Europa League. Doch viel bemerkenswerter fanden sie etwas anders. Dass ihr überschaubarer Haufen von etwa 1000 weiß-rot-grünen Anhängern deutlich lauter gewesen war als die 11 000 Niederländer. Und das, wo bei AZ-Heimspielen doch angeblich solch eine tolle Atmosphäre herrsche. Wer so etwas bewerkstellige, brauche auch keine Angst vorm Dortmunder Stadion zu haben, so der Tenor bei den FCA-Fans, die es mehrheitlich so gemacht hatten wie ihre Mannschaft: Sie waren einfach bis zum Wochenende in nordwestlichen Gefilden geblieben, um zwischen den beiden Auswärtsspielen in Alkmaar und Dortmund nicht auch noch lästige Zwischenstopps im Schwäbischen einplanen zu müssen.

Erinnerung an den falschen Pfiff beim FC Bayern

Die Stimmungslage im Umfeld deckt sich dabei durchaus mit der der sportlichen Leitung. Trainer Markus Weinzierl nutzte den Sieg in den Niederlanden dann auch umgehend, um seine Mannschaft stark zu reden. "Wir haben bei den Bayern eine gute Leistung gezeigt und das traue ich der Mannschaft auch in Dortmund zu", sagte er. Nun ist das eine Aussage, die es ebenso zu decodieren gilt wie vieles andere, was Weinzierl so sagt. Schließlich hat der Augsburger Trainer keine falsche Scheu vor Floskeln, doch aus den Untiefen der diplomatischen Formulierungen tauchen immer wieder echte Aussagen auf.

So auch hier. Beim FCA sind sie schließlich ganz entschieden der Meinung, dass sie nicht auf dem letzten Tabellenplatz stünden, wenn die Referees es seit Saisonbeginn etwas besser mit ihnen meinen würden. Und tatsächlich hätten sie einen Punkt aus München (Endstand 1:2) mitgenommen, wenn damals dem Linienrichter Kempter nicht vor dem grotesken Elfmeter für die Bayern etwas unterlaufen wäre, was Schiedsrichter milde "Wahrnehmungsfehler" nennen.

Die Freistoßkunst des Piotr Trochowski

Neben der Hoffnung auf etwas weniger Pech mit der Spielleitung bliebe da allerdings noch die Unwägbarkeit der eigenen Leistung. Und da gab es in Alkmaar doch einiges zu sehen, das Mut macht. Nicht nur die "Weltklasse" (Sportdirektor Reuter)-Leistung von Torwart Marwin Hitz und die Freistoßkünste von Piotr Trochowski, dank derer nun plötzlich wieder Chancen bestehen, die Gruppenphase der Europa League zu überstehen. Nein, erstmals in dieser Saison traten alle elf Spieler mit der Konzentration aufs Wesentliche auf, die man braucht, wenn man Gefahr läuft, aus einer angeblich einkalkulierten "schwierigen Saison" eine katastrophale zu machen. Auch Spieler, die sich zunächst schwer taten - wie Ragnar Klavan - kämpften sich in die Partie, Caiuby, der an vorderster Front ziemlich überfordert wirkte, oder Tobias Werner, ackerten umso eifriger nach hinten. Werner eroberte gar zweimal den Ball kurz vor dem eigenen Strafraum, wo wiederum Arbeitsbienen wie Paul Verhaegh oder Jan-Ingwer Callsen-Bracker grundsolide Arbeit verrichteten.

Anders gesagt: Natürlich ist es Zweckoptimismus, wenn besagter Callsen-Bracker schon fünf Minuten nach dem Abpfiff einer Europa-League-Partie eine "Initialzündung" beschwört. Doch dass in dieser Mannschaft deutlich mehr steckt als ein Abstiegsplatz, ist tatsächlich kaum zu übersehen. Wie sagte doch Markus Weinzierl so schön: "Der Sieg war vor allem wichtig für unsere Gesamtsituation." Heißt: In Dortmund wollen sie nachlegen, weil der Trip nach Alkmaar sonst nur halb so schön gewesen wäre.

© SZ vom 25.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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