Champions League:Fünf!

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Selbstportät: Valencias deutscher Nationalspieler Shkodran Mustafi als Kameramann. (Foto: pixathlon)

FC Barcelona, Real Madrid, Atlético Madrid, FC Sevilla und jetzt auch noch Qualifikant FC Valencia: Als erstes Land startet Spanien mit einem Quintett in die Champions League.

Von Javier Cáceres, Berlin

Der Mittwoch war schon lange angebrochen, als die Expedition des FC Valencia wieder an der spanischen Ostküste landete. Doch das hielt die Fans des sechsmaligen spanischen Meisters nicht davon ab, am Flughafenausgang ein Spalier zu bilden. Álvaro Negredo, klar, hatte die heftigsten Klopfer auf die Schulter zu ertragen: Der Stürmer hatte dem Rückspiel der Champions-League-Qualifikation beim AS Monaco durch einen kunstvollen Lupfer (4. Minute) viel Spannung genommen. Doch auch der deutsche Nationalspieler Shkodran Mustafi bekam noch die geballte Zuneigung zu spüren, wurde Adressat von Umarmungen, Selfie-Bitten und vor allem: Dankesrufen.

Nach einem 3:1-Hinspielsieg hatte der FC Valencia zwar bei den Monegassen mit 1:2 verloren (die Tore der Hausherren erzielten Raggi und Elderson nach 17 beziehungsweise 75 Minuten). Aber der Klub qualifizierte sich dennoch für die Gruppenphase der Champions League, erstmals wieder nach dreijähriger Abstinenz. Ganz nebenbei sorgte Valencia für eine Bestätigung des fußballerischen Selbstwertgefühls der Spanier: "Das Geld ist in der englischen Premier League, die Bundesliga ragt durch das Ambiente in den Stadien heraus, der italienische Calcio sucht sich selbst. Und das Spiel gehört der spanischen Liga", jauchzte die Zeitung El País .

Seit knapp einem Jahr ist der Klub in der Hand eines obskuren Investors: Peter Lim aus Singapur

Der Grund für so viel Stolz: Spaniens Primera División entsendet fünf Vertreter in die Champions League, so viele wie keine Liga je in den europäischen Königswettbewerb schicken durfte. Spanien verfügt wegen der internationalen Erfolge seiner Klubs aus den vergangenen Jahren über vier Champions-League-Startplätze (drei feste, einen aus der Qualifikation) - stellt aber auch noch den Europa-League-Sieger FC Sevilla. Der darf ebenfalls in der Königsklasse mitspielen, obwohl er in der Meisterschaft nur Fünfter wurde. Bei der Auslosung an diesem Donnerstag (ab 17.45 Uhr, live in Sky und Eurosport) sind neben den Andalusiern auch Titelverteidiger FC Barcelona, Real Madrid, Atlético Madrid und eben der FC Valencia am Start.

Für Valencia ist die Qualifikation in mehrfacher Hinsicht ein Segen. Trainer Nuno Espírito Santo erwartet, dass der Champions-League-Geldsegen (allein das Startgeld beläuft sich auf zwölf Millionen Euro) zu einer Verstärkung der Personaldecke führt. Er lobte zwar explizit den schon seit Monaten in bestechender Form spielenden Weltmeister Mustafi, doch nach dem Verkauf des argentinischen Nationalspielers Nicolás Otamendi an Manchester City (für rund 45 Millionen Euro) klafft in der Innenverteidigung ein Loch. Nominell hat Valencia zwar in diesem Sommer schon mehr als 100 Millionen Euro ausgegeben. Rund 90 Millionen davon entfielen allerdings auf die Ausführung von Kaufoptionen auf Spieler, die bereits in der vergangenen Saison beim FC Valencia mitkickten, darunter der zuvor bei Manchester City angestellte Negredo. Fast noch wichtiger war der Champions-League-Erfolg aber für die Stimmungslage des Klubs. Denn der FC Valencia, der wegen horrender Schulden bereits vor dem Exitus stand, lebt noch immer in bewegten Zeiten.

Im Oktober vergangenen Jahres hatte ein obskurer, öffentlichkeitsscheuer Investor aus Singapur die Macht über den Traditionsverein übernommen: Peter Lim. Der Mann, der als Sohn eines Fischers geboren wurde und über diverse Handelsgeschäfte, vor allem mit Wertpapieren, zu einem Milliardenvermögen kam, kaufte dem spanischen Pleiteinstitut Bankia siebzig Prozent der Aktien des zeitweise mit mehr als 400 Millionen Euro verschuldeten Vereins ab. Der Kaufpreis lag bei 94 Millionen Euro, gestreckt auf mehrere Jahre. Das beim Kauf gegebene Versprechen, 100 Millionen Euro in neue Spieler zu investieren, entpuppte sich bei näherem Hinsehen als ein üppig bezinstes Darlehen, das der Verein in fünfzehn Jahren abtragen muss und Lim 25 Millionen Euro einbringen soll. Für Stirnrunzeln sorgt in Valencia aber vor allem Lims Nähe zum Portugiesen Jorge Mendes, einem der schillerndsten Manager der Fußballszene, er berät Real Madrids Diva Cristiano Ronaldo und Chelseas Trainer José Mourinho - unter anderem.

Gemeinsam sorgten Lim und Mendes dafür, dass erst Trainer Juan Antonio Pizzi sowie Sportdirektor Francisco Rufete (der Mustafi und Otamendi geholt hatte) und schließlich auch Präsident Amadeo Salvo gingen, beziehungsweise gehen mussten. Mendes konnte nicht nur Nuno als Trainer installieren, sondern schließlich acht Spieler aus dem Portfolio seiner Spieler-Beratungsfirma Gestifute in Valencia unterbringen. Darunter waren Enzo Pérez, Rodrigo, Cancelo und André Gomes, die für 85 Millionen Euro bei Benfica Lissabon abgelöst wurden - und, bis auf André Gomes, ihre stolzen Preise bislang nicht rechtfertigen konnten. Laut El País soll Lim Teilhaber von Gestifute sein.

Die Frage ist, welche Rolle der FC Valencia in der kommenden Saison wird spielen können. Als einer der Gründe für die gute vorige Saison gilt, dass Valencia keine Doppelbelastung aushalten musste und sich auf die Liga konzentrieren konnte.

Gleichwohl: Den Champions-League-Stress nimmt Valencia in dieser Saison selbstredend gerne mit. Für die Gruppenauslosung ist Valencia an diesem Donnerstag übrigens in den Topf mit der Nummer 2 eingeteilt worden, zusammen mit Real Madrid, Atlético Madrid, dem FC Porto, FC Arsenal und Manchester City. Damit ist der FC Valencia ein potenzieller Gegner eines alten Bekannten: des FC Bayern München, gegen den die Spanier im Champions-League-Finale von Mailand 2001 im Elfmeterschießen unterlagen.

© SZ vom 27.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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