Bundesliga, 11. Spieltag:Die letzte Gewissheit

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Jürgen Klinsmann versucht es gegen Bielefeld mit einer neuen Taktik ohne Lukas Podolski - und scheitert. Erst mit dem Nationalstürmer entwickeln die Bayern den nötigen Offensivwirbel, um den Abstiegskandidaten mit 3:1 zu schlagen.

Michael König

Die Personalpolitik des FC Bayern ist etwas unübersichtlich. Beinahe jede Position ist doppelt besetzt, einige Spieler können auf mehreren Posten eingesetzt werden. Toni Kroos etwa taucht hin und wieder auf, sahnt gute Noten und Lob ab - und verschwindet wieder für einige Wochen.

Ball geschnappt, Elfmeter verwandelt, Kritiker belehrt - Lukas Podolski sammelt Pluspunkte. (Foto: Foto: ddp)

Im Falle eines offenbar mit weniger Talent behafteten Profis wie José Sosa muss man das FCB-Vereinsheft schon sehr genau lesen, um zu wissen, wo er geblieben ist.

Im Sturm gestaltete sich die Lage bislang recht eindeutig: Luca Toni und Miroslav Klose sind gesetzt, und wenn Toni wie derzeit verletzt ist, dann darf Lukas Podolski seinen Kritikern beweisen, dass er nicht nur bei der Nationalmannschaft und beim FC Köln Tore schießen kann.

"Keine Entscheidung gegen ihn"

Seit Samstag ist auch diese Gewissheit dahin, denn Jürgen Klinsmann stellte gegen Bielefeld nur einen Stürmer auf - und das war Miroslav Klose, nicht Podolski.

Damit war das Thema der Partie schnell gefunden, und es dauerte nicht lange, bis Klinsmann am Premiere-Mikrofon erklären musste, wieso er gegen eine der abwehrschwächsten Mannschaften der Liga auf einen der (theoretisch) torgefährlichsten Spieler der Liga verzichtete. Das sei keine Strafaktion gewesen, betonte Klinsmann mit einem Lächeln: "Das war eine Entscheidung für jemand anderes - und nicht gegen Podolski", sagte der Bayern-Trainer.

Dieser "andere" hieß Tim Borowski, er bildete das zentrale Element einer Dreier-Mittelfeldkette, die hinter dem einsamen Klose agierte. Dahinter standen in Andreas Ottl und Mark van Bommel zwei defensive Mittelfeldspieler. Damit hatte Klinsmann gleich noch eine weitere Gewissheit im Fußball beseitigt: Bislang durfte man annehmen, dass ein Spitzenteam wie Bayern einen Abstiegskandidaten wie Bielefeld mit einer starken Offensive zu schlagen versucht.

Nicht mit Fußball-Revolutionär Klinsmann: "Wir wollen versuchen, das Bollwerk von hinten aus dem Mittelfeld zu knacken, statt schon vorne zu stehen", erläuterte er. Sprich: Eine defensive Aufstellung, um offensiv zu spielen - paradox.

Der Plan ging nicht auf. Borowski rückte nicht schnell genug auf, um Kloses Zuspiele aufzunehmen, und statt das Bollwerk zu knacken, schoss Bayern munter aus der zweiten Reihe.

"Mit drei Mann ist es enger"

Dass trotzdem das 1:0 fiel, war einer Kettenreaktion zu verdanken: Nach einem Ribéry-Freistoß faustete Bielefelds Torwart Dennis Eilhoff den Ball nicht weit genug heraus, Schweinsteiger schoss und der abgefälschte Ball landete bei Klose, der wieder selbstbewusst genug ist, um mit voller Wucht aufs Tor zu halten - und es auch zu treffen.

Fünf Minuten später foulte Bayern-Verteidiger Martin Demichelis im eigenen Strafraum Robert Tesche. Den fälligen Strafstoß verwandelte Artur Wichniarek zum Ausgleich. Viel mehr passierte in der ersten Halbzeit nicht, was das Scheitern des Klinsmann-Plans, der auch ein Testlauf für die Champions-League-Partie gegen Florenz am Mittwoch sein sollte, besiegelte.

"Mit drei Mann im Mittelfeld sind die Räume natürlich enger, das macht es schwieriger Fußball zu spielen", kritisierte Mark van Bommel nach der Partie und Manager Uli Hoeneß meinte: "In der zweiten Halbzeit haben wir super Offensivfußball gespielt."

Klinsmann wechselte Kroos und Podolski ein, spielte fortan nur noch mit einem defensiven Mittelfeldspieler und dafür mit zwei Stürmern - so, wie man das von Beginn an erwartet hätte. In der Folge trafen Lucio und Klose mit Kopfbällen Querlatte und Pfosten, ehe Ribéry nach Vorlage von Podolski in der 77. Minute das 2:1 erzielte. "Die Mannschaft hat alles auf eine Karte gesetzt, das war wie aus einem Guss", kommentierte Hoeneß.

Hoeneß streichelt die Stürmer-Seele

Bielefeld wusste sich nur noch mit Fouls zu helfen: Robert Tesche sah nach einer Grätsche von hinten in die Beine von Ribéry die rote Karte, später grätschte Rüdiger Kauf gegen Ribéry im Strafraum, was zu einem umstrittenen Elfmeter führte. Podolski griff sich den Ball und verwandelte zum 3:1 und war nun endgültig der Profiteur des verunglückten Klinsmannschen Taktik-Experiments.

"Er hat gut gespielt, war sehr engagiert, und wenn das so ist, dann sagen wir das auch", sagte Hoeneß - ein bisschen Balsam für die Seele des Stürmers, der aus dem Munde des Managers zuletzt wiederholt harte Kritik zu hören bekommen hatte.

Und nachdem es zu Beginn des Nachmittags so ausgesehen hatte, als hätte Klinsmann die letzte Gewissheit im Fußball weg reformiert, so gilt nun doch wieder: Zwei Stürmer sind besser als einer und Podolski kann es auch beim FC Bayern. Und allen, die sich um den Verbleib von José Sosa gesorgt haben, sei zuletzt gesagt: Es gibt ihn noch. Er wurde in der 85. Minute für Ribéry eingewechselt.

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