Borussia Mönchengladbach:Der grüne Pulli bleibt

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Nach drei Bundesliga-Siegen in Serie darf Interimscoach André Schubert die Gladbacher vorerst weiter coachen. Manager Eberl bereitet die Borussia auf die lange Suche eines Favre-Nachfolgers vor.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Der Erfolg einer Fußballmannschaft ist immer auch ein Triumph fürs vereinseigene Merchandising. Nach einem Sieg wird es voll im Fanshop, das gilt momentan ganz besonders bei Borussia Mönchengladbach. Wochenlang hat die Mannschaft verloren, dann ist Trainer Lucien Favre zurückgetreten, und seit der vormalige Amateurcoach André Schubert in einem grünen Kapuzenpulli bei den Spielen auf der Bank sitzt, hat die Borussia drei Bundesliga-Spiele nacheinander gewonnen. Das profane Kleidungsstück avanciert jetzt unter dem emotionalisierten Artikelnamen "André Schuberts Freizeithoodie" zum Verkaufsschlager. Ein modischer Albtraum in Grün für 59,95 Euro symbolisiert den Aufschwung am Niederrhein.

Schubert, 44, sollte eigentlich nur für eine überschaubare Zeit als Interimstrainer fungieren, bis Manager Max Eberl einen neuen Chefcoach gefunden hat. Doch weil ein Mann von jener Qualität, die sich Eberl erhofft, mitten in der Saison nicht so leicht zu finden ist, und weil die Spieler sich mit Schubert gut verstehen, kann sich Eberl Zeit lassen. "Unsere Trainersuche wird noch einige Wochen dauern", sagt er mit demonstrativer Gelassenheit. Gladbachs Kapitän Granit Xhaka schüttelt über Eberls Bemühungen trotzdem den Kopf. "Wofür brauchen wir einen neuen Trainer?", sagte der 23-jährige Schweizer nach dem 2:0-Sieg gegen den VfL Wolfsburg und warb unverhohlen für Schubert als Dauerlösung. Doch Eberl hält Schubert offenbar nicht unbedingt für jenen Typ Konzepttrainer, der Gladbach langfristig voranbringt. "André macht es hervorragend, die Mischung aus ruhigem Zirkulieren und offensivem Attackieren im Spiel stimmt - er baut mit seinen Qualitäten auf das auf, was wir im Kader haben", lobt Eberl. Doch dieser Satz impliziert auch, dass Gladbachs grundsätzliche Qualitäten nach wie vor auf die viereinhalbjährige Arbeit von Favre zurückgeführt werden. Eberl sagt über Gladbachs Spiel unter Schubert: "Wir spielen ja keinen neuen Fußball."

"Er ist sehr positiv und redet nicht nur negativ", sagt Torschütze Havard Nordtveit

Für den Moment immerhin ist Schubert genau der Richtige; nie zuvor ist ein Borussen-Coach steiler ins Amt gestartet: 4:2 gegen Augsburg, 3:1 in Stuttgart und nun 2:0 gegen Wolfsburg - diese Bundesliga-Erfolgsserie wurde nur unterbrochen durch das 1:2 in der Champions League gegen Manchester City (dabei musste Schubert allerdings einen Anzug tragen, der Glückspulli blieb im Schrank). Schubert wirkt mit seiner bisweilen kecken Art und seinem grünen Hoodie auf die Spieler offenbar genauso erfrischend wie auf die Öffentlichkeit. "Er ist sehr positiv und redet nicht nur negativ", sagt der 1:0-Torschütze vom Samstag, Havard Nordtveit, und betont auf Nachfrage, dass dies keine Spitze gegen den vormaligen Trainer Favre sei. "Was nützte es, wenn ich den Spielern nur sage, was sie falsch machen?", sagt Schubert - und schiebt von sich aus gleich hinterher, man dürfe dies aber nicht als Aussage gegen Favre interpretieren.

Der geflüchtete Trainer genießt Immunität für jahrelangen Erfolg und wegweisende Grundlagenarbeit, von der nun Schubert profitiert. "Ich habe ja gar nichts dagegen, dass die Mannschaft gerne mit André weitermachen möchte", sagt Eberl mit mildem Lächeln, "wir werden auf jeden Fall über die Länderspielpause hinaus mit ihm arbeiten." Sein kürzlich in einer Fernseh-Talkshow suggeriertes Interesse am Augsburger Trainer Markus Weinzierl relativiert Eberl jetzt erheblich, weil es in der Branche verpönt ist, an Trainern mit langfristigen Verträgen zu baggern. "Ich hatte bloß gesagt hatte, dass ich Markus Weinzierl aus der Jugend kenne, dass wir auch Ablöse für einen Trainer zahlen würden, und dass ich mir alle Richtungen offen- lasse -, aber dass aus diesen drei Aussagen geschlussfolgert wurde, ich würde Weinzierl angraben, das ist ein dickes Ding", echauffiert sich Eberl nun und erklärt das Thema demonstrativ für beendet: "Markus Weinzierl hat bis 2019 Vertrag, wir suchen aber jetzt schon einen neuen Trainer, und damit ist die Sache erledigt."

Schubert darf nun vielleicht bis Weihnachten weitermachen, womöglich gar bis zum Saisonende, sollten die Spieler sich auch dauerhaft so äußern wie Xhaka, der "momentan enormen Spaß" verspürt. Mit einer Eloge auf das neue Gladbach stand er am Samstag grinsend im Kabinengang, während hinter ihm wutschnaubende Wolfsburger die dritte Niederlage im vierten sieglosen Pflichtspiel nacheinander beklagten. Manager Klaus Allofs und Angreifer Daniel Caligiuri gerieten sogar kurz aneinander, weil Caligiuri sich zu extrovertiert über eine Schiedsrichter-Entscheidung vor dem Gegentor zum 0:1 aufgeregt hatte. Allofs blieb hingegen sogar ruhig, als er skeptischen Berichterstattern erlaubte, den Begriff "Krise" zu verwenden.

Mit seinem Trainer Dieter Hecking müsste Allofs aber auch noch einmal reden, wenn ihm schon Caligiuris Verhalten missfallen hat. Hecking nämlich war aufgrund andauernder Meckerei während des Spiels in der 74. Minute auf die Tribüne verbannt worden. Ausgerechnet binnen der darauffolgenden fünf Minuten schossen die Gladbacher ihre beiden Treffer. Dass Hecking diese Momente inmitten jubelnder und feixender Gladbach-Fans verbringen musste, war eine Zusatzstrafe.

© SZ vom 05.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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