Biathlon:Laura Dahlmeier quält sich

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Laura Dahlmeier bei der Verfolgung in Oberhof. (Foto: AP)
  • Laura Dahlmeier rennt im Verfolgungsrennen von Oberhof auf Platz sieben. Vor allem in der Schlussrunde geht ihr die Puste aus.
  • Dabei war das immer ihre Stärke. Nach dem Rennen sitzt sie minutenlang entkräftet auf ihrer Gewehrtasche.
  • Sie muss um ihre Olympiaform kämpfen und wird immer wieder von Infekten geplagt.

Von Saskia Aleythe, Oberhof

Zwei Stufen hinauf waren Laura Dahlmeier dann fast schon zu viel. Mit bleichem Gesicht stieg sie auf das Podest, um sich die Transponder von den Schuhen lösen zu lassen, zwei Stufen wieder hinab, mit vorsichtigen Schritten näherte sich die Biathletin dem Materialstand und wurde von ihren Kolleginnen selbst auf den paar Metern überholt. Das Verfolgungsrennen in Oberhof hatte die 24-Jährige da gerade mit einem siebten Platz hinter sich gebracht, sie musste sich aufstützen vor Erschöpfung, die Augen fielen ihr fast zu. Und als die anderen schon warm eingepackt vor den Fernsehkameras redeten, saß Dahlmeier auf ihrer Gewehrtasche am Boden, minutenlang. Vor ihr die Tribüne von Oberhof mit Tausenden Fans. Doch in Dahlmeiers Blick war Leere.

Es sind Bilder, die man von Dahlmeier noch von der WM in Hochfilzen im vergangenen Februar kennt, dort war sie zwei Mal mit Kreislaufproblemen umgekippt, hatte die Wettbewerbe trotzdem zu den Laura-Dahlmeier-Festspielen gemacht mit fünf Gold- und einer Silbermedaille. Sie habe sich einfach "voll und ganz verausgabt", sagte Dahlmeier vor ein paar Monaten rückblickend: "Ich habe einfach gewusst, da geht es jetzt um alles, und habe versucht, alles in die Waagschale zu werfen und habe da meinen Körper vielleicht austricksen können, dass er einfach 110 Prozent gibt." Das Problem ist nun nur: Oberhof ist keine WM, in fünf Wochen beginnen die Olympischen Spiele, und allmählich rückt Dahlmeiers Form in den Fokus. Ob die Vorbereitung ihrer Ansicht nach nach Plan verlaufe? Dahlmeier antwortet ausweichend: "Wie man bei uns sagt: Wird schon werden."

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Der Franzose gewinnt auch das Verfolgungsrennen in Oberhof. Rivale Johannes Thingnes Bö wird Zweiter. Die deutschen Männer und Frauen laufen beim Heimrennen hinterher.

Im Sprint am Donnerstag lief sie mit zwei Fehlern auf Rang 13, in der Verfolgung nun auf Platz sieben. Drei Mal war sie da fehlerfrei geblieben, bis zum letzten Stehendschießen. "Leider ist mir am Schluss die Puste ausgegangen. Sowohl beim allerletzten Schuss als auch auf der Schlussrunde auf den letzten Metern", sagte sie. Schlussrunden sind eigentlich ihre Spezialität, doch in Oberhof quälte sie sich sichtbar und konnte keine Zeit mehr gutmachen. Läuferisch ist sie nicht auf dem Niveau der vergangenen Saison, auch weil Erkältungen sie nun immer wieder ausbremsen. Die Probleme begannen schon mit Saisonstart. In Östersund ging sie wegen eines grippalen Infekts nicht an den Start, beim Weltcup in Hochfilzen kehrte sie zurück - und weinte. Ein 16. Platz und ein zehnter waren nicht das, was eine Weltmeisterin gewohnt war. "Sie muss ihre aktuelle Form akzeptieren, und das fällt ihr erst mal schwer", meinte Bundestrainer Gerald Hönig damals. Vor dem Staffelrennen wollte sie schon abreisen, musste von den Trainern zum Bleiben überredet werden.

Im französischen Annecy lief Dahlmeier dann wieder aufs Treppchen, Platz eins, zwei und drei, "top" fand sie das, doch dann machte sich schon wieder eine Krankheit in ihr breit. Den Showwettkampf auf Schalke sagte sie ab wegen eines Infekts. Dass sie in Oberhof starten würde, stand erst einen Tag vor dem ersten Rennen fest. "Laura tritt hier nicht an, um dabei zu sein, sondern um erfolgreich zu sein. Das heißt für sie, im Spitzenbereich anzugreifen", sagte Hönig, wollte aber gleichzeitig "keine Wunderdinge erwarten". Überhaupt ist der Trainer mit Blick auf sein Olympiateam gelassen: "Die Konzeption stimmt, der Weg ist gut, auf dem wir uns bewegen." Über Weihnachten habe man Basistraining gemacht, die wettkampfspezifische Vorbereitung sei dabei in den Hintergrund gerückt. Zudem hatten auch Vanessa Hinz und Maren Hammerschmidt über Weihnachten Infekte, "wir können nicht bei 100 Prozent sein", sagte Hönig. Die kommenden zwei Weltcups in Ruhpolding und Antholz gehören nun zum Formaufbau dazu. "Wer jetzt in Höchstform ist, da bin ich mir nicht sicher, ob das in fünf Wochen noch genauso sein wird."

Franziska Hildebrand, die in Oberhof bis zum letzten Schießen Chancen auf Rang zwei hatte, landete am Ende auf Rang elf, Hönig freute sich aber über eine "kompakte leistungsstarke Mannschaft, die vorne angreifen kann". Er bezog sich dabei auch auf die Leistungen von Denise Herrmann (16.), Vanessa Hinz (18.), Maren Hammerschmidt (19.) und Franziska Preuß (21.). Das bringt ihn in die Situation, Auswahl bei der Staffelbesetzung zu haben. "Jetzt kann man auch mit den Einsätzen jonglieren, um die Belastung nicht ins Unermessliche zu treiben." Was er sogleich für Dahlmeier umsetzte: Am Sonntag startet sie in Oberhof nicht mehr.

Mit Simon Schempp und Erik Lesser fehlten am Wochenende in Oberhof auch die bis dahin besten deutschen Männer. Lesser musste erkältet absagen, Schempp quälen schon seit Wochen Probleme im Rücken. "Läuferisch fühle ich mich momentan überhaupt nicht gut", sagte der Massenstart-Weltmeister von Hochfilzen. Er bekommt viel Physiotherapie, dennoch hatte er auch beim Sprint in Oberhof erhebliche Probleme, da die Schmerzen ins Bein ausstrahlen. "Man muss schauen, dass er sich voll auskuriert und der Muskel sich entspannen kann", sagte Männer-Bundestrainer Mark Kirchner. "Ich muss von Rennen zu Rennen schauen, wie die Verfassung ist", sagte Schempp selber. Ein neunter Platz von Benedikt Doll in der Verfolgung war in Oberhof das beste Ergebnis der deutschen Männer. Stand jetzt lässt sich schon sagen: Die Vorbereitung auf Olympia könnte besser laufen für die Deutschen.

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