Biathlon in Ruhpolding:Ein Schritt zu spät

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Der Österreicher Dominik Landertinger erreicht hauchdünn vor Simon Schempp (links) das Ziel (Foto: AFP)

Dem Olympiasieger Norwegen unterläuft ein Fauxpas, die Franzosen schwächeln beim Schießen. Die deutsche Biathlon-Männerstaffel dagegen präsentiert sich in Ruhpolding gut erholt. Erst auf der Ziellinie muss sich das Team den Österreichern geschlagen geben.

Von Joachim Mölter, Ruhpolding

Bei den Biathlon-Staffeln der Männer treffen in diesem Winter zwei Klassen aufeinander. Russen, Norweger, Schweden, Deutsche, Österreicher und Franzosen machen die ersten sechs Ränge unter sich aus, der Rest der Welt balgt sich mit einigem Abstand um die hinteren Plätze. Für den Rest eröffnet sich allenfalls dann eine Chance zum Vorrücken, wenn einer der großen Sechs patzt.

Das war am Donnerstag beim Weltcup in Ruhpolding der Fall: Der junge Norweger Johannes Thingnes Bö, 20, visierte bei der ersten Schießeinlage gleich mal die falschen Scheiben an und bemerkte seinen Fauxpas erst beim Nachladen. Drei Scheiben blieben dennoch stehen, das ergab drei Strafrunden und anderthalb Minuten Rückstand. Das war selbst für den Olympiasieger und Weltmeister Norwegen nicht mehr aufzuholen.

Und weil auch die Franzosen am Schießstand Probleme hatten und dort viel Zeit verloren, waren gleich zwei Plätze freigeworden: Auf denen machten sich Italiener (6.) und Tschechen (5.) breit. Auf den ersten vier Rängen waren freilich wieder die üblichen Verdächtigen zu finden. Um den ersten Platz kämpften der Deutsche Simon Schempp und der Österreicher Dominik Landertinger, angetrieben von 12 000 Zuschauern in der Chiemgau Arena. Nach den 4x7,5 Kilometern brachte Landertinger mit dem knappsten messbaren Vorsprung von 0,1 Sekunden seine Skispitze als Erster über die Ziellinie. Es war der erste Weltcup-Sieg der Österreicher seit Dezember 2009. Und es war "ein spektakulärer Zielsprint", wie der 25-Jährige fand: "Für die Zuschauer war das sicher super, aber für meine Nerven nicht so." Nicht nur der als extrem laufstark bekannte Landertinger war überrascht gewesen, dass ihm Schempp am letzten Anstieg noch auf den Fersen war. "Ich war auch perplex", gab Männer-Bundestrainer Mark Kirchner zu und lobte seinen Schlussläufer: "Dass er so lange mithalten kann, das ist schon sehr zufriedenstellend." Der aus Uhingen stammende Schempp war auch jüngst in Annecy erst im Schlussspurt unterlegen gewesen, mit 0,3 Sekunden Differenz gegenüber dem russischen Quartett, das diesmal Dritter wurde. "Wenn wir noch mal zwei Zehntel zulegen, sind wir vorne", rechnete der in diesem Winter beste Deutsche im Weltcup vor. Im Hinblick auf die Olympischen Winterspiele in Sotschi (7. bis 23. Februar) zog auch Andreas Birnbacher (Schleching) ein positives Fazit: "Man sieht, dass wir in Schlagdistanz sind. Aber Staffeln kann man nicht planen, man muss jedes Rennen neu erkämpfen.

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" Während die Österreicher, die Russen und die viertplatzierten Schweden beim vorletzten Staffel-Wettbewerb vor Olympia keine Experimente wagten und in Bestbesetzung antraten, mussten die am Ende als Neunte angekommenen Norweger ihren Altmeister Ole Einar Björdalen, demnächst 40, ersetzen und die Franzosen (Platz 10) den Führenden im Gesamt-Weltcup, Martin Fourcade, 25; beide nahmen sich eine Auszeit vom Wettkampf, um noch einmal eine längere Trainingsphase für Sotschi einzulegen.

Die Staffel des Deutschen Skiverbandes (DSV) ging zumindest in bestmöglicher Besetzung an den Start. Der zuletzt erkältete Arnd Peiffer (Clausthal-Zellerfeld) wurde noch geschont. Was er in der Staffel leisten kann, wenn er gesund ist, hat der 26-Jährige ja bereits in Hochfilzen (Platz fünf) und Annecy (Platz zwei) gezeigt.

Da Birnbacher und Schempp ebenfalls als gesetzt gelten dürfen, solange nichts Unverhofftes dazwischenkommt, ging es für die deutschen Trainer am Donnerstag vor allem darum, weitere Erkenntnisse für die Besetzung des letzten freien Platzes zu sammeln.

Es wird eine schwierige Entscheidung, denn die Kandidaten Christoph Stephan (Oberhof) und Erik Lesser (Frankenhain) nahmen sich nichts. Sowohl Startläufer Stephan, 27, als auch der an Position drei aufgebotene Lesser, 25, schossen liegend fehlerfrei und mussten stehend dreimal nachladen, wobei sie annähernd die gleiche Zeit verloren. Für den Aufsteiger Lesser spricht, dass er in diesem Winter als einziger Deutscher schon auf dem Siegerpodest stand, als Verfolgungszweiter von Annecy. Für den Rückkehrer Stephan, dass er schon mal eine feste Größe in deutschen Staffeln war, ehe ihn vor zwei Jahren eine Gluten-Unverträglichkeit aus der Bahn warf. Wie man stehend am besten durchkommt, demonstrierte Birnbacher: Der 32-Jährige brachte mit einem schnellen Stehendanschlag sein Team erstmals in Führung. "Das habe ich besser hinbekommen als zuletzt, aber daran habe ich auch gearbeitet", sagte er und erklärte sein Rezept: "Rigoros seinen Rhythmus durchschießen und sich nicht ablenken lassen von dem, was um einen herum passiert." Das ist leichter gesagt als getan, wenn 12 000 Menschen toben und einem die Gegner im Nacken sind. Aber genau das ist gefordert nächsten Monat in Sotschi.

© SZ vom 10.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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