Biathlon-Hoffnung Dahlmeier:Einfach nur die Laura sein

Lesezeit: 3 min

Von Laura Dahlmeier erwarten viele eine große Zukunft. (Foto: dpa)

Sie ist die Juniorensportlerin des Jahres und das größte Versprechen im deutschen Biathlon: Die 20-jährige Laura Dahlmeier steht vor einer großen Zukunft. Vergleiche mit Rekord-Weltmeisterin Magdalena Neuner meidet sie lieber.

Von Saskia Aleythe

Statt Zischen und Gleiten ist es eher ein Rattern und Rollen. Das Training eines Biathleten wird in den Sommermonaten ein wenig lauter. Auf Rollski geht es Berge hoch und runter, Kurve rein und Kurve raus. Rollski mag Laura Dahlmeier nicht so gerne und nun, da sich die Zeit des Gerumpels dem Ende zuneigt, wird die Vorfreude auf den Winter immer größer. Dahlmeier ist bereit für ihren ersten Saisonstart im Weltcup, mit 20 Jahren wird sie zu den Jüngsten gehören. "Ich hätte nie gedacht, dass mein Weg so schnell nach oben führt", sagt sie.

Laura Dahlmeier verspricht nichts, was ihre Zukunft angeht. Dass sie zu den größten Versprechen im Biathlon gehört, ändert daran allerdings wenig. Ihre Leistungen stehen für sich, Anfang Oktober wurde sie von der Deutschen Sporthilfe als "Juniorensportlerin des Jahres" ausgezeichnet. Es ist ein logischer, aber auch raketenhafter Aufstieg, den Dahlmeier gerade erlebt. Auch das Timing ist perfekt, schließlich steht ein Olympia-Winter bevor.

Noch vor einem Jahr fuhr Dahlmeier ihre Rennen im Deutschland-Pokal, der dritten Liga im Biathlon, machte sich für höhere Aufgaben fit. Ende Januar dominierte sie die Junioren-WM in Obertillach mit drei Gold- und einer Silbermedaille. In Partenkirchen empfingen sie 350 Leute auf dem Kirchplatz, "das war supercool, dass da so viele Menschen waren, nur wegen mir". Ob der Kirchplatz bald zu klein wird?

Fehlerfrei am Schießstand

Am 15. Februar rückte Dahlmeier endgültig ins Blickfeld der Weltelite: Sie durfte bei der WM in Nove Mesto mit Andrea Henkel, Miriam Gössner und Franziska Hildebrand die Staffel bestreiten. Und sie tat dies in beeindruckender Manier: Die damals noch 19-Jährige blieb als einzige Deutsche fehlerfrei am Schießstand, brachte ihr Team zwischenzeitlich sogar in Führung. Bei sieben darauffolgenden Weltcup-Rennen schaffte sie es fünfmal unter die Top 10.

Es kommt, was kommen muss: der Vergleich mit Magdalena Neuner, der Mehrfachweltmeisterin, die schon mit 25 Jahren ihre Karriere beendete und seit ihrem Rücktritt 2012 die Biathlon-Fans nach einer Nachfolgerin lechzen lässt. Sie könne diese Vergleiche nachvollziehen, sagt Dahlmeier: "Aber Magdalena ist für mich einfach noch so weit weg." In ihrer aktiven Zeit haben beide in der gleichen Trainingsgruppe trainiert.

"Magdalena hat einen nicht spüren lassen, dass sie schon mehrfache Weltmeisterin ist", erzählt Dahlmeier, "sie war eine Trainingskollegin wie alle anderen, aber dann auch so professionell in ihrer Einstellung zum Sport. Das hat mir imponiert".

Was sie besser machen wolle als Neuner? "Vielleicht von Anfang an das Schießen", sagt Dahlmeier zögerlich, "aber ich möchte es gar nicht so vergleichen, sie hat andere Stärken als ich." Tatsächlich sind Schießfehler bei Dahlmeier eine Rarität. "Sie kann eine Säule dieser Mannschaft werden", sagt Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig, der Dahlmeier eine Startgarantie für die ersten drei Weltcup-Rennen ausgesprochen hat.

Es sind große Erwartungen, die auf die junge Biathletin einwirken. Trotzdem locker zu bleiben und sich keinen Druck machen zu lassen - "darin besteht die größte Herausforderung auch in Zukunft". Mentalcoaching hilft ihr dabei, auch ab und zu Abstand vom Sport. "Ich mache es gern, aber ich möchte mich nicht darauf versteifen, sondern die Augen und Ohren offen halten für andere Dinge", erklärt sie, "es ist gut, wenn man noch das ganz normale Leben hat."

Anders als viele ihrer Kolleginnen hat Dahlmeier keine Sportschule besucht, sondern ein normales Gymnasium, sie weiß, dass es auch ein Leben neben dem Sport geben kann: "Meine Freunde von damals studieren jetzt eigentlich alle." Für Dahlmeier startet nun eben das Projekt Weltcup, es ist nur ein weiterer Schritt als Berufsbiathletin. Sponsorentreffen und Interviewanfragen gehören dazu, "da muss man als Sportler hineinwachsen", sagt sie, die eigentlich die Ruhe liebt. Oder draußen ist beim Mountainbiken und Klettern.

Wenn Dahlmeier über "ihr eigenes Ding" spricht, tauchen auch Visionen vom Training darin auf: "Dass man nicht immer alles macht, was die allgemeine Meinung ist, ist mir wichtig. Sondern dass man versucht, das individuell zu gestalten, auf sich selbst zu hören und die eigene Linie einzubringen." Laura Dahlmeier hat nicht vor, eine neue Magdalena Neuner zu werden. Laura Dahlmeier möchte Laura Dahlmeier sein.

Am 24. November starten die Biathleten in den Weltcup, im schwedischen Östersund, bis dahin ist Schneeeingewöhnung in Norwegen angesagt. "Gesund durch die Saison zu kommen, ist für mich das wichtigste", sagt Dahlmeier, "wenn ich sagen kann: 'Ich habe alles gegeben' - dann bin ich zufrieden". Wenn nächsten Februar in Sotschi die Olympischen Spiele eröffnet werden, könnte Dahlmeier zum deutschen Team gehören.

Natürlich träumt sie davon, aber "wenn es noch nicht klappt, ist das auch kein Problem". Laura Dahlmeier ist erst 20 Jahre alt, "da wird es noch andere Olympische Spiele geben".

© Süddeutsche.de/ska - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: