Australian Open:Für jeden unangenehm

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Leidenszeit beendet: Tennis-Profi Daniel Brands ist bei den Australian Open in die zweite Runde eingezogen. (Foto: Made Nagi/dpa)

Daniel Brands überzeugt nach einer Drüsenfieber-Erkrankung. In Melbourne spielt er sich als Qualifikant nicht nur ins Hauptfeld.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Am Sonntag hatte Daniel Brands erst kein Glück, dann kam Pech hinzu. Beim Japaner am Yarra River gönnte er sich mit seiner Freundin eine Vorspeise, die nicht schmeckte. Die zwei zogen weiter zum Italiener im Business District. "Das war auch nichts", berichtet Brands lächelnd. Somit muss er in Melbourne weiter nach einem bevorzugten Restaurant suchen. Der 28-Jährige aus Deggendorf ist ja nun genötigt, länger in der Stadt zu bleiben, was aber eine gute Nachricht ist.

Vor zwei Jahren noch war Brands 51. der Weltrangliste, dann wurde Pfeiffersches Drüsenfieber diagnostiziert, er pausierte, dachte an Rücktritt, reiste zu Mini-Turnieren in entlegene Provinzen - und ist nun, als Qualifikant bei den Australian Open, als erster Deutscher in die zweite Runde eingezogen. "Das tut richtig gut", sagt Brands.

"Augenränder bis hier unten." Dann ging es nach Neukaledonien

Beim 6:4, 7:6 (1), 4:6, 6:1 gegen Victor Estrella Burgos aus der Dominikanischen Republik zeigte Brands Fähigkeiten, die erahnen lassen, wie er 2013 in Gstaad Roger Federer besiegte. Dank seiner 1,96 Meter Körperlänge ist Brands' Aufschlag ein beständiger Punktebereiter. Zudem bewegt Brands sich dank seiner Athletik jetzt wieder gut. Kaum vorstellbar, dass er vor nicht langer Zeit "Augenränder bis hier unten" hatte, wie er selbst sagt.

Anfang März 2014 schien sein Leben noch in Ordnung zu sein. Das Talent aus dem Leistungszentrum in Oberhaching hatte es in den Kader des Davis-Cup-Teams geschafft und gleich eine spezielle Erfahrung gemacht. Weil bei einer 3:0-Führung gegen Spanien in Frankfurt der Triumph feststand und Brands der einzige Deutsche war, der sich für einen Einsatz bereit erklärte, ging er auf den Platz - und bekam als Unschuldiger Pfiffe ab. Nach einer Niederlagenserie auf der Tour ließ er sich schließlich durchchecken, seine Erkrankung wurde entdeckt. Die Leidenszeit, "vor allem mental", begann. Brands musste akzeptieren, dass er aus einer schönen Karriere gerissen wurde. Dass er jetzt wenig erzwingen kann. Er vermutet, der Reisestress habe ihm zugesetzt, genau kann er das nicht sagen. Im Mai 2014 wagte er sich bei den French Open zu früh zurück, legte erneut den Schläger weg und hatte immerhin ab Herbst das Gefühl, "dass ich stabil bin". Nur hatte er den Anschluss verloren, rutschte auf den 425. Weltranglistenplatz ab, kürzlich spielte er in Neukaledonien; 151. der Weltrangliste ist er aktuell.

Brands verlor kürzlich sogar in der Qualifikation von Future-Turnieren, wo sich der motivierte Nachwuchs tummelt. Da grübelte er: "Was passiert gerade?" Seine Familie stärkte ihn, er legt nun bewusster Regenerationsphasen ein, und als er den italienischen Trainer Gianluca Marchiori kennenlernte, erhielt er eine neue Perspektive. Brands ist jetzt Mitglied in der Stockholmer Akademie von Magnus Norman.

In Runde zwei trifft Brands in Melbourne auf den Spanier Guillermo Garcia-Lopez. Ein guter Mann. Aber Brands weiß jetzt endlich wieder: "Wenn ich meine Leistung bringe, bin ich für jeden unangenehm."

© SZ vom 19.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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