Angriff auf Togos Fußballteam:Tod im Kugelhagel

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Der Bus der togoischen Nationalmannschaft ist auf dem Weg zum Afrika Cup angegriffen worden. Der Fahrer kam ums Leben, mehrere Spieler wurden verletzt.

Arne Perras

Kurz nach der Grenze gerät das Fahrzeug plötzlich in einen Hinterhalt: Maschinengewehrfeuer blitzt auf, mehrere Insassen werden im Kugelhagel teils schwer verwundet. Was da über die afrikanischen Radiosender verbreitet wird, klingt eigentlich wie eine Meldung aus den Bürgerkriegsgebieten im Sudan oder dem Kongo.

Die Fußballnationalmannschaft Togos vor einem Spiel im Jahr 2006. (Foto: Foto: AP)

Doch an diesem Freitagnachmittag ist es anders, denn die Männer, die es bei diesem Angriff trifft, sind Sportler. Sie gehören zum togoischen Fußballnationalteam. Der Fahrer des Mannschaftsbusses wird von den Kugeln getötet, wie ein Sprecher des togoischen Sportministeriums bestätigt. Ein angolanischer Minister verurteilt den Anschlag als "terroristischen Akt", ohne dass er Angaben zu den Hintergründen macht.

Die Mannschaft ist am Freitagnachmittag auf dem Weg nach Angola, wo am Sonntag der Afrika-Cup angepfiffen werden soll. Die Attacke ereignet sich im Norden des Landes, in der ölreichen Enklave Cabinda, wo Togo am Montag sein erstes Spiel bestreiten soll.

Auch zwei andere afrikanische Schwergewichte - Ghana und die Elfenbeinküste - sollen in der Gruppe B in Cabinda spielen. Doch nun ist offen, wie der diesjährige Afrika-Cup verlaufen wird. Für die Gefahr eines Maschinengewehrangriffs auf eine reisende Fußballmannschaft sind Sportregelwerke nicht ausgelegt. Wann hat es so etwas schon mal gegeben.

"Bis an die Zähne bewaffnet"

"Wir wurden wie Hunde angegriffen", berichtet später Thomas Dossevi vom französischen Erstligisten FC Nantes. Die Angreifer seien bis an die Zähne bewaffnet gewesen. "Wir mussten uns 20 Minuten lang unter die Sitze ducken, um den Kugeln zu entgehen." Sein Mannschaftskollege Alaixys Romao von Grenoble Foot fordert nun: "Wenn es möglich ist, sollte man das ganze Turnier boykottieren. Warum nicht gleich alle Spiele absagen. Wir wollen einfach nur nach Hause." Dennoch solle der Afrika-Cup stattfinden, wie ein führendes Mitglied des Organisationskomitees mitteilte.

Die Veranstaltung sollte eine gelungene Ouvertüre werden für die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika. Angola galt als Chance für die afrikanischen Spieler, sich auf internationaler Bühne warmzulaufen und zu zeigen, in welch starker Form die Teams die WM angehen. Stattdessen Schock im Kugelhagel - und tausend offene Fragen.

Die Hintergründe der rätselhaften Tat müssen erst noch aufgeklärt werden. Ein erster Hinweis kam noch am Freitag. Die "Befreiungsfront für die Unabhängigkeit von Cabinda (FLEC)" bekannte sich zu dem Anschlag, wie die portugiesische Nachrichtenagentur Lusa meldete. Sie habe eine entsprechende Erklärung der Gruppe erhalten. Cabinda ist ein Gebiet, in dem Aufständische schon lange um die Unabhängigkeit kämpften, zuletzt jedoch hatte sich die Region beruhigt. Menschenrechtsgruppen werfen der angolanischen Regierung allerdings vor, Kritiker würden in Cabinda unterdrückt und verfolgt. Es scheint nun, als seien die Fußballer ins Kreuzfeuer politischer Spannungen geraten.

Sicher ist, dass diese Tragödie einen Schatten auf das afrikanische Fußballjahr 2010 und die WM wirft, die am 11. Juni in Johannesburg angepfiffen wird. Und es dürfte wieder heftige Debatten geben über die Sicherheit für Sportler und Fans auf dem afrikanischen Kontinent, auch wenn der Tatort Cabinda mehrere tausend Kilometer vom WM-Gastland Südafrika entfernt liegt.

Über die Zahl der Verletzten gibt es am Freitagabend zunächst widersprüchliche Angaben. Das togoische Sportministerium spricht von neun nicht lebensgefährlich Verwundeten. Aus Kreisen des togoischen Fußballverbands hieß es, mindestens sechs Menschen seien verletzt worden, darunter zwei Spieler und zwei Ärzte. Im Bus ist angeblich auch Assimiou Toure von Bayer Leverkusen gewesen. Der Klub schaffte es aber zunächst nicht, Kontakt zu Toure herzustellen. Der Topspieler der Mannschaft, Emmanuel Adebayor von Manchester City, blieb nach ersten Angaben unverletzt.

Togos Auftaktspiel ist ursprünglich für Montag gegen den deutschen WM-Gruppengegner Ghana geplant gewesen, doch nun dürften die Pläne für den Turnierstart vorerst zusammenbrechen. Das Team der Togoer hat seit 1. Januar im nördlichen Nachbarland Angolas, Kongo-Brazzaville, trainiert. Die Busfahrt zum Spielort soll nur zwei Stunden dauern. Doch dann trifft sie der Angriff wie ein Blitz. Und der Traum vom Turniersieg wird zum Alptraum.

© SZ vom 9.1.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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