Ab in die Mitte (1):Märchenhafte Höhenflüge

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Vom Hallodri zur Weltklasse-Hochspringerin: Ariane Friedrich springt konstant über zwei Meter und fordert in Peking die Herrscherin der Szene heraus.

Thomas Hahn

Während der Olympischen Sommerspiele interessiert sich die breite Öffentlichkeit wieder für die Vielfältigkeit des Sports. Doch wer soll in Peking die Medaillen für Deutschland gewinnen? Wo lohnt es sich, genauer hinzusehen? sueddeutsche.de stellt bis zum 8. August täglich Athleten vor, die im großen Reich der Mitte ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken könnten. Ab in die Mitte!

"Wenn ich jetzt nicht versuche, alles zu geben - wann dann?" Die 24-jährige Ariane Friedrich vor Olympia. (Foto: Foto: dpa)

In Paris flog Ariane Friedrich wieder etwas niedriger, aber immer noch hoch genug für einen olympischen Traum. 1,97 Meter stand in der Ergebnisliste des Golden-League-Meetings von Paris neben ihrem Namen, nicht jene 2,00 Meter, die sie zuletzt in Serie vorgelegt hatte. Aber dazu eine Zwei, die anzeigte, dass sie in diesem stattlich besetzten Wettkampf nur eine nicht hinter sich lassen konnte: die Weltmeisterin und Weltjahresbeste, die Beherrscherin der Hochsprung-Szene Blanca Vlasic aus Kroatien, die auf 2,01 Meter kam. Sollte das ein Rückschritt sein? Ariane Friedrich konnte nicht ernsthaft unzufrieden sein. Schon gar nicht, wenn sie bedachte, wo sie 2007 noch stand.

Ariane Friedrich hat sich eingependelt in der Weltspitze. Ihr erster 2,00-Meter-Sprung früh im Jahr während der Hallensaison zog noch die skeptische Frage nach sich, ob diese 24-jährige Friedrich aus Frankfurt, die im Sommer zuvor ihre Bestleistung erst auf 1,94 Meter gesteigert hatte, ihren mächtigen Satz überhaupt würde wiederholen können. Sie konnte. Mittlerweile hat sie ihre Bestleistung auf 2,03 Meter gesteigert. Im Grunde hat sie sich dieses Jahr erst einen etwas schlechteren Wettkampf geleistet: Im Finale der Hallen-WM von Valencia, als sie mit 1,93 Metern zeitig ausschied - aber da spürte sie auch noch die Nachwehen einer Nackenverletzung. Ansonsten sprang sie so sicher und hoch, dass die Beobachter staunten: Ist das tatsächlich dieselbe Friedrich, die vergangenen Sommer noch teilweise um ihre nationale Vormacht kämpfen musste?

Dopingverdächtig?

Ihr Trainer, der Lehrer Günter Eisinger, hat selbst schon geseufzt, die horrende Leistungssteigerung seiner Friedrich mache sie für viele dopingverdächtig. Und in der Tat wirkt dieser Aufstieg so märchenhaft, dass Ariane Friedrich selbst noch manchmal Schwierigkeiten hat, ihre Höhenflüge zu begreifen. Das Duo Friedrich/Eisinger musste deswegen zuletzt einiges erklären. Tenor: Eisinger weiß schon lange, dass Ariane Friedrich ein außergewöhnliches Talent zum Hochspringen hat, aber ihr fehlte die Einstellung einer Spitzensportlerin.

"Der Kopf war noch nicht da", sagt Eisinger. Ariane Friedrich ist eine lebenslustige Frau, die nicht immer die strengen Auflagen des Athletendaseins einhalten wollte. "Ich bin ein kleiner Hallodri gewesen", sagt sie. Es muss deshalb einige Male gekracht haben zwischen Trainer und Springerin, so vernehmlich, dass Ariane Friedrich eines Tages Besserung gelobte. "Irgendwann hatte ich keinen Bock mehr, mit dem Günter Stress zu haben." Offenbar motivierte sie auch eine kleine Fehde mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband, der ihr 2007 nicht gewähren wollte, sowohl bei der WM in Osaka als auch bei der Universiade in Bangkog zu starten. Und Olympia natürlich. "Wenn ich jetzt nicht versuche, alles zu geben - wann dann?" sagt sie.

"Ich bin nicht magersüchtig"

Schon diskutieren manche, ob sie mittlerweile nicht sogar ein bisschen zu viel gebe. Ihre Diät, sagt Ariane Friedrich, sei ein Grund für die Steigerung. Drei bis vier Kilo habe sie abgenommen, was nicht wenig ist für eine junge Dame, die nie zu den Rundlichen im Lande zählte. Aber Ariane Friedrich verweist auf ihren klug austarierten Ernähungsplan und ruft: "Ich bin nicht magersüchtig. Ich esse einfach viel zu gerne. Und ich behalte das Essen auch."

Sie scheint nicht sehr schwer zu tragen an ihrer neuen Prominenz. Ihre Grundeinstellung ist fröhlich, sie hat Spaß an den neuen Perspektiven und genießt ihren hohen Luftstand. Als das Finale der Hallen-WM missglückte, hat sie ein bisschen geweint, aber auch diese Tränen waren Symptome des Aufstiegs. Sie war traurig darüber, dass sie den Erfolg nicht geschafft hatte, nach dem sie ohne Verletzung hätte greifen können.

Ariane Friedrich zählt zu den wenigen deutschen Medaillenhoffnungen in der Leichtathletik. Die Konkurrenz kommt vor allem aus Osteuropa:

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