3. Liga:Die linke Zinke des Dreizacks

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Wahnwitzige Tore: Erik Thommy hat sich für höhere Aufgaben beim Leihgeber FC Augsburg empfohlen. (Foto: Bohla/imago)

Erik Thommy ist bei Jahn Regensburg der Mann für die sehr wichtigen Tore. Aber gerade wegen des Erfolges wird er wahrscheinlich nur ein Jahr lang in der Oberpfalz bleiben.

Von Max Ferstl

Erik Thommy erinnert sich noch gut an den Tag, an dem er beinahe zum Bundesliga-Torschützen geworden wäre. Ein Freistoß kurz vor Schluss, Entfernung zum Tor: 22 Meter. Sein Klub, der FC Augsburg, liegt 0:1 gegen Nürnberg zurück. Der Debütant, kurz zuvor eingewechselt, legt sich den Ball zurecht. Trainer Markus Weinzierl schätzt dessen Schusstechnik. Thommys Schlenzer überwindet die Mauer, senkt sich bedrohlich, doch Torhüter Raphael Schäfer kommt gerade noch dran. An diesem Sonntag im Februar 2014 sind sich die Beobachter trotzdem einig, dass man von diesem Thommy noch viel hören wird. Teamkollege André Hahn prophezeit, "dass wir mit dem Jungen noch viel Freude haben werden".

Im Frühjahr 2017 haben tatsächlich viele Menschen Freude an Thommy: Mitspieler, Trainer, Fans. Nur freuen sich nicht die Augsburger, sondern die Regensburger. Der Drittligst hat den talentierten Flügelstürmer im vergangenen Sommer für ein Jahr ausgeliehen. Nun, da das Ende der Leihfrist näher rückt, lautet die Bilanz: Der Jahn hat ein exzellentes Geschäft abgeschlossen. Sechs Tore hat Thommy erzielt, allein drei in den vergangenen vier Spielen. Sein letzter Treffer am vergangenen Sonntag in Magdeburg war ebenso spektakulär wie wichtig: Der 22-Jährige nahm einen Ball aus der Luft und schickte ihn in hohem Bogen von der Strafraumgrenze ins Tor, der Jahn gewann 2:1 und schob sich vor auf den vierten Platz. Der Rückstand auf den Zweiten Kiel beträgt einen Zähler. Der Jahn befindet sich gemessen an den eigenen Zielen (Klassenerhalt) in einer äußerst komfortablen Situation. Nach unten passiert nichts mehr, und so besteht die Hauptaufgabe aller Beteiligten gerade darin, diese nervige Diskussion um den eventuellen Aufstieg abzuwürgen. Trainer Heiko Herrlich argumentiert gerne mit der anerkannten Weisheit, eine stabile Defensive gewinne Meisterschaften. Da sei der Jahn mit 42 Gegentoren kein seriöser Kandidat.

Doch Herrlich unterschlägt: Regensburg hat auch schon 50 Tore erzielt, die meisten in Liga drei. Wer vorne so produktiv ist, kann hinten manchen Fehler kompensieren. Die schärfste Waffe in Herrlichs Angriffsarsenal ist ein Dreizack: im Zentrum der wuchtige Marco Grüttner, rechts sprintet Jann George, links die Leihgabe Thommy. Das Trio hat die Hälfte aller Regensburger Treffer erzielt. "Wir harmonieren gut. Aber das sind nicht nur wir drei: Da gehören alle dazu", findet Thommy, der sich zu einer prägenden Figur des Regensburger Spiels entwickelt hat.

Er absolvierte 31 von 32 Partien, fehlte nur einmal verletzt. Deshalb ist er ja hier. "Ich will so viele Minuten, wie es geht", sagt Thommy: "Ich habe in den vergangenen eineinhalb Jahren nicht so viel gespielt, wie ich es mir vorgestellt habe." In Augsburg war die Konkurrenz enorm, Thommy kam trotz guter Ansätze kaum zu Einsätzen. Auch eine Leihe nach Kaiserslautern brachte nicht die gewünschte Spielpraxis. Dann beschloss Thommy, zwei Schritte zurückzugehen und in der dritten Liga einen neuen Anlauf zu nehmen. "Ich brauche die Substanz", sagt er. Dieses Gefühl, Woche für Woche zu spielen. Vielleicht auch das Wissen, gebraucht zu werden. In Regensburg bekommt er alles zusammen. "Dieses Jahr tut ihm gut", glaubt Trainer Herrlich. Und Thommy tut dem Jahn gut, mit seinen Sprints, Dribblings und wahnwitzigen Toren.

Aber Herrlich imponiert vor allem: "Wie er die Professionalität vorlebt, wie bescheiden er in der Kabine auftritt - das ist beeindruckend. Das hat auch Einfluss auf die anderen Spieler." Thommy hat es bereits zum Bundesliga-Spieler und Beinahe-Bundesliga-Torschützen gebracht. So einer macht Eindruck, auch wenn er erst 22 ist. In Augsburg haben sie Thommys Entwicklung natürlich registriert. Manager Stefan Reuter hat bereits seine Rückkehr im Sommer verkündet. Der Jahn würde ihn gerne behalten, wenn es irgendwie geht. Thommy sagt: "Wie es weitergeht, weiß ich nicht und interessiert mich zur Zeit auch nicht. Wir haben noch sechs Spiele und wollen so viele Punkte wie möglich holen." Bei entsprechender Ausbeute hätte man in Regensburg an Thommy sicher noch viel, viel mehr Freude.

© SZ vom 13.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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