1. FC Nürnberg:Zu unsicher

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Immerhin stimmt die Moral: Nürnbergs Danny Blum (l.) im Zweikampf mit Unions Kenny Prince Redondo. (Foto: Annegret Hilse/dpa)

Nürnbergs 3:3 bei Union Berlin gerät zu einem Spiegel der Situation des Clubs in der zweiten Liga.

Von Korbinian Eisenberger

Es war die feinste Choreografie, die die Clubfans ihrer Mannschaft seit längerem widmeten. "Was auch immer passiert, wir lieben dich", hatten die 3000 mitgereisten Nürnberger auf einem Spruchband stehen. Liedzeilen, wie die aus einem Fanlied des FCN, können eine Mannschaft beflügeln. Es gibt aber auch Teams, die erfolgsunabhängige Liebesbekundungen wie diese falsch auffassen könnten.

Zu welcher Motivations-Spezies der 1. FC Nürnberg gehört, ließ sich am Samstag nicht abschließend klären. Das Team von Rene Weiler lieferte sich beim Gastspiel bei Union Berlin ein Spektakel, bei dem am Ende ein 3:3 zu Buche stand: zu wenig für die Nürnberger Aufstiegsambitionen - aber doch mehr als man dem Club zwischenzeitlich noch zutrauen durfte. Ziemlich genau ein Jahr nachdem René Weiler im November 2014 das Cheftraineramt übernommen hat, zeigte sein Team eines jener Spiele, an denen sich vieles ablesen lässt von dem, was er seitdem dort bewirkt hat - und was nicht: Es fehlt an Sicherheit - dafür stimmt die Moral. Nach einer Stunde hatte Weilers Elf etwa trotz zwischenzeitlicher Führung wie der sichere Verlierer ausgesehen, besann sich dann aber seiner Qualitäten - und holte nach 1:3 Rückstand noch einen Punkt. Auch im sechsten Ligaspiel in Serie blieb der Club damit sieglos, dümpelt aber als Zehnter in jener Tabellenregion rum, in der die Abstände nach unten langsam größer werden - die nach oben aber auch.

Auf der Gästetribüne hatten sie gerade erst die rund 200 roten und schwarzen Choreo-Flaggen eingerollt - da mussten die Clubfans sie schon wieder hervorholen. In der 5. Minute segelte eine Flanke von Club-Angreifer Tim Leipold in den Sechzehner und prallte von Hanno Behrens' Hacke an ein Berliner Bein. Von da plumpste der Ball zum 1:0 ins Tor der Berliner. Von der glücklichen Führung inspiriert, kontrollierte der Club nach Belieben das Spiel - bis zur 21. Minute: Torwart Thorsten Kirschbaum ließ einen Distanzschuss so unglücklich abprallen, dass Bobby Wood nur noch den Fuß zum 1:1 hinhalten musste.

Und plötzlich spielte nur noch Union. An der Außenlinie konnte Weiler noch so wild mit den Armen Fuchteln - immer wieder brachten die Unioner FCN-Innenverteidiger Dave Bulthuis in Bedrängnis. Schließlich nutzte Berlins Steven Skrzybski einen Nürnberger Ballverlust im Mittelfeld zum 2:1 (54.). Vier Minuten später schien das Spiel dann bereits entschieden: Nach einer Ecke sprang Roberto Puncec im Zentrum höher als Behrens und Bulthuis - und köpfelte den Ball zum 3:1 unter die Latte (58.). Die Berliner Fans hatten sich im Stadion an der Alten Försterei schon aufs Feiern eingestellt - als Nürnbergs Alessandro Schöpf drei Berliner wie Slalomstangen stehen ließ und zum 2:3 verkürzte (65.). Eine Viertelstunde vor Schluss prallte der Ball nach einem Bruns-Freistoß von der Latte vor die Füße von Patrick Erras - und von da zum 3:3 ins Tor. "Das Spiel zeigt, dass wir noch keine Stabilität haben", sagte Weiler, fügte aber noch einen Satz hinzu. "Immer kompakter" werde sein Team "und auch schwieriger zu schlagen."

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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