1. FC Nürnberg:Spezialist für Siegesserien

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Sieben Spiele ohne Niederlage in der dritten Liga, 16 in der zweiten - in dieser Saison sogar 18 Partien. Zweimal ist Hanno Behrens mit Darmstadt aufgestiegen, nun strebt er mit dem Club in die Bundesliga.

Von Patrick Reichardt

Als das sportliche Wunder geschafft war, gaben selbst die stets bodenständigen Hessen ihre Zurückhaltung endgültig auf. "Jetzt feiern wir erstmal, bis wir verrecken", kündigte Florian Jungwirth an, bevor die Spieler von Darmstadt 98 in den Flieger Richtung Mallorca stiegen. Das war im Mai 2015. Zu feiern gab es den sensationellen Aufstieg in die Fußball-Bundesliga, den Durchmarsch von der Drittklassigkeit in die Eliteliga. Mit dabei war damals auch Hanno Behrens, auch er zelebrierte diese Spielzeit und den zweiten Aufstieg in Serie mit seinen Kollegen auf der spanischen Party-Insel. Doch für den Mittelfeldspieler war es nicht nur eine Belohnungsreise, sondern auch ein Abschiedstrip. Er verlängerte seinen Vertrag in Darmstadt nicht, sondern wechselte zum 1. FC Nürnberg - und damit zurück in die zweite Liga.

"Es ist eine schöne Sache, im Geschichtsbuch aufzutauchen", sagt Hanno Behrens

Begegnet einem Hanno Behrens, 26, in diesen Tagen, so trifft man einen glücklichen und erfüllten jungen Mann. Von Bedauern keine Spur: "Ich bereue das nicht und fühle mich sehr wohl hier. Manchmal muss man einen kleinen Schritt nach hinten machen, um zwei nach vorne machen zu können", sagt Behrens, der sich seinen Jugendtraum vom Profifußball verwirklicht hat. Der kleine Schritt nach hinten, das war in diesem Fall der Wechsel zu den eine Klasse tiefer spielenden Franken. Die beiden Schritte nach vorne, die will er nun bei seinem neuen Verein machen. "Die Bundesliga ist mein Ziel, am liebsten mit dem 1. FC Nürnberg", sagt Behrens.

"Der dritte Aufstieg in Serie würde bedeuten, dass ich in der kommenden Saison Bundesliga spiele", sagt Hanno Behrens (r.). (Foto: Zink/imago)

Nach der 1:2-Niederlage gegen Duisburg ist diese Zielsetzung in den vergangenen Tagen wieder etwas unwahrscheinlicher geworden, Freiburg und Leipzig auf den direkten Aufstiegsplätzen haben sechs Zähler mehr als der neunmalige deutsche Meister. "Wir wollen den dritten Platz zumindest verteidigen", verdeutlicht er. Das würde eine Relegation bedeuten, vielleicht sogar gegen seinen ehemaligen Verein Darmstadt. Mit der Heimpleite gegen das Zweitliga-Schlusslicht endete für Nürnberg eine Serie von 18 ungeschlagenen Partien. Behrens scheint ein Spezialist für solche Bestmarken zu sein, im Vorjahr blieb er mit Darmstadt 16 Spiele ohne Niederlage, wiederum ein Jahr vorher waren es mit den Hessen 17 Begegnungen in der dritten Liga. "Mit ein paar Jahren Abstand ist es eine schöne Sache, im Geschichtsbuch aufzutauchen. An sich zählt es aber nicht viel, wenn du dein Saisonziel am Ende verpasst", erklärt er. Das Ziel zu verpassen, dieses Gefühl kennt Behrens gar nicht mehr, die Erfolgsserien der vergangenen Jahre hatte er in Darmstadt ja zweimal mit dem Aufstieg gekrönt.

Auch deshalb bietet sich Behrens in diesem Jahr eine wohl einmalige Möglichkeit. "Jeder Aufstieg ist irgendwo besonders. Alleine die Chance auf einen dritten Aufstieg zu haben, das erleben manche in ihrer ganzen Karriere nicht", sagt er. Bei den Zweitligateams aus Darmstadt im Vorjahr und Nürnberg in dieser Saison beobachtet der fünfmalige Torschütze in dieser Saison Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede. "Vom Verein her kann man es nicht vergleichen. Die Erwartungshaltung ist in Nürnberg eine ganz andere", erzählt er. Sehr ähnlich seien hingegen die beiden Mannschaften: "Sowohl in Darmstadt als auch in Nürnberg war die Stimmung sehr gut, ein absolut geschlossenes Team. Das ist auch unsere Stärke."

Hanno Behrens weiß, wie sich Aufsteigen anfühlt: Mit seinem bärtigen Kollegen Marco Sailer feierte er 2015 in Darmstadt. (Foto: Roland Holschneider/dpa)

Behrens, der als Kind mit seinem Vater eine Dauerkarte beim HSV hatte und den Klub auch auf Auswärtsreisen begleitete, hat mit 26 Jahren schon wertvolle Erfahrungen für die kommenden Wochen sammeln können. Der gebürtige Elmshorner leitet daraus auch eine gewisse Rolle in der Mannschaft ab. "Wenn man zwei Mal aufgestiegen ist, weiß man, worauf es ankommt. Ich versuche auch, ein bisschen etwas weiterzugeben." Zum Beispiel die eine oder andere Lehre aus dem Sommer 2014, als Darmstadt eine 1:3-Heimniederlage in der Relegation drehte und erst nach 124 Minuten in Bielefeld den Aufstieg bejubeln durfte. "Das", sagt Behrens, seine Augen strahlen noch immer angesichts des Siegtreffers in der Nachspielzeit der Verlängerung, "war das Highlight meiner Karriere."

Dass sich das Szenario wiederholt und er erneut einen zukünftigen Erstligisten verlässt, das kann Behrens definitiv ausschließen. "Der dritte Aufstieg in Serie würde bedeuten, dass ich in der kommenden Saison Bundesliga spiele", sagt er. Auch wenn es nicht klappt, dürfte der 1,87 Meter große Mittelfeldspieler dem Club erhalten bleiben, er besitzt noch einen Vertrag für zwei weitere Jahre. Was man sich angesichts der sportlichen Perspektive bereits denken konnte, bestätigt Behrens noch einmal: "Ich hatte bei Nürnberg das beste Gefühl, weil es ein riesiger Traditionsverein ist. Es war eine langfristige Entscheidung." Nach dem Ende seiner Karriere will er eine Weltreise antreten, auch hier denkt Behrens langfristig. Auf Mallorca muss er dann nicht mehr zwingend Station machen.

© SZ vom 13.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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