1. FC Nürnberg:In vorletzter Minute

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Alles Rangeln, Kämpfen, Beharken endet unentschieden: Nürnbergs Guido Burgstaller (l.) und Würzburgs Junior Diaz Campbell trennen sich 2:2. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Ein "eigentlich langweiliges" Frankenderby wird am Ende emotional - und davon profitiert der Club. Der 1. FC Nürnberg ist seit Wochen wiedererstarkt - nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz.

Von Markus Schäflein, Nürnberg

In der 87. Minute fiel sogar Nürnbergs Trainer Alois Schwartz vom Glauben ab. Guido Burgstaller hatte die Querlatte getroffen, der Nachschuss von Tobias Kempe wurde von Würzburgs Innenverteidiger Sebastian Neumann vor der Torlinie geklärt, weiter lag der Club 1:2 zurück gegen den Aufsteiger - trotz einer 20 Minuten langen Drangphase voller Torchancen. "Da denkst du draußen: Wenn nicht mal der rein geht, dann geht heute gar keiner mehr rein", berichtete Schwartz. Die Mannschaft dachte hingegen nichts dergleichen: "Sie hat eine tolle Moral und bis zum Schluss daran geglaubt." Dann kam die 89. Minute, ein weiter Freistoß von Kevin Möhwald, und das 2:2 durch einen Kopfball des plötzlich ungedeckten Even Hovland. Schwartz widmete den Treffer auch den rund 35 000 Nürnbergern unter den 37 673 Zuschauern: "Ich muss sagen, es war eine tolle Stimmung, sie haben uns den Ball mit rein geschrien."

Dass dieses so genannte kleine Frankenderby noch derartige Emotionen hervorrufen könnte, war in der ersten Spielhälfte nicht absehbar gewesen. "Da gab es von beiden Seiten viele Fehler, es war sehr zerfahren und eigentlich langweilig", fand auch Kickers-Trainer Bernd Hollerbach. Dass seine Mannschaft kurz vor der Pause auch noch 0:1 in Rückstand geriet, als Nürnbergs Torjäger Guido Burgstaller drei seiner Abwehrspieler stehen ließ und per Flachschuss aus halblinker Position ins entfernte Toreck traf, machte den ersten Durchgang für Hollerbach umso schlimmer. Also gab er in der Pause eine neue Marschroute aus. "Wir hatten uns vorgenommen, sie zu überraschen und sie 15 Minuten zu überrennen", berichtete Kickers-Kapitän Sebastian Neumann.

Aus 15 Minuten Würzburger Druck werden elf

Das funktionierte: Erst verhinderte Kickers-Torwart Robert Wulnikowski gegen Möhwald das 0:2 (47.), dann traf Würzburgs Torjäger Elia Soriano auf Vorlage des zur Pause eingewechselten Valdet Rama mit einem abgefälschten Drehschuss zum Ausgleich (54.), und zwei Minuten später rückte dann erneut der frühere Sechziger Rama in den Fokus: Hovland attackierte ihn, Schiedsrichter Timo Gerach entschied auf Elfmeter, David Pisot verwandelte den Strafstoß. Die geplanten 15 Würzburger Druckminuten waren nach elf Minuten erfolgreich beendet, Rama ging angeschlagen wieder vom Platz. "Wir haben zehn Minuten geschlafen und das Spiel aus der Hand gegeben", ärgerte sich Burgstaller.

Schwartz ärgerte sich über die Szene, die zum Strafstoß geführt hatte. "Die einen sagen, es war außerhalb, die anderen, dass er den Ball gespielt oder den Spieler gar nicht getroffen hat", meinte der Nürnberger Trainer, "es war eine von vielen 50:50-Entscheidungen im Spiel, die alle gegen uns gepfiffen wurden." Entsprechend wütend rannten die Nürnberger nun gegen das Würzburger Abwehrbollwerk an, eine ganze Reihe von Gelegenheiten ließen sie liegen: Kempe scheiterte an Wulnikowski (67.), der eingewechselte Cedric Teuchert scheiterte mit einem Flachschuss (72.), dann schoss Kempe über die Querlatte (74.), Burgstaller und Kempe scheiterten in jener Szene, die Schwartz zur Verzweiflung brachte (87.).

"Das war immer noch der 1. FC Nürnberg", sagt Würzburgs Soriano

Am Ende traf Hovland doch noch, und die Aufsteiger aus Würzburg, die weiterhin zwei Punkte vor dem Club in der Tabelle stehen, wussten nicht so recht, was sie von dem Abend halten sollten. "Das 2:2 geht in Ordnung, es war ja nicht irgendein Gegner, es war immer noch der 1. FC Nürnberg", meinte Soriano, während bei Neumann die Ernüchterung überwog: "Wenn du bis zur 89. Minute 2:1 führst, bist du natürlich enttäuscht."

© SZ vom 20.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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