1. FC Nürnberg:Blick in den Abgrund

Lesezeit: 2 min

Beim Frankenderby in Fürth zeigt sich die seltsame Wandlung des 1. FC Nürnberg, der ohne Torjäger Guido Burgstaller in die Krise gerät. Inzwischen blickt man beim fränkischen Zweitligisten wieder nach unten, statt nach oben.

Von Thomas Gröbner

Wer das gegenwärtige Dilemma des 1. FC Nürnberg beobachten wollte, musste am Wochenende nur zum Himmel schauen. Dort, in der Luft über dem Fürther Stadion, da segelten die Bälle, meist wild nach vorne getreten, sie hingen drei, manchmal vier Sekunden in der Luft, bevor sie zu Boden fielen. Und unten, auf dem Rasen, da hüpften und hechelten die Stürmer dem Spielgerät nach. Und weil sie das meist vergebens taten, muss man sich in Nürnberg langsam mit einer neuen Realität auseinandersetzen. Der Club, der im vergangenen Jahr nur knapp den Aufstieg in die Bundesliga verpasst hatte, schaut nun sorgenvoll Richtung Abgrund der Tabelle. Platz 11, acht Punkte trennen Nürnberg nun von den Abstiegsplätzen.

Denn das schmerzhafte 0:1 im Derby gegen Fürth ist die dritte Niederlage in Serie. Schmerzhaft, weil der mit leidenschaftlicher Ablehnung bedachte Rivale nicht nur in der Tabelle vorbeigezogen ist, sondern auch noch besser Fußball spielte. In Nürnberg reihen sich nun drei Spiele, in denen dem Club nicht einmal ein eigenes Tor gelang, und in denen die Idee vom eigenen Fußball verschwand, bis sie zuletzt kaum mehr zu erkennen war. "Da muss mehr kommen" - diesen Satz spricht Nürnbergs Trainer Alois Schwartz in den vergangenen Wochen immer wieder aus. "Weil, die Jungs können es ja." Weil es jedoch die Arbeitsbeschreibung eines Trainers ist, die Talente seiner Spieler zu pflegen und in ein funktionierendes System zu pressen, muss sich nun auch der Trainer fragen lassen, warum da nicht mehr kommt.

Noch kann der Club Stürmer Guido Burgstaller nicht ersetzen

"Wenn Du den Sturm weggekauft bekommst, ohne zu jammern, dann wird es irgendwann schwierig", sagte Schwartz nach dem Spiel. "Weil es für den Verein wirtschaftlich wichtig ist, tragen wir es mit. Aber wir müssen mit dem Problem versuchen, positiv umzugehen." Es ist eine seltsame Wandlung dieser Mannschaft, die doch zuvor 41 Spiele am Stück immer das Tor getroffen hatte. In Nürnberg macht sich eine Sehnsucht nach einem neuen Guido Burgstaller breit. Im Winter ließ der Club den Stürmer zähneknirschend zu Schalke für wohl 1,5 Millionen Euro ziehen, um ihn im Sommer nicht ablösefrei gehen lassen zu müssen.

Das sind notwendige Erträge, denn Finanzvorstand Michael Meeske soll einen mittleren einstelligen Millionengewinn aus Einkauf und Verkauf für diese Saison eingeplant haben. Nur schießt halt Burgstaller jetzt seine Tore eine Liga höher. Der Schwede Mikael Ishak, aus Dänemark als Ersatz für Burgstaller geholt, konnte bislang nicht nachweisen, über ähnliche Qualitäten zu verfügen. Auch von Kevin Möhwald ist der Trainer enttäuscht: "Da kommt gerade auch nix. Da erwarte ich mir mehr. Genauso wie viele in der Mannschaft einen höheren Anspruch haben."

Wenn Nürnberg in den vergangenen Wochen jubeln durfte, waren es die jungen Spieler, die trafen: die 20-jährigen Abdelhamid Sabiri, Patrick Kammerbauer und Lukas Mühl. Lob bekam am Samstag Kammerbauer. "Ein guter Spieler mit einem sehr großen Herz", urteilt Schwartz. "Es sind schon ein paar Junge da, die auch Freude machen." Ob man die Saison nun abschreiben müsse, wird Schwartz noch gefragt: "Mit Sicherheit." Dabei könnte ihm ein Blick zurück Mut geben. Im September, da verlor Nürnberg gegen Fürth, 1:2. Nürnberg war Letzter, Schwartz angezählt. Danach blieb der Club siebenmal in Folge ungeschlagen. Viele Anzeichen, dass sich die Geschichte wiederholen könnte, gibt es aber noch nicht.

© SZ vom 07.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: